21.11.2024
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Dokument-Nr. 28619

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Beschluss07.04.2020Hessischer Verwaltungsgerichtshof8 B 892/20.N
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Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss07.04.2020

Corona-Pandemie: Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen usw. können untersagt werdenUntersagung von Zusammenkünften in Kirchen, Moscheen usw. in Zeiten der Corona-Pandemie wird nicht außer Vollzug gesetzt

Der Hessische Verwaltungs­gerichtshof hat entschieden, dass die vorübergehende Untersagung von Zusammenkünften in Kirchen, Moscheen usw. während der Corona-Pandemie nicht außer Vollzug gesetzt wird. Ein entsprechender Eilantrag wurde abgelehnt.

Der Antragsteller begehrte den Erlass einer sog. einstweiligen Anordnung in einem Normen­kon­troll­ver­fahren, indem er sich direkt gegen die nachfolgend genannte Verordnung (4. Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus der hessischen Landesregierung vom 17. März 2020) wendete.

Die streitige Regelung lautet:

„§ 1

(1) Die nachfolgenden Einrichtungen, Betriebe, Begeg­nungs­stätten und Angebote sind zu schließen oder einzustellen:

1. Tanzver­an­stal­tungen, …,

………………

(5) Untersagt werden Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen und die Zusammenkünfte anderer Glaubens­ge­mein­schaften. Allen Glaubens­ge­mein­schaften bleibt es unbenommen, alternative Formen der Glaubens­be­tä­tigung auszuüben, die nicht mit Zusammenkünften von Personen verbunden sind, zum Beispiel Angebote im Internet. Die in Satz 1 genannten Gebäude und Räume können für die Gebete Einzel-ner offengehalten werden…“.

Der Antragsteller gehört der römisch-katholischen Kirche an. Aus dieser Überzeugung heraus und in Wahrnehmung seiner religiösen Verpflichtungen besucht er regelmäßig (mindestens jeden Sonntag) die Hl. Messe, was ihm auf Grund der streit­ge­gen­ständ­lichen Regelung nunmehr unmöglich gemacht wird.

Antragsteller rügt Verletzung der Religi­o­ns­freiheit

Am 27. März 2020 hat er deshalb einstweiligen Rechtsschutz gegen die o. g. Verordnung beantragt. Er macht geltend, das Grundrecht der Religi­o­ns­freiheit als schrankenloses Grundrecht dürfe nicht eingeschränkt werden und das Verbot sei überdies unver­hält­nismäßig.

Der 8. Senat des Hessischen Verwal­tungs­ge­richtshofs hat den Eilantrag abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die angegriffene Regelung erweise sich aufgrund der im Eilverfahren gebotenen sog. summarischen Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig, noch sei bei der vom Senat anzustellenden Folgenabwägung die Außer­voll­zug­setzung der Regelung geboten. Dabei verkenne der Senat nicht, dass die angegriffene Norm außerordentlich weitreichende – in der jüngeren Vergangenheit beispiellose – Einschränkungen der Religi­o­ns­freiheit sämtlicher Menschen begründe, die sich dauerhaft oder vorübergehend im Gebiet des Landes Hessen aufhielten. Diese massiven Eingriffe seien aber – soweit im Eilverfahren feststellbar – von einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage getragen und zur Erreichung eines legitimen Ziels – unmittelbar der befristeten Verhinderung weiterer Infektionsfälle, mittelbar der Gewährleistung einer möglichst umfassenden medizinischen Versorgung von Personen, die an COVID-19 erkrankt seien – geeignet und erforderlich. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit sei jedenfalls derzeit nicht festzustellen.

Gericht: Religi­o­ns­freiheit kann zum Schutz der Grundrechte Dritter eingeschränkt werden

Auch der weitere Einwand des Antragstellers, die Freiheit der Religi­o­ns­ausübung sei im Grundgesetz schrankenlos gewährleistet und daher nicht durch Gesetz oder Verordnung einschränkbar, greife nicht durch. Die Religi­o­ns­freiheit sei zwar vorbehalts-, aber nicht schrankenlos gewährleistet. Dieses Grundrecht finde seine Grenzen wie jedes vorbehaltlos gewährleistete Grundrecht jedenfalls dort, wo dies zum Schutz der Grundrechte Dritter oder anderer mit Verfassungsrang ausgestatteter Rechtswerte notwendig sei. Dies sei hier in Bezug auf Leben und Gesundheit der Priester, anderer Gläubiger und angesichts der hohen Anste­ckungs­gefahr und großen Streubreite des Virus auch dritter nichtgläubiger Menschen der Fall.

Quelle: Hessischer Verwaltungsgerichtshof, ra-online (pm/pt)

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