21.11.2024
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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil16.06.2015

Fehlerhafte Renten­be­steuerung: Vernichtung von Akten ist keine EntschuldigungFinanzamt nicht zur Änderung bestands­kräftiger Steuerbescheide befugt

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass sich ein Finanzamt (u.a.) in einem Verfahren im Zusammenhang mit einer möglicherweise fehlerhaften Renten­be­steuerung nicht darauf berufen kann, dass archivierte Unterlagen bereits vernichtet wurden.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens ist Rentnerin und wohnte bis 2007 in Nordrhein-Westfalen. Das dort zuständige Finanzamt hatte eine ihrer Renten (90.000 Euro pro Jahr) nach Prüfung der dazu vorgelegten Unterlagen alljährlich nur mit dem Ertragsanteil (17 %) der Besteuerung unterworfen. Nach dem Umzug der Klägerin nach Rheinland-Pfalz übernahm das zuständig gewordene Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler (= Beklagter) ungeprüft diese Besteuerung der Klägerin und berücksichtigte die Rente ebenfalls nur mit dem Ertragsanteil (17 %).

Finanzamt hält Besteuerung der Rente in voller Höhe für korrekt und verlangt Steuer­nach­zahlung

Im Jahr 2012 erfuhr das Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler vom Finanzamt Düsseldorf (im Wege einer sogenannten Kontroll­mit­teilung), dass die Rentenzahlungen vom Sohn der Klägerin stammten, dem die Klägerin dafür im Jahr 1993 ihr Vermögen übertragen hatte. Daraufhin änderte das Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler nachträglich die bereits bestands­kräftigen Steuerbescheide für die Jahre 2007, 2008, 2009 und 2010, weil es der Auffassung war, dass diese Art von Rente in voller Höhe hätte besteuert werden müssen. Die geforderte Steuer­nach­zahlung betrug insgesamt (für alle 4 Jahre) rund 140.000 Euro.

Finanzamt hätte Rechtslage vor Erlass der Bescheide prüfen und ggf. Unterlagen vom vorher zuständigen Finanzamt anfordern müssen

Die dagegen erhobene Klage der Klägerin hatte Erfolg. Das Finanzgericht ließ offen, ob die Rente tatsächlich in voller Höhe zu besteuern sei, weil es darauf nicht ankomme. Das beklagte Finanzamt sei nämlich schon nicht befugt gewesen, die bereits bestands­kräftigen Steuerbescheide zu ändern. Bereits vor Erlass dieser Bescheide hätte das Finanzamt die Rechtslage prüfen und z.B. beim früher zuständigen Finanzamt in Nordrhein-Westfalen die seinerzeit dazu vorgelegten Unterlagen - vor allem den Übertra­gungs­vertrag - anfordern müssen. Selbst wenn dieser Vertrag dort inzwischen archiviert oder mit Altakten vernichtet worden sei, könne sich das beklagte Finanzamt nicht auf Unkenntnis berufen. Denn in diesem Fall hätte der Vertrag erneut von der Klägerin angefordert werden müssen. Die Klägerin hingegen treffe kein Versäumnis, weil sie die erhaltenen Zahlungen in gleicher Weise wie in den Vorjahren in ihren Einkom­men­steu­e­r­er­klä­rungen angegeben habe.

Quelle: Finanzgericht Rheinland-Pfalz/ra-online

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