Finanzgericht Köln Urteil14.03.2012
Telefoninterviewer sind ArbeitnehmerMeinungsforschungsinstitut muss als Arbeitgeber Lohnsteuer einbehalten und abführen
Telefoninterviewer, die für ein Meinungsforschungsinstitut tätig werden, sind steuerrechtlich als Arbeitnehmer und nicht als Selbständige anzusehen. Das Institut hat deshalb als Arbeitgeber Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen. Andernfalls kann es für die Lohnsteuer in Haftung genommen werden. Dies entschied das Finanzgericht Köln.
Im zugrunde liegenden Streitfall klagte ein Meinungsforschungsinstitut, das Telefoninterviewer auf freiberuflicher Basis beschäftigt hatte. Den Interviewern stand ein Telefonarbeitsplatz im Institut zur Verfügung. Ihr Honorar wurde im Wesentlichen danach kalkuliert, wie viele Interviews durchschnittlich je Stunde durchgeführt wurden, und nach der Anzahl erfolgreich abgeschlossener Interviews bemessen. Von den gezahlten Honoraren wurden weder Sozialversicherungsbeiträge noch Lohnsteuern einbehalten. Das Finanzamt nahm das Institut für Lohnsteuer in Höhe von über einer halben Million Euro in Haftung.
Finanzgericht reduziert Haftungssumme des vom Finanzamt angesetzten Steuerhaftungsbetrages
Das Finanzgericht Köln bejahte zwar die Arbeitnehmereigenschaft der Telefoninterviewer, reduzierte aber die Haftungssumme auf rund ein Fünftel des vom Finanzamt angesetzten Steuerhaftungsbetrages. Da die Interviewtätigkeit typischerweise vielfach von Personen ohne weitere Einkünfte (z.B. Studenten) als Aushilfs- bzw. Nebentätigkeit ausgeübt werde, nahm das Gericht an, dass bei einem erheblichen Teil der Arbeitnehmer gar keine Einkommensteuer angefallen wäre bzw. die Zahlungen ordnungsgemäß versteuert worden seien.
Arbeitnehmereigenschaft von so genannten Codierern verneint
Das Gericht verneinte außerdem die Arbeitnehmereigenschaft von ebenfalls beschäftigten so genannten Codierern, die Antworten nach einem vorgeschriebenen Kennzahlenplan verschlüsselten. Diese Personen waren in Heimarbeit tätig und hätten daher eine freiere und eigenverantwortlichere, gegen eine Arbeitnehmerstellung sprechende Tätigkeit ausgeübt. Bereits vor Klageerhebung hatte das Finanzamt aus diesem Grund so genannte Face to Face-Interviewer, die persönliche Befragungen von Zielpersonen durchführten, nicht als Arbeitnehmer angesehen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.07.2012
Quelle: Finanzgericht Köln/ra-online