18.10.2024
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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil16.10.2014

Eheschei­dungs­kosten sind steuerlich absetzbarSchei­dungs­kosten können auch nach gesetzlicher Neuregelung als außer­ge­wöhnliche Belastung steuermindernd berücksichtigt werden

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass Schei­dungs­kosten nach der ab 2013 geltenden Neuregelung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG (Amtshil­fe­richtlinie-Umset­zungs­gesetz) weiterhin als außer­ge­wöhnliche Belastung steuermindernd berücksichtigt werden können.

Nach der neuen Vorschrift sind Prozesskosten grundsätzlich vom Abzug ausgeschlossen und nur ausnahmsweise steuerlich anzuerkennen, wenn der Steuer­pflichtige ohne diese Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenz­grundlage zu verlieren und seine lebens­not­wendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

Kosten der Ehescheidung sind für den Betroffenen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz bejahte das Vorliegen der Abzugs­vor­aus­set­zungen bei den Prozesskosten für die Ehescheidung selbst, lehnte sie hingegen bezüglich der Schei­dungs­fol­ge­sachen ab. Zur Begründung führte es aus, dass die gesetzliche Bestimmung, nach welcher Aufwendungen für Prozesse mit existentieller Bedeutung für den Steuer­pflichtigen abzugsfähig seien, auf eine Formulierung in einem Urteil des Bundes­fi­nanzhofs aus dem Jahre 1996 zurückgehe, in welchem gerade die ständige Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von Schei­dungs­kosten bestätigt worden sei. Mit der Übernahme dieser Formulierung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG habe der Gesetzgeber offensichtlich auch die dem Urteil des Bundes­fi­nanzhofs zugrunde liegenden Wertungen - einschließlich der Anerkennung der Schei­dungs­kosten als außer­ge­wöhnliche Belastung - übernommen. Für einen Steuer­pflichtigen sei es existentiell, sich aus einer zerrütteten Ehe lösen zu können. Die Kosten der Ehescheidung, die nur durch einen zivil­ge­richt­lichen Prozess herbeigeführt werden könne, seien daher für den Betroffenen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig.

Gesetzliche Neuregelung sollte Anerkennung von Prozesskosten für beliebige Prozesse korrigieren

Dieses Ergebnis entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, der mit der Verschärfung der Abzugs­vor­aus­set­zungen in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG lediglich die für zu weitgehend erachtete neue Rechtsprechung des Bundes­fi­nanzhofs aus dem Jahr 2011 zur Anerkennung von Prozesskosten auch für beliebige (nicht aussichtslose) Prozesse als außer­ge­wöhnliche Belastung habe korrigieren und die bis zu dieser Recht­spre­chung­s­än­derung bestehende Rechtslage wieder­her­stellen wollen. So ergebe sich aus einer Stellungnahme des Bundesrates im Gesetz­ge­bungs­ver­fahren das Ziel, die Anerkennung von Prozesskosten auf den "bisherigen engen Rahmen" zu beschränken. Hierzu hätten die unmittelbaren Kosten eines Schei­dungs­pro­zesses stets gezählt.

Schei­dungs­fol­ge­kosten sind nicht als außer­ge­wöhnliche Belastung abzugsfähig

Demgegenüber seien nach der Neuregelung ab 2013 die Schei­dungs­fol­ge­kosten nicht als außer­ge­wöhnliche Belastung abzugsfähig. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundes­fi­nanzhofs, die für das neue Familienrecht entsprechend gelte, seien Prozesskosten im Zusammenhang mit den Folgesachen Unterhalt, Ehewohnung und Haushalt, Güterrecht, Sorgerecht, Umgangsrecht nicht als zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG anzusehen. Diese Folgesachen würden nicht zwingend, sondern nur auf Antrag eines Ehepartners mit dem Schei­dungs­ver­fahren zusammen - im Zwangsverbund - verhandelt und entschieden. Sie könnten auch in einer außer­ge­richt­lichen Schei­dungs­fol­gen­ver­ein­barung geregelt werden. Die geänderte Rechtsprechung des Bundes­fi­nanzhofs aus dem Jahr 2011 sei ab dem Veran­la­gungs­zeitraum 2013 durch die gesetzliche Verschärfung der Abzugs­vor­aus­set­zungen überholt.

Im Streitfall hat das Finanzgericht der Klage, welche sowohl Schei­dungs­kosten als auch Schei­dungs­fol­ge­kosten betraf, nur hinsichtlich der Prozesskosten für die Ehescheidung stattgegeben, im Übrigen aber die Klage abgewiesen.

Quelle: Finanzgericht Rheinland-Pfalz/ra-online

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