18.10.2024
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Dokument-Nr. 23953

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Gericht der Europäischen Union Urteil07.03.2017

Verbot des Zusam­men­schlusses zwischen UPS und TNT wegen Verfah­rens­fehlern nichtigVerfah­rens­fehler: Kommission missachtet Vertei­di­gungs­rechte von UPS

Das Gericht der Europäischen Union hat den Beschluss, mit dem die Europäische Kommission den Zusammenschluss zwischen UPS und TNT im Sektor der Express­zu­stellung von Kleinpaketen abgelehnt hat, wegen eines Verfah­rens­fehlers für nichtig erklärt. Die Kommission hat die Vertei­di­gungs­rechte von UPS missachtet, indem sie sich auf eine ökonometrische Analyse gestützt hat, die in dieser Weise während des Verwaltungs­verfahrens nicht erörtert worden war.

Das amerikanische Unternehmen United Parcel Service (UPS) und das niederländische Unternehmen TNT Express (TNT) sind weltweit im Sektor der spezialisierten Beförderungs- und Logistikdienste tätig. Im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind UPS und TNT - genau wie das amerikanische Unternehmen FedEx und das deutsche Unternehmen DHL - auf den Märkten der internationalen Express­lie­fer­dienste für Kleinpakete präsent (Dienste, bei denen sich der Anbieter dazu verpflichtet, Kleinpakete binnen eines Tages in einem anderen Land auszuliefern).

Kommission untersagt Übernahme von TNT durch UPS

Im Jahr 2012 meldete UPS bei der Kommission gemäß der Fusions­kon­troll­ver­ordnung* ein Vorhaben zur Übernahme von TNT an. Mit Beschluss vom 30. Januar 2013** untersagte die Europäische Kommission dieses Übernah­me­vorhaben. Sie war im Wesentlichen der Ansicht, dass die Übernahme in 15 Mitgliedstaaten zu einer Wettbewerbsbeschränkung bei der Express­zu­stellung von Kleinpaketen in andere europäische Länder geführt hätte. In diesen Mitgliedstaaten hätte sich demnach die Zahl der bedeutenden Akteure auf diesem Markt durch die Übernahme auf drei oder gar zwei reduziert, und in manchen Fällen wäre nur DHL als Alternative zu UPS übrig geblieben. Somit wäre der Zusammenschluss nach Meinung der Kommission aufgrund der Preiss­tei­ge­rungen, die er nach sich gezogen hätte, wahrscheinlich zu Lasten der Kunden gegangen.

EuG erklärt Beschluss der Kommission für nichtig

UPS erhob daraufhin beim Gericht der Europäischen Union Klage auf Nichti­g­er­klärung des Beschlusses der Kommission. Das Gericht gab der Klage statt und erklärte den Beschluss der Kommission für nichtig. Es wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass es die Achtung der Vertei­di­gungs­rechte und insbesondere der Grundsatz des kontra­dik­to­rischen Verfahrens erfordern, dass dem betroffenen Unternehmen im Verwal­tungs­ver­fahren Gelegenheit gegeben wird, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen und Umstände sowie zu den von ihr für ihre Behauptungen herangezogenen Dokumenten sachgerecht Stellung zu nehmen.

Kommission missachtet bei Entscheidung Vertei­di­gungs­rechte von UPS

Nach den Feststellungen des Gerichts beruht die von der Kommission in ihrem Beschluss vom 30. Januar 2013 herangezogene ökonometrische Analyse auf einem anderen Modell als dem im Verwal­tungs­ver­fahren kontra­dik­torisch erörterten. Die Kommission nahm nämlich nicht unerhebliche Änderungen an den zuvor mit UPS erörterten Analysen vor. In Anbetracht dieser Änderungen war sie verpflichtet, UPS das endgültige ökonometrische Analysemodell vor Erlass des angefochten Beschlusses mitzuteilen. Indem sie das unterließ, hat die Kommission die Vertei­di­gungs­rechte von UPS missachtet.

UPS hätte über abschließende Fassung der ökonometrischen Analyse informiert werden müssen

In der Erwägung, dass UPS seine Interessen im Verwal­tungs­ver­fahren besser hätte wahrnehmen können, wenn es die abschließende Fassung der ökonometrischen Analyse, auf die sich die Kommission festgelegt hatte, vor Erlass des angefochtenen Beschlusses gekannt hätte, erklärt das Gericht den Beschluss vom 30. Januar 2013 ohne Prüfung der übrigen Klagegründe von UPS in vollem Umfang für nichtig.

Erläuterungen
* Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unter­neh­mens­zu­sam­men­sch­lüssen (ABl. 2004, L 24, S. 1), durchgeführt durch die Verordnung (EG) Nr. 802/2004 der Kommission vom 7. April 2004 (ABl. 2004, L 133, S. 1).

** Beschluss C (2013) 431der Kommission vom 30. Januar 2013 zur Feststellung der Unvereinbarkeit eines Zusam­men­schlusses mit dem Binnenmarkt und dem EWR-Abkommen (Sache COMP/M.6570 – UPS/TNT Express).

Quelle: Gericht der Europäischen Union/ra-online

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