18.10.2024
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Gerichtsbescheid04.05.2020Niedersächsisches Finanzgericht6 K 53/18
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Niedersächsisches Finanzgericht Gerichtsbescheid04.05.2020

FG Niedersachsen zur Anerkennung einer ausländischen Stiftung als gemeinnützigAnerkennung einer ausländischen Stiftung als gemeinnützig richtet sich alleine nach deutschem Recht

Das Nieder­säch­sische Finanzgericht hat sich mit den Anforderungen an eine Stiftung ausländischen Rechts befasst. Danach richtet sich deren Anerkennung als gemeinnützig allein nach deutschem Recht.

Klägerin war eine rechtsfähige Stiftung nach öster­rei­chischem Recht, die unter Anwendung des sog. Typenvergleichs nach den Feststellungen des Senates nach ihrer wirtschaft­lichen und rechtlichen Struktur einem deutschen Körper­schaft­steu­er­subjekt entspricht. Sie fällt damit in den Anwen­dungs­bereich des § 2 Nr. 1 KStG, sodass im Streitfall das Verfahren wegen gesonderter Feststellung gem. § 60 a Abs. 1 Satz 1 AO i.V. mit § 60 a Abs. 2 Nr. 2 AO über die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO als Annexverfahren zur Körperschaftsteuer anzuwenden war.

Satzung entspricht nicht der Mustersatzung

Die Klägerin verfügte über Vermögen im Inland sowie in Österreich und war nach öster­rei­chischem Recht als gemeinnützig anerkannt. Nach ihrer Satzung ist Stiftungszweck die Förderung von Kunst und Kultur, insbesondere des politischen deutsch­spra­chigen Kabaretts im Sinne des Lebenswerkes des Stifter­ehe­paares. Nach den weiteren Bestimmungen der Satzung verfolgt die Stiftung mildtätige und gemeinnützige Ziele im Sinne der öster­rei­chischen Bunde­s­ab­ga­ben­ordnung. Die Satzung der Klägerin entspricht nicht vollständig der Mustersatzung nach § § 60 Abs. 1 Satz 2 AO.

Deutschland nicht zur Anerkennung des Gemein­nüt­zig­keits­status ausländischen Rechts verpflichtet

Nach dem Gerichts­be­scheid des Nieder­säch­sischen Finanzgerichts erfüllt die Satzung der Klägerin dennoch die Voraussetzungen der §§ 51, 59, 60 und 61 AO. Ausgangspunkt und Maßstab der Prüfung sei dabei allein das (innerstaatliche) deutsche Recht, unabhängig davon, dass die betreffende Körperschaft im Ausland ansässig ist. Die Bundesrepublik Deutschland sei auch aus Gründen des Unionsrechts - insbesondere der Grundfreiheiten - nicht verpflichtet, den Gemein­nüt­zig­keits­status ausländischen Rechts anzuerkennen.

Grenz­über­schrei­tenden Gemein­nüt­zigkeit im Anwen­dungs­bereich der unions­recht­lichen Grundfreiheiten zu berücksichtigen

Ausgangspunkt und Maßstab seien sonach allein § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG i.V. mit §§ 52 ff. AO. Die Satzung der Klägerin müsse daher gem. § 60 Abs. 1 Satz 2 AO die in der Anlage 1 zur AO bezeichneten Festlegungen enthalten. Dabei sei bei der im Streitfall vorliegenden grenz­über­schrei­tenden Gemeinnützigkeit im Anwen­dungs­bereich der unions­recht­lichen Grundfreiheiten nach Auffassung des Gerichts jedoch zu berücksichtigen, dass ausländische Körperschaften typischerweise keine den Vorgaben des § 60 Abs. 1 Satz 2 AO entsprechende Satzung haben, sodass die vorgenannten Regelungen eine (mittelbare) Diskriminierung der ausländischen Körperschaften beinhalten würden, ohne dass hierfür eine Rechtfertigung bestünde. § 60 Abs. 1 Satz 2 AO müsse damit im Lichte der Grundfreiheiten einschränkend in der Weise ausgelegt werden, dass im Ergebnis auch eine nicht in deutscher Sprache abgefasste Satzung genüge, wenn diese materiell vergleichbare Festlegungen enthalte.

Finanzamt zum Erlass eines Feststel­lungs­be­scheides nach § 60 a AO verpflichtet

Dies müsse zur Überzeugung des Senates auch dann gelten, wenn die Satzung zwar - wie im Streitfall - in deutscher Sprache abgefasst sei, aber von der Mustersatzung abweichende Formulierungen enthalte. Unter Berück­sich­tigung dieser Grundsätze hat der Senat in seiner Entscheidung festgestellt, dass das beklagte Finanzamt zum Erlass eines Feststel­lungs­be­scheides nach § 60 a AO verpflichtet ist.

Revision zugelassen

Der Senat hat die Revision zugelassen, da die Frage des Zusammenwirkens der Vorschriften anderer Staaten (hier der öster­rei­chischen Bunde­s­ab­ga­ben­ordnung) mit den deutschen Vorschriften des Gemein­nüt­zig­keits­rechts bei im Inland beschränkt steuer­pflichtigen ausländischen Stiftungen bisher nicht höchst­rich­terlich entschieden sei.

Quelle: Finanzgericht Niedersachsen, ra-online (pm/ab)

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