Im vorliegenden Fall beantragte der Kläger, den Bescheid, mit dem seine Examenshausarbeit unter dem Vorwurf der Täuschung mit "ungenügend ( Punkte)" bewertet worden sei, aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, eine Neubewertung der Hausarbeit vorzunehmen.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof erklärte die Klage für unbegründet. Der Bescheid des Präsidenten des Justizprüfungsamtes sei rechtmäßig. Die Hausarbeit des Klägers habe mit der Note "ungenügend ( Punkte)" bewertet werden können. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die juristische Ausbildung könne der Präsident des Justizprüfungsamtes eine Prüfungsleistung dann mit der Note "ungenügend" bewerten, wenn ein Bewerber versuche, das Ergebnis der Prüfung durch Täuschung zu beeinflussen. Diese Voraussetzung sei hier gegeben. Der Kläger habe auf den Seiten 19 bis einschließlich 22 seiner Examenshausarbeit über weite Strecken aus dem Aufsatz von Gasteyer Passagen wörtlich übernommen, ohne kenntlich zu machen, dass es sich um Zitate handele. Mit dieser Unterlassung habe er den Eindruck zu erwecken versucht, die Ausführungen würden von ihm selbst stammen.
Der Kläger habe dabei vorsätzlich gehandelt. Täuschungsabsicht sei nicht erforderlich. Es müsse dem Täuschenden nicht darauf ankommen, einen Irrtum zu erregen, vielmehr genüge bedingter Vorsatz. Die Hausarbeit diene der Feststellung, ob der Bewerber fähig sei, die in einem Lebenssachverhalt enthaltenen oder durch ein Thema bestimmten Rechtsprobleme zu erfassen und unter Verwendung von Lehrmeinungen und Rechtsprechung einen rechtswissenschaftlich begründeten Vorschlag für die rechtliche Behandlung zu erarbeiten. Zwar solle somit der Prüfling die einschlägige juristische Fachliteratur und Rechtsprechung verwenden, er müsse sich dabei jedoch der wissenschaftlichen Arbeitsmethoden bedienen, was Plagiate ausschließe. Dabei müssten fremde Meinungen mit Quellenangaben dargelegt und kritisch abgehandelt werden. Wenn stattdessen fremdes Gedankengut ohne entsprechende Kenntlichmachung wiedergegeben werde, sei dies nicht nur ein Verstoß gegen die gebotene wissenschaftliche Arbeitsmethode, sondern außerdem geeignet, den Prüfer über die Urheberschaft zu täuschen und dadurch die Bewertung der Arbeit zu beeinflussen, da die übernommenen Passagen in der Hausarbeit mangels Zitats als eigene Stellungnahmen des Klägers erscheinen würden.
Der Kläger bestreite das Vorliegen einer Täuschungshandlung und verweise darauf, dass der Aufsatz von Gasteyer im Literaturverzeichnis genannt sei. Dieses Vorbringen könne nach Meinung des Gerichts den Täuschungsvorwurf jedoch nicht entkräften, da sich aus der Aufnahme des Aufsatzes in das Literaturverzeichnis nicht ergebe, welche Gedanken der Kläger von Gasteyer übernommen habe und in welchem Zusammenhang sowie an welchen Stellen dies geschehen sei. Die Anforderungen, die an die Kenntlichmachung der Übernahme von Textpassagen aus Rechtsprechung und juristischer Fachliteratur gestellt würden, seien dem Kläger auch bekannt gewesen, denn er wäre mit dem der Prüfungsaufgabe beigefügten Merkblatt darauf hingewiesen worden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.08.2012
Quelle: ra-online, Hessischer Verwaltungsgerichtshof (vt/st)