Ob ein derart hinreichender Anlass für ein Auskunftsverlangen vorlag, hatte der Bundesfinanzhof auf die Klage und Revision eines Arzneimittelherstellers zu prüfen. Diesen hatte die Steuerfahndung aufgefordert, die 50 Apotheken zu benennen, an die er in vorangegangenen Jahren die meisten Hormonspiralen geliefert hatte, und die Anzahl der jeweils pro Jahr gelieferten Spiralen mitzuteilen. In einigen Betriebsprüfungen bei Gynäkologen, die diese Spirale bei verschiedenen nicht ortsansässigen Apotheken eingekauft und bei Patientinnen – die Krankenkasse kommt für diese Behandlung nicht auf – gegen Bar- oder Scheckzahlung eingesetzt hatten, war nämlich festgestellt worden, dass die Ärzte den Vorgang nicht bzw. nicht vollständig in ihrer Buchführung erfasst hatten.
Das höchste deutsche Steuergericht gab den Fahndern Recht. Es sah die bei den geprüften Gynäkologen getroffenen Feststellungen wegen der nicht unerheblichen Steuerverkürzungen je Einzelfall als Anlass, der weitere Ermittlungen rechtfertige. Da die vom Pharmaunternehmen erbetene Auskunft geeignet erschien, Vorinformationen für weitere Ermittlungen zu liefern, musste es die gewünschten Informationen herausgeben. Den Einwand, als bloßer Hersteller der Hormonspirale habe das Unternehmen selbst in keinerlei Beziehung zu den Ärzten oder zu sonstigen Umständen der möglichen Steuerverkürzung gestanden, hielt der Bundesfinanzhof für unbeachtlich.
Allgemein formuliert bedeutet dies: Deckt die Betriebsprüfung in einzelnen Fällen Steuerverkürzungen auf, die in der Geschäftsabwicklung eines typischen Tätigkeitsbereichs der geprüften Steuerpflichtigen ihre Ursache haben und durch spezifische Geschehensabläufe in der Berufsgruppe bzw. Betriebssparte dieser Steuerpflichtigen begünstigt worden sind, darf die Steuerfahndung weitergehende sog. Vorfeld-Ermittlungen führen, wenn erwartet werden kann, dass sie Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen liefern. Die Verpflichtung, die entsprechenden Auskünfte zu erteilen, ist dem Einzelnen aus Gründen des Allgemeinwohls als allgemeine staatsbürgerliche Pflicht auferlegt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.02.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 11/07 des BFH vom 31.01.2007