Dokument-Nr. 12261
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Hessisches Finanzgericht Urteil06.07.2011
Hessisches FG: Gebührenreglung für so genannte verbindliche Auskünfte verfassungsgemäßGesetzliche Regelung gemäß § 89 Abs. 3 bis 5 der Abgabenordnung mit Grundgesetz vereinbar
Ein Antrag auf verbindliche Auskunft über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, aber noch nicht verwirklichten Sachverhalten ist auch dann gebührenpflichtig, wenn das Finanzamt den Antrag aus formalen Gründen ablehnt. Die entsprechende gesetzliche Regelung in § 89 Abs. 3 bis 5 Abgabenordnung ist nicht verfassungswidrig. Dies entschied das Hessische Finanzgericht.
Im zugrunde liegenden Fall klagte eine Aktiengesellschaft, die an das Finanzamt ein Auskunftsbegehren zum deutschen Besteuerungsrecht, zum Übergang eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes und zur Buchwertfortführung im Zuge einer Umstrukturierung gerichtet hatte. Im anschließenden Schriftverkehr mit dem Finanzamt nahm die Aktiengesellschaft das Auskunftsbegehren bis auf den Antrag auf verbindliche Bestätigung der Buchtwertfortführung zurück. Diesen verbliebenen Auskunftsantrag lehnte das Finanzamt wegen formeller Unzulänglichkeiten der Antragstellung ab. Zudem setzte das Finanzamt für die Bearbeitung des Auskunftsantrags unter Ansatz eines so genannten Gegenstandswerts eine Gebühr von mehreren tausend Euro fest.
Aktiengesellschaft hält zusätzliche Bezahlung der Finanzbehörden für anfallende Aufgaben im Rahmen der täglichen Arbeit für unangemessen
Nach Ansicht der Aktiengesellschaft ist die Gebührenfestsetzung verfassungswidrig. Das Deutsche Steuerrecht sei derart kompliziert, dass es kostenlos möglich sein müsse, sich bei dem zuständigen Finanzamt über die steuerliche Würdigung einer beabsichtigten Maßnahme rückzuversichern. Es sei unangemessen, die Finanzbehörden für die im Rahmen ihrer täglichen Arbeit anfallenden Aufgaben noch zusätzlich bezahlen zu müssen. Zudem stelle eine bloße Ablehnung keine Bearbeitung dar. Die möglichen steuerlichen Folgen seien von existenzieller Bedeutung gewesen, weshalb sie auf eine verbindliche Auskunft des Finanzamtes angewiesen sei.
Finanzgericht verneint Verstoß gegen allgemeinen Gleichheitssatz sowie Verstoß gegen das so genannte Übermaßverbot
Das sah das Hessische Finanzgericht anders und urteilte, dass der angefochtene Gebührenbescheid dem Grunde und der Höhe nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen des § 89 Abs. 3 bis 5 Abgabenordnung entspreche. Das Finanzamt habe auf Antrag der Aktiengesellschaft ein Verwaltungsverfahren durchgeführt, in dessen Zuge es den Antrag auch bearbeitet habe. Bereits dies löse die Gebührenpflicht aus, weil es sich um eine besondere Dienstleistung der Behörde außerhalb des regulären Besteuerungsverfahrens handele. Entgegen der Ansicht der Klägerin setze eine Bearbeitung nicht voraus, dass das Verwaltungsverfahren zu einem für den Antragsteller positiven Abschluss gekommen oder dass überhaupt eine förmliche oder verbindliche Entscheidung ergangen sei. Ausreichend sei, dass das Finanzamt aufgrund des Antrags tatsächlich tätig wird. Dies sei vorliegend angesichts des umfangreichen Schriftwechsels der Fall gewesen. Die Gebühr könne auch nicht ermäßigt werden, weil die Aktiengesellschaft ihren verbliebenen Auskunftsantrag zur Buchwertfortführung trotz des Hinweises des Finanzamts auf die beabsichtigte Ablehnung nicht zurückgenommen habe. Schließlich seien die vom Finanzamt angewandten gesetzlichen Regelungen des § 89 Abs. 3 bis 5 Abgabenordnung mit dem Grundgesetz vereinbar. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz) und gegen das so genannte Übermaßverbot liege wegen des Aspektes der Deckung der Kosten für den zusätzlichen Arbeitsaufwand und wegen des Aspektes der so genannten Vorteilsabschöpfung nicht vor.
Hintergrund:
Die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern können auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Für die Bearbeitung solcher Anträge werden Gebühren erhoben, die nach dem Wert berechnet werden, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat (Gegenstandswert). Einzelheiten sind in § 89 Abs. 2 bis 5 Abgabenordnung geregelt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.09.2011
Quelle: Hessisches Finanzgericht/ra-online
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