18.10.2024
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Hessisches Finanzgericht Urteil06.07.2011

Hessisches FG: Gebührenreglung für so genannte verbindliche Auskünfte verfas­sungsgemäßGesetzliche Regelung gemäß § 89 Abs. 3 bis 5 der Abgabenordnung mit Grundgesetz vereinbar

Ein Antrag auf verbindliche Auskunft über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, aber noch nicht verwirklichten Sachverhalten ist auch dann gebüh­ren­pflichtig, wenn das Finanzamt den Antrag aus formalen Gründen ablehnt. Die entsprechende gesetzliche Regelung in § 89 Abs. 3 bis 5 Abgabenordnung ist nicht verfas­sungs­widrig. Dies entschied das Hessische Finanzgericht.

Im zugrunde liegenden Fall klagte eine Aktiengesellschaft, die an das Finanzamt ein Auskunfts­be­gehren zum deutschen Besteu­e­rungsrecht, zum Übergang eines vortragsfähigen Gewer­be­ver­lustes und zur Buchwert­fort­führung im Zuge einer Umstruk­tu­rierung gerichtet hatte. Im anschließenden Schriftverkehr mit dem Finanzamt nahm die Aktien­ge­sell­schaft das Auskunfts­be­gehren bis auf den Antrag auf verbindliche Bestätigung der Bucht­wert­fort­führung zurück. Diesen verbliebenen Auskunftsantrag lehnte das Finanzamt wegen formeller Unzuläng­lich­keiten der Antragstellung ab. Zudem setzte das Finanzamt für die Bearbeitung des Auskunfts­antrags unter Ansatz eines so genannten Gegen­standswerts eine Gebühr von mehreren tausend Euro fest.

Aktien­ge­sell­schaft hält zusätzliche Bezahlung der Finanzbehörden für anfallende Aufgaben im Rahmen der täglichen Arbeit für unangemessen

Nach Ansicht der Aktien­ge­sell­schaft ist die Gebüh­ren­fest­setzung verfas­sungs­widrig. Das Deutsche Steuerrecht sei derart kompliziert, dass es kostenlos möglich sein müsse, sich bei dem zuständigen Finanzamt über die steuerliche Würdigung einer beabsichtigten Maßnahme rückzu­ver­sichern. Es sei unangemessen, die Finanzbehörden für die im Rahmen ihrer täglichen Arbeit anfallenden Aufgaben noch zusätzlich bezahlen zu müssen. Zudem stelle eine bloße Ablehnung keine Bearbeitung dar. Die möglichen steuerlichen Folgen seien von existenzieller Bedeutung gewesen, weshalb sie auf eine verbindliche Auskunft des Finanzamtes angewiesen sei.

Finanzgericht verneint Verstoß gegen allgemeinen Gleichheitssatz sowie Verstoß gegen das so genannte Übermaßverbot

Das sah das Hessische Finanzgericht anders und urteilte, dass der angefochtene Gebüh­ren­be­scheid dem Grunde und der Höhe nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen des § 89 Abs. 3 bis 5 Abgabenordnung entspreche. Das Finanzamt habe auf Antrag der Aktien­ge­sell­schaft ein Verwal­tungs­ver­fahren durchgeführt, in dessen Zuge es den Antrag auch bearbeitet habe. Bereits dies löse die Gebührenpflicht aus, weil es sich um eine besondere Dienstleistung der Behörde außerhalb des regulären Besteu­e­rungs­ver­fahrens handele. Entgegen der Ansicht der Klägerin setze eine Bearbeitung nicht voraus, dass das Verwal­tungs­ver­fahren zu einem für den Antragsteller positiven Abschluss gekommen oder dass überhaupt eine förmliche oder verbindliche Entscheidung ergangen sei. Ausreichend sei, dass das Finanzamt aufgrund des Antrags tatsächlich tätig wird. Dies sei vorliegend angesichts des umfangreichen Schriftwechsels der Fall gewesen. Die Gebühr könne auch nicht ermäßigt werden, weil die Aktien­ge­sell­schaft ihren verbliebenen Auskunftsantrag zur Buchwert­fort­führung trotz des Hinweises des Finanzamts auf die beabsichtigte Ablehnung nicht zurückgenommen habe. Schließlich seien die vom Finanzamt angewandten gesetzlichen Regelungen des § 89 Abs. 3 bis 5 Abgabenordnung mit dem Grundgesetz vereinbar. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz) und gegen das so genannte Übermaßverbot liege wegen des Aspektes der Deckung der Kosten für den zusätzlichen Arbeitsaufwand und wegen des Aspektes der so genannten Vorteils­ab­schöpfung nicht vor.

Hintergrund:

Erläuterungen
Die Finanzämter und das Bundes­zen­tralamt für Steuern können auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Für die Bearbeitung solcher Anträge werden Gebühren erhoben, die nach dem Wert berechnet werden, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat (Gegenstandswert). Einzelheiten sind in § 89 Abs. 2 bis 5 Abgabenordnung geregelt.

Quelle: Hessisches Finanzgericht/ra-online

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