23.11.2024
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Dokument-Nr. 5782

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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil26.02.2008

In gerichtlichem Vergleich protokollierte Zustim­mungs­er­klärung zu einer Zusam­men­ver­an­lagung kann - mit steuer­recht­licher Wirkung - widerrufen werdenBei sachlichem Grund einseitiger Widerruf möglich

Mit Urteil zur Einkommensteuer 2002 hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz zu der Frage Stellung genommen, ob und unter welchen Umständen eine in einem zivil­recht­lichen Vergleich abgegebene Erklärung zur Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung widerrufen werden kann.

Der Kläger ist mittlerweile geschieden und lebte seit dem Spätjahr 2002 von seiner damaligen Ehefrau getrennt. Auf seinen Antrag wurde für das Streitjahr zunächst eine getrennte Veranlagung durchgeführt. Dies führte für ihn zu einer Einkommensteuer (ESt) -Rückerstattung von rd. 1.350.- €.

Kläger verpflichtete sich im Vergleich vor dem Amtsgericht zur Zusam­men­ver­an­lagung

In einem Vergleich vor dem Amtsgericht verpflichtete sich der Kläger für das Streitjahr die Zustimmung zur Zusammenveranlagung mit der damaligen Ehefrau gegenüber dem Finanzamt zu erteilen. Die damalige Ehefrau verpflichtete sich im Gegenzug dazu, den Kläger von den steuerlichen Nachteilen freizustellen, die sich aus dieser Zustim­mungs­er­klärung ergaben. Darauf hin wurde der Kläger mit seiner früheren Ehefrau zusammen veranlagt; aufgrund dieser Zusam­men­ver­an­lagung ergab sich ein Erstat­tungs­betrag von rd. 145.- € (für beide), jedoch wurde der dem Kläger früher erstattete Betrag von rd. 1.350.- € durch das Finanzamt zurückgefordert. Gegen den Zusam­men­ver­an­la­gungs­be­scheid legte der Kläger Einspruch ein, den er damit begründete, seine damalige Ehefrau habe ihn - entgegen der Vergleichs­re­gelung - nicht von den steuerlichen Nachteilen der Zustim­mungs­er­klärung freigestellt, weil er die Rückzahlung des Betrages von 1.350.- € habe tragen müssen. Das Finanzamt war hingegen der Meinung, der Kläger müsse sich an seiner im gerichtlichen Vergleich protokollierten Zustim­mungs­er­klärung festhalten lassen und wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die dagegen angestrengte Klage war erfolgreich.

Wahl auf Zusam­men­ver­an­lagung kann geändert werden

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, die Eheleute könnten bei Vorliegen der Voraussetzungen grds. zwischen Zusam­men­ver­an­lagung und getrennter Veranlagung wählen. Das Wahlrecht sei an keine Frist gebunden, ebenso wenig seien die Eheleute an eine einmal getroffene Wahl gebunden. Ein Ehegatte könne die gewählte Veranlagungsart grds. mehrfach ändern.

Bei sachlichem Grund kann das Wahlrecht auch einseitig ausgeübt werden

Die Rechtsprechung habe aber das Wahlrecht allerdings insoweit eingeschränkt, als sich ein Ehegatte nicht einseitig von der bisherigen Zusam­men­ver­an­lagung lösen dürfe, sofern dafür keine wirtschaftlich verständlichen und vernünftigen Gründe vorlägen, sondern der Antrag willkürlich erschiene. Das (erneute) Begehren des Klägers nach getrennter Veranlagung sei hier nicht als willkürlich zu werten. Für sein Verhalten liege ein sachlicher Grund vor, da eine Zusam­men­ver­an­lagung für ihn wirtschaftlich nachteilig sei, weil er einerseits den früheren Erstat­tungs­betrag verliere und nur einen anteiligen Gesam­t­er­stat­tungs­betrag aufgrund der Zusam­men­ver­an­lagung von 145.- € bekomme. Die frühere Ehefrau habe die ihr obliegende Verpflichtung aus dem Prozess­ver­gleich, den Kläger von sämtlichen steuer­recht­lichen Nachteilen freizustellen, die ihm aus einer Zusam­men­ver­an­lagung erwüchsen, nicht erfüllt. Von der Forderung des Finanzamts auf Rückzahlung des Erstat­tungs­be­trages habe sie den Kläger nicht befreit.

Zustimmung im Vergleich nicht bindend

Entgegen der Auffassung des Finanzamtes und der beigeladenen früheren Ehefrau habe der Kläger nicht bereits in dem Vergleich selbst eine ihn bindende Zustim­mungs­er­klärung zur Zusam­men­ver­an­lagung abgegeben, die dem Besteu­e­rungs­ver­fahren in jedem Falle zugrunde zu legen sei. Eine vergleichsweise Verpflichtung zur Abgabe einer Willen­s­er­klärung ersetze jedoch kein Urteil. Mit der erneuten Ausübung seines Wahlrechts sei die ursprüngliche Zustim­mungs­er­klärung des Klägers überholt gewesen. Insoweit werde der Unterschied zwischen der hier gegebenen Verpflichtung zur Abgabe einer außer­ge­richt­lichen Willen­s­er­klärung in einem Prozess­ver­gleich und einem rechtskräftigen Zivilurteil, durch welches die Erklärung selbst als abgegeben gelte, deutlich. Nur im letzteren Falle könne die Zustim­mungs­er­klärung, verkörpert durch den Ausspruch im Urteil, wirksam bleiben. Hier sei das gerade nicht so.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des FG Rheinland-Pfalz vom 18.03.2008

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