21.11.2024
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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil01.04.2014

Schweigegeld kann nicht als außer­ge­wöhnliche Belastung geltend gemacht werdenAufwendungen fehlt es an Zwangs­läu­figkeit für möglichen Abzug als außer­ge­wöhnliche Belastungen

"Erpres­sungs­gelder" können nicht als außer­ge­wöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 Einkommen­steuer­gesetz (EStG) steuerlich geltend gemacht werden. Dies entschied das Finanzgericht Rheinland-Pfalz.

Im zugrunde liegenden Streitfall machten die Kläger in ihrer Einkom­men­steu­e­r­er­klärung für 2011 u.a. Aufwendungen für ein "Ermitt­lungs­ver­fahren wegen Erpressung" in Höhe von rund 14.500 Euro (incl. Anwaltskosten) als außer­ge­wöhnliche Belastungen geltend.

Hintergrund

Zur Begründung schilderten sie folgenden Sachverhalt: Im April 2005 hätten sie im Rahmen eines Auslandsurlaubs einen Teppich gekauft, der auch wenige Monate später geliefert worden sei. Sechs Jahre später habe die ausländische Lieferfirma bei ihnen angerufen und mitgeteilt, dass im Rahmen einer Prüfung durch Zoll- und Finanzbehörde festgestellt worden sei, das sie - die Kläger - bei der Ausreise seinerzeit keine Erklärung beim Zoll abgegeben hätten. Der Zoll werde - so die Auskunft der Lieferfirma - nun den Teppich konfiszieren und ein Strafgeld von 7.000 Euro kassieren, was die Kläger allerdings verhindern könnten, wenn sie das Geld über die „Western Union“ versenden würden. Da man sie - so die Kläger - massiv unter Druck gesetzt habe, hätten sie zwei Überweisungen vorgenommen. Nach Auskunft ihrer Bank sei der eine Betrag schon fünf Minuten nach der Einzahlung abgehoben worden. Im Dezember 2011 hätten sie Strafanzeige erstattet und ihre Rechtsanwältin mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt.

Finanzamt lehnt Anerkennung der geltend gemachten außer­ge­wöhn­lichen Belastungen ab

Das Finanzamt lehnte eine Berück­sich­tigung der geltend gemachten Aufwendungen im Einkom­men­steu­er­be­scheid für 2011 ab. Auch der dagegen eingelegte Einspruch und die nachfolgende Klage der Kläger blieben erfolglos.

Zwangs­läu­figkeit der entstandenen Kosten für Abzugsfähigkeit entscheidend

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz folgte der Rechts­auf­fassung des beklagten Finanzamtes und entschied, dass die von den Klägern gezahlten "Erpres­sungs­gelder" nicht als außer­ge­wöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 EStG berücksichtigt werden können. Zur Begründung führte das Finanzgericht aus, dass es Ziel des § 33 EStG sei, zwangsläufige Mehrauf­wen­dungen für den existenz­not­wendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die wegen ihrer Außer­ge­wöhn­lichkeit nicht pauschal in allgemeinen Entlas­tungs­be­trägen (z.B. dem Grund- oder Kinder­frei­betrag, Kindergeld usw.) berücksichtigt werden könnten. Auch Kosten, die einem Steuer­pflichtigen als Folge seiner frei getroffenen Entscheidungen zur Lebens­ge­staltung und Lebensführung erwachsen würden, stellten keine außer­ge­wöhn­lichen Belastungen dar. Dementsprechend seien nach ständiger Rechtsprechung des Bundes­fi­nanzhofs für die Beantwortung der Frage, ob Aufwendungen nach § 33 EStG zwangsläufig angefallen seien, die Ursachen zu erforschen. Entscheidend sei auf die wesentliche Ursache abzustellen, die zu den Aufwendungen geführt habe. Habe diese ihren Ursprung in der vom Einzelnen gestalteten Lebensführung, komme ein Abzug nicht in Betracht. Es sei insbesondere nicht entscheidend, ob sich der Steuer­pflichtige subjektiv zu dieser Handlung verpflichtet gefühlt habe. Komme ein alternatives Handeln in Betracht, das nicht zu Aufwendungen führe, fehle es an der Zwangs­läu­figkeit, es sei denn, diese anderen Handlungs­mög­lich­keiten seien dem Steuer­pflichtigen nicht zumutbar.

Ohne Zwang geschaffener Erpres­sungsgrund nimmt Zahlung der Erpres­sungs­gelder die Zwangs­läu­figkeit

Für Erpres­sungs­gelder folge daraus, dass zwischen den Fallgruppen zu unterscheiden sei, in denen der Steuer­pflichtige durch sein frei gewähltes Verhalten selbst eine wesentliche Ursache für eine Erpressung bereitet habe, und jenen, in denen es an einem solchen Verhalten fehle. Der letztere Fall könne in Betracht kommen, wenn ein Steuer­pflichtiger allein aufgrund des Umstandes, dass er wohlhabend sei, zum Opfer einer Erpressung werde, bei der Angehörige oder andere nahe stehende Personen mit dem Tod oder einem anderen empfindlichen Übel bedroht würden. Anders liege der Fall dagegen, wenn sich der Steuer­pflichtige strafbar oder sonst sozialwidrig verhalten oder gegen die von ihm selbst oder von ihm nahestehenden Personen für verbindlich anerkannten Verhal­tens­maximen verstoßen habe. Ein auf diese Weise vom Steuer­pflichtigen selbst und ohne Zwang geschaffener Erpres­sungsgrund nehme der Zahlung der Erpres­sungs­gelder regelmäßig die Zwangs­läu­figkeit im Sinne des § 33 EStG.

Außer­ge­wöhnliche Belastungen sind im vorliegenden Fall nicht anzuerkennen

Vor diesem Hintergrund seien die von den Klägern aufgewendeten Beträge nicht als außer­ge­wöhnliche Belastungen anzuerkennen. Denn die Erpressung gründe letztlich darauf, dass die Kläger seinerzeit (2005) die gesetzlich geschuldete Einfuhrum­satz­steuer für den Teppich nicht entrichtet hätten. Auf diesem Steuervergehen basiere letztlich der gegen sie (angeblich) gerichtete Erpres­sungs­versuch im Jahr 2011. Zudem hätten die Kläger auch durch eine umgehende Selbstanzeige bei der zuständigen Zollbehörde und/oder einen rechtzeitigen Strafantrag gegen die Erpresser die Zahlung der „Erpres­sungs­gelder“ ohne Not abwenden können.

Quelle: Finanzgericht Rheinland-Pfalz/ra-online

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