21.11.2024
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Hessisches Finanzgericht Urteil24.04.2013

Apotheke muss Finanzamt im Rahmen einer laufenden Betriebsprüfung keine Datei mit Einze­lauf­zeich­nungen über Barverkäufe zur Verfügung stellenFreiwillig geführte Datei über Barverkäufe führt nicht zu Vorlagepflicht bei der Betriebsprüfung

Führt ein Apotheker über die nach der Rechtsprechung zulässige Ermittlung der Tageseinnahmen durch Tages­end­sum­menbons hinaus freiwillig eine von seiner PC-Kasse erstellte Datei mit Einze­lauf­zeich­nungen der Barverkäufe, ist er in der Regel nicht verpflichtet, diese Datei dem Finanzamt bei einer Betriebsprüfung vorzulegen. Das entschied das Hessische Finanzgericht entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall klagte eine Apothekerin, die die Bareinnahmen ihrer Apotheke mit einer so genannten PC-Kasse erfasste. Die baren Tageseinnahmen stellte sie durch fortlaufende Tages­end­sum­menbons (Z-Bons) mit anschließender Nullstellung des Kassenspeichers fest. Die Summe der täglichen Bareinnahmen wurde manuell in das Kassenbuch übertragen, das Grundlage der Buchführung war. Der Aufforderung des Betriebsprüfers, auch die elektronische Datei mit den Einze­lauf­zeich­nungen der Barverkäufe vorzulegen, kam sie nicht nach. Zwar legte sie dem Betriebsprüfer eine CD mit Daten aus ihrem Kassensystem vor; die Datei mit der Einzel­do­ku­men­tation der Verkäufe hatte sie dabei jedoch entfernt.

Rechtsgrundlage für Vorlage einer Datei mit Einze­lauf­zeich­nungen der Barverkäufe nicht vorhanden

Das Hessische Finanzgericht entschied, dass für die Aufforderung des Finanzamtes, auch die Datei mit den Einze­lauf­zeich­nungen der Barverkäufe vorzulegen, keine Rechtsgrundlage bestehe. Denn für die Klägerin, die nicht an andere gewerbliche Unternehmen, sondern an Endverbraucher liefere, habe aufgrund der Größe und der Einze­lum­satz­häu­figkeit weder nach dem Handels­ge­setzbuch noch nach der Abgabenordnung oder nach berufs­recht­lichen Bestimmungen eine Verpflichtung bestanden, die einzelnen Barverkäufe manuell oder auf einem Datenträger aufzuzeichnen. Die Klägerin könne sich dabei auch auf die Rechtsprechung des Bundes­fi­nanzhofs stützen, wonach es aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität für eine ordnungsgemäße Buchführung auch im Compu­ter­zeitalter nicht erforderlich sei, Einze­lauf­zeich­nungen zu führen, wenn der Unternehmer - wie die klagende Apothekerin - gegen Barzahlung Waren von geringem Wert an eine unbestimmte Vielzahl von Kunden im offenen Ladengeschäft verkaufe. Ausreichend sei in solchen Fällen, auf Einze­lauf­zeich­nungen zu verzichten und die festgestellten Tagesendsummen täglich fortlaufend in ein Kassenbuch zu übertragen. Die Führung des Kassenbuchs solle die streitigen Einze­lauf­zeich­nungen gerade ersetzen.

Datei ist grundsätzlich nicht Bestandteil aufzu­be­wah­render Grund­auf­zeich­nungen

Dass die Klägerin gleichwohl zusätzlich die einzelnen Barverkäufe freiwillig und programm­ge­steuert in einer gesonderten Datei mitgeschrieben und gespeichert habe, ändere hieran nichts und führe nicht zu einer Vorlagepflicht bei der Betriebsprüfung. Denn die Datei sei grundsätzlich nicht Bestandteil der nach § 147 Abgabenordnung aufzu­be­wah­renden Grund­auf­zeich­nungen. Dass die Datei für das Finanzamt bei einer Verprobung der Pflichtauf­zeich­nungen hilfreich und interessant sein könne, sei unerheblich. Für den Betrieb der Apothekerin sei die gesonderte Aufzeichnung des Warenausgangs und der Einnahmen gerade nicht erforderlich. Dem Gesetzgeber stehe es allerdings frei, nach öster­rei­chischem Vorbild ein gesetzliches Zugriffsrecht auch für die außerhalb einer gesetzlichen Aufzeich­nungs­pflicht vom Steuer­pflichtigen geschaffenen Daten zu schaffen.

Nicht ordnungsgemäße Kassen­auf­zeich­nungen berechtigten Finanzamt jedoch zu Zuschätzungen

Das Hessische Finanzgericht hat abschließend und durchaus praxisrelevant aber auch klargestellt, dass die hier streitige Frage des Bestehens einer Vorlagepflicht nach § 147 AO von der Frage einer im Übrigen erkennbaren Nicht­ord­nungs­mä­ßigkeit der Buchführung und der dadurch eröffneten Schät­zungs­be­fugnis des Finanzamtes nach § 162 AO strikt zu trennen sei. So ließen nicht ordnungsgemäße Kassen­auf­zeich­nungen (z.B. Differenzen zwischen den Tagessummen laut Z-Bons und den Eintragungen im Kassenbuch oder die nicht zeitgerechte Führung des Kassenbuchs) den Schluss zu, dass nicht alle Bareinnahmen verbucht worden sind und berechtigten das Finanzamt zu Zuschätzungen.

Quelle: Hessisches Finanzgericht/ra-online

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