21.11.2024
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Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil20.05.2008

Gebührenpflicht für verbindliche Auskunft des Finanzamts ist verfas­sungsgemäß"Individuelle Dienstleistung" gegenüber dem Auskunfts­su­chenden

Das Finanzgericht Baden-Württemberg entschied, dass das Finanzamt die Gebühr für eine verbindliche Auskunft zu Recht erhebt.

Ein Steuerbürger hat die Möglichkeit, beim Finanzamt die Erteilung einer verbindlichen Auskunft über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten zu beantragen. Ab 2007 wurde diese schon zuvor bestehende Möglichkeit gesetzlich näher geregelt und gleichzeitig - erstmals - eine Gebühr hierfür eingeführt.

Finanzamt setzte für verbindliche Auskunft eine Gebühr fest

Der Kläger beantragte im Jahr 2007 beim beklagten Finanzamt eine verbindliche Auskunft zu der Frage, ob er die für seine freiberufliche Dozen­ten­tä­tigkeit aufgewendeten Flugkosten zu Seminaren oder Kongressen als Betrie­bs­ausgaben abziehen könne. Das Finanzamt stimmte der Rechts­auf­fassung des Klägers zu und setzte für die Erteilung der verbindlichen Auskunft eine Gebühr fest.

Kläger: Gesetzgeber handelt treuwidrig, wenn ein nicht mehr durchschaubares Steuerrecht schafft und für eine verbindliche Auskunft eine Gebühr verlangt

Der Kläger erhob gegen den Gebüh­ren­be­scheid Klage. Es sei treuwidrig, wenn der Gesetzgeber einerseits ein nicht mehr durchschaubares Steuerrecht schaffe und dem Bürger anderseits nur durch eine kosten­pflichtige Auskunft Rechts­si­cherheit gebe. Des Weiteren verstoße die Höhe der festgesetzten Gegen­stands­gebühr gegen das Kostendeckungs- und Äquiva­lenz­prinzip. Mit der verbindlichen Auskunft gerate die Finanz­ver­waltung überdies in Konkurrenz zu den steuer­be­ra­tenden Berufen.

Gericht: Gebühr ist rechtmäßig

Das Finanzgericht entschied, dass der Gebüh­ren­be­scheid rechtmäßig sei. Die Gebühr für die Erteilung der verbindlichen Auskunft verstoße weder dem Grunde noch der Höhe nach gegen das Grundgesetz. Deshalb sei auch keine Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts einzuholen. Die Gebühr sei verfas­sungs­rechtlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe mit der Einführung der Auskunftsgebühr in § 89 Abgabenordnung erkennbar das Ziel verfolgt, den durch die Erteilung der verbindlichen Auskunft entstehenden Verwal­tungs­aufwand zu decken. Sie gleiche den Vorteil aus, die dem Steuer­pflichtigen aus dieser besonderen Dienstleistung erwachse. Auf Grund ihrer Abhängigkeit von dessen vorheriger Antragstellung sei sie ihm individuell zurechenbar.

Gericht: Verbindliche Auskunft ist eine "individuelle Dienstleistung" der Finanz­ver­waltung gegenüber dem Auskunfts­su­chenden

Bei der Erteilung von verbindlichen Auskünften gehe es um eine über die Hauptaufgaben der Finanz­ver­waltung hinausgehende "individuelle Dienstleistung" gegenüber dem Auskunfts­su­chenden. Die mit der verbindlichen Auskunft verbundene Planungs- und Rechts­si­cherheit sei ein besonderer Vorteil, an den der Staat die Gebührenpflicht knüpfen dürfe. Denn der Bürger erhalte mit der verbindlichen Auskunft vorab eine seinen steuerlichen Verhältnissen und wirtschaft­lichen Gestal­tungs­in­teressen dienende Verwal­tungs­handlung. Die Verbindlichkeit der Auskunft führe zu einer Selbstbindung der Finanz­ver­waltung. Die Gebührenpflicht für verbindliche Auskünfte sei im Übrigen auch international nicht unüblich. Gebüh­ren­pflichtige Rechtsauskünfte gebe es in Dänemark, Österreich, Schweden, der Schweiz, den USA und Kanada.

Gegen die Gebührenhöhe bestünden gleichfalls keine verfas­sungs­recht­lichen Bedenken. Der Gesetzgeber habe mit Blick auf die legitimen Gebührenzwecke einen vertretbaren Gebührenmaßstab gewählt.

Die Gebührenpflicht stelle auch keinen verfas­sungs­rechtlich bedenklichen Eingriff in die Berufsausübung der steuer­be­ra­tenden Berufe dar. Die verbindliche Auskunft sei insbesondere auch keine unzulässige Steuerberatung durch die Finanzbehörden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 08/08 des FG Baden-Württemberg vom 30.06.2008

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