23.11.2024
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Dokument-Nr. 11370

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Hessischer Verwaltungsgerichtshof Urteil17.03.2011

Hessischer VGH: Tragen so genannter Anscheinswaffen bei politischem Straßentheater zulässigHiergegen gerichtete polizeiliche Maßnahmen für rechtswidrig erklärt

Werden bei einer Protestaktion Gewehrattrappen als Darstel­lungs­mittel bei einer „Theater­auf­führung“ verwendet, stellt dies eine Ausnahme von dem waffen­recht­lichen Verbot des Führens so genannter Anscheinswaffen dar. Dies entschied der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof.

Im zugrunde liegenden Fall waren am 1. Oktober 2009 zwei Aktivisten in Bundeswehr-Kampfanzügen mit Gefechtshelmen und Sturm­ge­wehr­at­trappen als „Wachposten“ vor dem Haupteingang der Commerzbank in Frankfurt am Main aufgestellten worden. Die Aktivisten trugen dabei so genannte Anscheinswaffen. Die Polizei untersagte die Veranstaltung wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz.

Polizeibeamte waren für Maßnahmen nicht zuständig

Der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof gab der dagegen gerichteten Klage statt. Er begründete seine Entscheidung damit, dass sich die in die ordnungsgemäß angemeldete Versammlung entsandten Polizeibeamten unter Verstoß gegen das Versamm­lungs­gesetz dem Versamm­lungs­leiter nicht von vornherein zu erkennen gegeben, sondern die Aktion verdeckt in Zivil beobachtet haben. Sie seien für die Maßnahmen auch nicht zuständig gewesen, weil das dafür als Versamm­lungs­behörde zuständige Ordnungsamt der Stadt Frankfurt am Main an dem Donnerstag gegen 12 Uhr mittags rechtzeitig erreichbar gewesen wäre.

Künstlerlisch-verfremdende und politische Charakter der Aktion war erkennbar

Schließlich entschied der Gerichtshof, dass nach den Gesamtumständen der Protestaktion eine Ausnahme von dem waffen­recht­lichen Verbot des Führens so genannter Anscheinswaffen vorgelegen habe, weil die Gewehrattrappen als Darstel­lungs­mittel bei einer „Theater­auf­führung“ verwendet worden seien. Dieser Begriff sei unter Berück­sich­tigung der im Grundgesetz gewährleisteten Versamm­lungs­freiheit und insbesondere der Kunstfreiheit verfas­sungs­konform weit auszulegen. Die politische Meinung­s­äu­ßerung stehe der Heranziehung der Kunstfreiheit nicht entgegen; diese erfasse nach der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts auch politisches Straßentheater. Der künstlerlisch-verfremdende und politische Charakter der Aktion sei auch dadurch erkennbar gewesen, dass durch weitere fünf als „Banker“ bekleidete Versamm­lungs­teil­nehmer Flugblätter gegen „Bankenschutz“ verteilt worden sind.

Quelle: Hessischer Verwaltungsgerichtshof/ra-online

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