21.11.2024
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Hessisches Finanzgericht Urteil01.08.2012

Hessisches FG zu den Voraussetzungen für steuer­be­günstigte EntschädigungenKonkrete Umstände des Einzelfalles und vertragliche Vereinbarungen entscheidend

Das Hessische Finanzgericht hat in zwei Entscheidungen klargestellt, dass es bei der Frage, ob eine steuer­be­günstigte Entschädigung vorliegt, maßgeblich auf die konkreten Umstände des Einzelfalles und auf die vertraglichen Vereinbarungen ankommt.

In dem einen zugrunde liegenden Verfahren (Az. 10 K 761/08) hatte ein Wirtschafts­prüfer/Steuerberater im Rahmen eines Zeitmiet­ver­trages Praxisräume in einem Bürogebäude angemietet. Das Bürogebäude wurde anschließend verkauft. Der neue Eigentümer beabsichtigte den Abriss des Gebäudes und einen anschließenden Neubau. Deshalb wurde das Mietverhältnis mit dem Kläger im Rahmen einer gesonderten Vereinbarung - gegen eine Abfin­dungs­zahlung - vorzeitig aufgelöst.

FG verneint steuer­be­günstigte Entschädigung: Abfindung wurde ausschließlich als Entgelt für Räumung und Rückgabe des Mietge­gen­standes gezahlt

Das Hessische Finanzgericht urteilte, dass die Abfin­dungs­zahlung, die der Kläger von dem neuen Eigentümer für die Auflösung des Mietver­hält­nisses erhalten hatte, keine steuer­be­günstigte Entschädigung im Sinne der §§ 34, 24 Einkom­men­steu­er­gesetz (EStG) darstelle. Maßgeblich sei dabei die Sicht der Vertrags­parteien. Dazu sei der Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen, erfor­der­li­chenfalls im Wege der Auslegung, heranzuziehen. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung des Klägers mit dem neuen Eigentümer sei die gesamte Abfindung jedoch ausschließlich als Entgelt für die Räumung und Rückgabe des Mietge­gen­standes gezahlt worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Zahlung - steuer­be­günstigt - als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen des Klägers aus seiner freiberuflichen Tätigkeit gezahlt worden sei, seien nicht zu erkennen. Gegenstand der Vertrags­ver­hand­lungen sei lediglich der Preis für die Entmietung gewesen, was das Vorliegen einer steuer­be­güns­tigten Entschädigung für entgangenen Gewinn aus der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers ausschließe.

Vertragsstrafe als steuer­be­günstigte Entschädigung

In dem anderen Verfahren (Az. 11 K 459/07) ging es um die Frage, ob eine Vertragsstrafe, die ein Rechtsanwalt und Notar an eine Rechtsanwalts- und Notarsozietät zu zahlen hatte, bei der Sozietät als laufende Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit oder als steuer­be­günstigte Entschädigung oder als steuer­be­güns­tigter Veräu­ße­rungs­gewinn zu behandeln ist. Im Streitfall hatte die Sozietät mit dem anderen Rechtsanwalt vereinbart, sich bis zum Abschluss eines zunächst nur beabsichtigten Sozie­täts­ver­trages zuerst in Form einer Büroge­mein­schaft in noch anzumietenden Räumen zusam­men­zu­schließen. Der Rechtsanwalt nahm jedoch in der Folgezeit nicht an der vereinbarten Büroge­mein­schaft teil, weshalb er später aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs zum Ausgleich aller vertraglichen Ansprüche an die Sozietät einen erheblichen Betrag zu zahlen hatte.

Vertragsstrafe sind als laufende Einkünfte der Sozietät aus selbstständiger Tätigkeit anzusehen

Das Hessische Finanzgericht entschied, dass es sich bei der Zahlung nicht um eine steuer­be­günstigte Entschädigung nach §§ 34, 24 EStG, sondern um laufende Einkünfte der Sozietät aus selbstständiger Tätigkeit handele. Denn nach den konkreten Verhältnissen und nach dem Inhalt der Vereinbarung über eine Büroge­mein­schaft sowie nach dem gerichtlichen Vergleich fehle es an Leistungen, die als Ersatz für den Wegfall von Einnahmen gewährt worden seien. Bei der streitigen Zahlung handele es sich vielmehr um die bereits im Vertrag über eine Büroge­mein­schaft verabredete pauschale Vertragsstrafe. Damit fehle es an dem für die Annahme einer Entschädigung erforderlichen Wegfall der bisherigen Grundlage für den Erfül­lungs­an­spruch. Der Sozietät sei auch weder dauerhaft die Grundlage für die Erzielung künftiger Einnahmen entzogen worden noch handele es sich um einen außer­ge­wöhn­lichen Vorgang. Schließlich lägen auch nicht die Voraussetzungen für eine Tarif­ver­güns­tigung nach §§ 16, 18 Abs. 3, 34 EStG vor, weil die Sozietät insbesondere keinen Teilbetrieb oder Mitun­ter­neh­me­ranteil aufgegeben habe.

Quelle: Hessisches Finanzgericht/ra-online

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