23.11.2024
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Gericht der Europäischen Union Urteil11.12.2013

Übernahme von Skype durch Microsoft zulässigZusammenschluss ist mit Wettbe­wer­bs­regeln der Union vereinbar

Der Erwerb von Skype durch Microsoft ist mit dem Binnenmarkt vereinbar. Durch diesen Zusammenschluss wird der Wettbewerb weder auf dem Markt der privaten Videotelefonie noch auf dem Markt der Geschäfts­kommunikation eingeschränkt. Dies entschied das Gericht der Europäischen Union.

Skype bietet Inter­net­kom­mu­ni­ka­ti­o­ns­dienste und -programme für Instant-Messaging, Audio- und Videotelefonie an. Microsoft ist ein amerikanisches Unternehmen, dessen Haupt­ge­schäfts­felder der Entwurf, die Entwicklung und der Verkauf von Compu­ter­pro­grammen sowie die Erbringung damit zusam­men­hän­gender Dienst­leis­tungen sind, unter Einschluss von Inter­net­kom­mu­ni­ka­ti­o­ns­pro­grammen und -diensten für Privat- und Geschäftskunden.

Konkurrenten weisen auf wettbe­wer­bs­widrige Wirkungen des beabsichtigten Zusam­men­schlusses hin

Im September 2011 meldete Microsoft bei der Kommission einen zum Erwerb der Kontrolle über Skype dienenden Zusammenschluss an. Cisco und Messagenet, zwei Anbieter von Inter­net­kom­mu­ni­ka­ti­o­ns­pro­grammen und -diensten für Geschäfts- bzw. Privatkunden, reichten bei der Kommission Stellungnahmen ein, um die wettbe­wer­bs­widrigen Wirkungen des beabsichtigten Zusam­men­schlusses aufzuzeigen. Im Oktober 2011 erklärte die Kommission den Zusammenschluss gleichwohl für vereinbar mit dem Binnenmarkt*.

Cisco und Messagenet haben daraufhin beim Gericht Klage auf Nichti­g­er­klärung des Beschlusses der Kommission erhoben.

Kommission sieht selbst auf engsten Märkten keine Wettbe­wer­b­sprobleme

Das Gericht der Europäischen Union stellt in seinem Urteil hierzu zunächst fest, dass die Kommission in ihrem Beschluss lediglich die Inter­net­kom­mu­ni­kation für Privatkunden (Privat­kom­mu­ni­kation) von der für Geschäftskunden (Geschäfts­kom­mu­ni­kation) unterschieden hat, ohne auf die Frage einzugehen, ob innerhalb der Kategorie der Privat­kom­mu­ni­kation auf engere Referenzmärkte abzustellen ist. Ihres Erachtens wirft die Konzentration nämlich selbst auf den engsten Märkten keine Wettbe­wer­b­sprobleme auf.

Hoher Marktanteil von Microsoft bedeutet noch keine den Wettbewerb erheblich behindernde Marktmacht

Zwar konnte Microsoft, wie das Gericht weiter ausführt, seinen Marktanteil im Segment Privat­kom­mu­ni­kation (Videotelefonie über einen PC mit dem von Microsoft entwickelten Betriebssystem Windows) durch den Erwerb von Skype auf 80 % bis 90 % ausbauen; der hohe Marktanteil und der hohe Grad der Konzentration in diesem Marktsegment bedeuten aber nicht, dass Microsoft eine Marktmacht hätte, mit der wirksamer Wettbewerb im Binnenmarkt erheblich behindert werden könnte.

Marktanteil von Microsoft auf Privat­kom­mu­ni­ka­ti­o­nsmarkt neuer IT-Plattformen eher gering

Die Privat­kom­mu­ni­kation ist nämlich ein junger, stark expandierender Sektor mit kurzen Innova­ti­o­ns­zyklen, bei dem ein hoher Marktanteil schnell wieder verloren gehen kann. Hinzu kommt, dass Microsoft bei PC-Programmen zwar seit jeher einen sehr hohen Marktanteil hat, aber bei den auf dem Privat­kom­mu­ni­ka­ti­o­nsmarkt immer mehr an Bedeutung gewinnenden neuen IT-Plattformen (Tablets, Smartphones) weniger präsent ist. Bei einer Erhöhung der Kommu­ni­ka­ti­o­ns­preise könnten sich PC-Nutzer daher alternativen Plattformen zuwenden. Und da die Dienste auf dem Privat­kom­mu­ni­ka­ti­o­nsmarkt üblicherweise kostenlos angeboten werden, liefe ein Anbieter mit einer auf die Erzielung von Nutzerentgelten ausgerichteten Geschäfts­politik Gefahr, die Nutzer an Anbieter zu verlieren, die ihre Dienste weiterhin kostenlos anbieten.

