15.11.2024
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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil08.11.2016

Mitnah­me­pau­schalen auch bei Staats­be­diensteten nicht mehr steuerfreiFG Rheinland-Pfalz verneint Ungleich­be­handlung von Arbeitnehmern innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes bei Steuerfreiheit von Reisekosten­erstattungen

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass sogenannte "Mitnah­me­pau­schalen" auch bei Staats­be­diensteten seit 2014 nicht (mehr) steuerfrei sind.

Reise­kos­te­n­er­stat­tungen durch einen Arbeitgeber außerhalb des öffentlichen Dienstes sind nach § 3 Nr. 16 Einkom­men­steu­er­gesetz (EStG) steuerfrei, wenn sie den Aufwand, den der Arbeitnehmer als Werbungskosten geltend machen könnte, nicht überschreiten. Werbungskosten sind zwar grundsätzlich im Einzelnen nachzuweisen. Ohne Einzelnachweis der tatsächlichen Gesamtkosten können allerdings pauschale Kilometersätze angesetzt werden. Diese Pauschalen sind seit dem Veran­la­gungs­zeitraum 2014 nicht mehr in Verwal­tungs­an­wei­sungen, sondern im Gesetz selbst geregelt, und zwar in § 9 EStG (Werbungskosten), der auf das Bundes­rei­se­kos­ten­gesetz (BRKG) und die dort festgesetzte Wegstre­cken­ent­schä­digung verweist. Daher können Aufwendungen, die zwar in der früheren Verwal­tungs­an­weisung, nicht aber im BRKG berücksichtigt werden (wie z.B. die sogenannte Mitnah­me­pau­schale = Erhöhung des Kilometersatzes für jede mitgenommene Person), seit 2014 nicht mehr als Werbungskosten anerkannt werden. Dies hat (mittelbar) auch zur Folge, dass die von einem privaten Arbeitgeber gezahlten Mitnah­me­pau­schalen nicht mehr nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei sind (weil Aufwand abgegolten wird, der nicht als Werbungskosten abziehbar wäre). Die Steuerfreiheit von Reise­kos­te­n­er­stat­tungen an Beschäftigte im öffentlichen Dienst (z.B. Beamte) ist gesondert geregelt, und zwar in § 3 Nr. 13 EStG. Die Höhe der Erstattung richtet sich bei Bundes­be­diensteten nach dem BRKG und bei Landes­be­diensteten nach dem Reise­kos­ten­gesetz des jeweiligen Landes. Da diese Regelungen allerdings nicht einheitlich sind (so sehen z.B. die Reise­kos­ten­gesetze für Baden Württemberg und Rheinland-Pfalz - anders als das BRKG - nach wie vor eine Mitnah­me­pau­schale vor), stellt sich die Frage, ob auch Erstattungen, die nur in einem Landes­rei­se­kos­ten­gesetz (und nicht im BRKG) vorgesehen sind, steuerfrei sind und ob dies ggf. zu einer verfas­sungs­widrigen Ungleich­be­handlung von Arbeitnehmern im und außerhalb des öffentlichen Dienstes führen würde.

Kläger rügt Ungleich­be­handlung von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst und Arbeitnehmern außerhalb des öffentlichen Dienstes

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens arbeitete in Ludwigshafen. Für die im August 2014 mit dem eigenen PKW durchgeführten Dienstreisen erhielt er von seinem privaten Arbeitgeber (u.a.) für jede mitgenommene Person eine Mitnah­me­pau­schale in Höhe von ,02 Euro je Fahrtkilometer (insgesamt 8,60 Euro). Sein Arbeitgeber unterwarf diesen Teil der Reisekostenerstattung dem Lohnsteuerabzug. Der Kläger hingegen vertrat die Auffassung, dass die Zahlung steuerfrei sein müsse, und stellte beim beklagten Finanzamt einen Antrag auf entsprechende Änderung der Lohnsteu­er­an­meldung seines Arbeitgebers. Er machte geltend, dass nach § 3 Nr. 13 EStG die aus öffentlichen Kassen (z.B. nach den Landes­rei­se­kos­ten­ge­setzen der Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz) gezahlten Mitnah­me­ent­schä­di­gungen steuerfrei seien. Deshalb müssten auch Mitnah­me­ent­schä­di­gungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber erhielten, nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei seien. Anderen Falles liege eine gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verstoßende steuerliche Ungleich­be­handlung von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst und Arbeitnehmern außerhalb des öffentlichen Dienstes vor.

Gleich­be­handlung für beide Arbeit­neh­mer­gruppen weiterhin gewährleistet

Die gegen die Ablehnung seines Antrags erhobene Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz vertrat die Auffassung, dass eine verfas­sungs­widrige Ungleich­be­handlung bereits deshalb nicht vorliege, weil auch aus öffentlichen Kassen gezahlte Mitfah­rer­pau­schalen nicht (mehr) steuerfrei seien. Der Bundesfinanzhof habe wiederholt entschieden, dass Reise­kos­ten­ver­gü­tungen bei allen Beschäftigten innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes nur insoweit von der Besteuerung freigestellt werden dürften, wie der zu Grunde liegende Aufwand als Werbungskosten abzugsfähig wäre. Diese Steuerfreiheit erfolge nur aus Verein­fa­chungs­gründen und rechtfertige kein gleich­heits­widriges Steuerprivileg. Auch nach Inkrafttreten der Regelungen zum steuerlichen Reise­kos­tenrecht ab 2014 werde diese Gleich­be­handlung gewährleistet, denn der Werbungs­kos­te­nabzug für Dienstreisen richte sich für beide Arbeit­neh­mer­gruppen nach den gleichen Vorschriften (§ 9 Abs. 1 Nr. 4a EStG in der ab 2014 maßgeblichen Fassung). Danach seien die Kosten entweder in der tatsächlich entstandenen Höhe nachzuweisen oder - bei fehlendem Einzelnachweis - nur mit den pauschalen Kilometersätzen des BRKG zu berücksichtigen. Da das BRKG (anders als die bis 2013 maßgebliche Verwal­tungs­an­weisung) keine Mitfah­rer­pau­schale vorsehe, könne eine solche Pauschale auch nicht (mehr) als Werbungskosten geltend gemacht werden. Manche Landes­rei­se­kos­ten­gesetze (z.B. in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz) sähen zwar eine Mitfah­rer­pau­schale vor. Dies führe (in Bezug auf den Werbungs­kos­te­nabzug) allerdings zu keinem anderen Ergebnis, denn das maßgebliche Gesetz (§ 9 Abs. 1 Nr. 4a EStG) verweise ausdrücklich nur auf das BRKG und nicht (auch) auf die Reisekosten der Länder.

Nicht als Werbungskosten abzugsfähiger Ersatz von Aufwendungen ist als steuer­pflichtiger Arbeitslohn anzusehen

Erhalte daher ein Arbeitnehmer Ersatz von Aufwendungen, die - wie die Mitnah­me­pau­schale - im BRKG nicht vorgesehen und deshalb nicht als Werbungskosten abzugsfähig seien, handle es sich dabei um steuer­pflichtigen Arbeitslohn, weil der Aufwand, hätte ihn der Arbeitnehmer selbst getragen, nicht als Werbungskosten abzugsfähig wäre. Dies gelte für alle Arbeitnehmer gleichermaßen, also unabhängig davon, ob die Steuerfreiheit in § 3 Nr. 13 EStG (Erstattungen an Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst) oder in § 3 Nr. 16 EStG (Erstattungen an Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes) geregelt sei.

Quelle: Finanzgericht Rheinland-Pfalz/ra-online

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