Ein Steuerbürger hat die Möglichkeit, beim Finanzamt die Erteilung einer verbindlichen Auskunft über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten zu beantragen. Ab 2007 wurde diese schon zuvor bestehende Möglichkeit gesetzlich näher geregelt und gleichzeitig - erstmals - eine Gebühr hierfür eingeführt.
Der Kläger beantragte im Jahr 2007 beim beklagten Finanzamt eine verbindliche Auskunft zu der Frage, ob er die für seine freiberufliche Dozententätigkeit aufgewendeten Flugkosten zu Seminaren oder Kongressen als Betriebsausgaben abziehen könne. Das Finanzamt stimmte der Rechtsauffassung des Klägers zu und setzte für die Erteilung der verbindlichen Auskunft eine Gebühr fest.
Der Kläger erhob gegen den Gebührenbescheid Klage. Es sei treuwidrig, wenn der Gesetzgeber einerseits ein nicht mehr durchschaubares Steuerrecht schaffe und dem Bürger anderseits nur durch eine kostenpflichtige Auskunft Rechtssicherheit gebe. Des Weiteren verstoße die Höhe der festgesetzten Gegenstandsgebühr gegen das Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip. Mit der verbindlichen Auskunft gerate die Finanzverwaltung überdies in Konkurrenz zu den steuerberatenden Berufen.
Das Finanzgericht entschied, dass der Gebührenbescheid rechtmäßig sei. Die Gebühr für die Erteilung der verbindlichen Auskunft verstoße weder dem Grunde noch der Höhe nach gegen das Grundgesetz. Deshalb sei auch keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Die Gebühr sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe mit der Einführung der Auskunftsgebühr in § 89 Abgabenordnung erkennbar das Ziel verfolgt, den durch die Erteilung der verbindlichen Auskunft entstehenden Verwaltungsaufwand zu decken. Sie gleiche den Vorteil aus, die dem Steuerpflichtigen aus dieser besonderen Dienstleistung erwachse. Auf Grund ihrer Abhängigkeit von dessen vorheriger Antragstellung sei sie ihm individuell zurechenbar.
Bei der Erteilung von verbindlichen Auskünften gehe es um eine über die Hauptaufgaben der Finanzverwaltung hinausgehende "individuelle Dienstleistung" gegenüber dem Auskunftssuchenden. Die mit der verbindlichen Auskunft verbundene Planungs- und Rechtssicherheit sei ein besonderer Vorteil, an den der Staat die Gebührenpflicht knüpfen dürfe. Denn der Bürger erhalte mit der verbindlichen Auskunft vorab eine seinen steuerlichen Verhältnissen und wirtschaftlichen Gestaltungsinteressen dienende Verwaltungshandlung. Die Verbindlichkeit der Auskunft führe zu einer Selbstbindung der Finanzverwaltung. Die Gebührenpflicht für verbindliche Auskünfte sei im Übrigen auch international nicht unüblich. Gebührenpflichtige Rechtsauskünfte gebe es in Dänemark, Österreich, Schweden, der Schweiz, den USA und Kanada.
Gegen die Gebührenhöhe bestünden gleichfalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber habe mit Blick auf die legitimen Gebührenzwecke einen vertretbaren Gebührenmaßstab gewählt.
Die Gebührenpflicht stelle auch keinen verfassungsrechtlich bedenklichen Eingriff in die Berufsausübung der steuerberatenden Berufe dar. Die verbindliche Auskunft sei insbesondere auch keine unzulässige Steuerberatung durch die Finanzbehörden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.07.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 08/08 des FG Baden-Württemberg vom 30.06.2008