Marktanteile der Wettbewerber bei anderen Plattformen als Windows-PCs ausreichend hoch

Das Gericht stellt ferner fest, dass die Wettbewerber von Microsoft bei anderen Plattformen als Windows-PCs ausreichend hohe Marktanteile haben, um Kommu­ni­ka­ti­o­nsnetze zu bilden, deren Nutzungsgrad und Attraktivität für die Nutzer mit den von Skype und Microsoft zusammen gebotenen zumindest vergleichbar sind.

Schädigungen des Wettbewerb auf dem Privat­kom­mu­ni­ka­ti­o­nsmarkt durch Zusammenschluss nicht ausreichend belegt

Da Cisco und Messagenet nicht nachzuweisen vermocht haben, dass der Zusammenschluss den Wettbewerb auf dem Privat­kom­mu­ni­ka­ti­o­nsmarkt schädigen könnte, kommt das Gericht in Bezug auf diesen Markt zu dem Ergebnis, dass der geprüfte Zusammenschluss mit den Wettbe­wer­bs­regeln der Union vereinbar ist.

Zusammenschluss kann nur bei sofortiger und unmittelbarer Schädigung des Wettbewerbs für unvereinbar mit dem Binnenmarkt erklärt werden

Sodann weist das Gericht das Vorbringen von Cisco und Messagenet zurück, wonach Microsoft aufgrund des genannten Zusam­men­schlusses zum Nachteil der Wettbewerber eine privilegierte Konnektivität zwischen Lync, seinem Produkt auf dem Geschäfts­kom­mu­ni­ka­ti­o­nsmarkt, auf der einen und Skype und dessen großer Nutzerzahl auf der anderen Seite herstellen könnte. Hierzu stellt das Gericht erstens fest, dass ein Zusammenschluss nur dann für unvereinbar mit dem Binnenmarkt erklärt werden kann, wenn er den Wettbewerb sofort und unmittelbar schädigt. Die Lync-Skype-Konnektivität und der kommerzielle Erfolg eines daraus resultierenden neuen Produkts, mit denen Microsoft theoretisch den Wettbewerb behindern könnte, hängen aber noch von einer Reihe von Voraussetzungen ab, von denen ungewiss ist, ob sie in hinreichend naher Zukunft alle eintreten könnten.

Skype ermöglicht Unternehmen keine direkten Werbemaßnahmen bei Nutzern

Zweitens bleibt unklar, welche Vorteile ein solches Produkt hat und ob es tatsächlich eine Nachfrage dafür gibt. Den Unternehmen, die eventuell Interesse an einer integrierten Kommu­ni­ka­ti­o­ns­plattform haben, ist nämlich vor allem daran gelegen, mit den Verbrauchern ihrer Produkte und Dienste zu kommunizieren und nicht mit den Nutzern von Skype, bei denen es sich nicht unbedingt um ihre aktuellen oder potenziellen Kunden handelt. Außerdem ermöglicht Skype den Unternehmen keine direkten Werbemaßnahmen bei seinen Nutzern, die sich normalerweise eines Pseudonyms bedienen und nur mit ihrer vorherigen Zustimmung kontaktiert werden können. Im Übrigen können Unternehmen, die Produkte und Dienst­leis­tungen verkaufen, von ihren Kunden nach wie vor über Skype – das sowohl für Privat- als auch für Geschäftskunden ein kostenlos herun­ter­ladbares Produkt bleibt – kontaktiert werden, ohne dass sie sich das durch die Integration von Lync und Skype entstehende Produkt beschaffen müssten.

Microsoft-Wettbewerber ist auf dem Markt für Geschäfts­kom­mu­ni­kation auch dem Wettbewerb durch andere große Wirtschafts­teil­nehmer ausgesetzt

Drittens ist Lync auf dem Markt für Geschäfts­kom­mu­ni­kation dem Wettbewerb durch andere große Wirtschafts­teil­nehmer ausgesetzt, u. a. durch Cisco, die allein schon einen größeren Marktanteil hat als Microsoft. Dadurch wird die Fähigkeit von Microsoft, den Wettbewerb auf dem genannten Markt zu beschränken, erheblich reduziert.

Das Gericht weist daher die Klage von Cisco und Messagenet in vollem Umfang ab.

Erläuterungen

* Beschluss C(2011) 7279, mit dem der dem Erwerb von Skype durch Microsoft dienende Zusammenschluss von Unternehmen für vereinbar mit dem Binnenmarkt und dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) erklärt wurde (Sache COMP/M.6281 – Microsoft/Skype).

Quelle: Gericht der Europäischen Union/ra-online

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