18.10.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil09.09.2010

EuGH: Deutsche Regelung zu Nachtflügen nach Zürich weiterhin gültigMaßnahmen stellen kein Verbot der Ausübung von Verkehrsrechten dar

Die Entscheidung der Kommission, mit der die deutschen Maßnahmen bezüglich der An-/Abflüge zum/vom Flughafen Zürich gebilligt werden, ist gültig. Diese Maßnahmen stellen kein Verbot der Ausübung von Verkehrsrechten dar, sondern eine bloße Änderung der betreffenden Flugwege. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften.

Der Flughafen Zürich befindet sich in Kloten (Schweiz), nordöstlich der Stadt Zürich und rund 15 km südöstlich der Staatsgrenze zwischen der Schweiz und Deutschland. Aufgrund der Nähe zur deutschen Grenze muss bei der Mehrheit der in Zürich ankommenden Flüge und bei den meisten Starts am frühen Morgen und späten Abend der deutsche Luftraum durchflogen werden.

Deutsches Luftfahrt­bun­desamt erlässt 2003 nationale Luftver­kehrs­re­gelung

Die Nutzung dieses Luftraums war zwischen 1984 und 2001 in einem zweiseitigen Abkommen zwischen der Schweiz und Deutschland geregelt, und anschließend Gegenstand von Verhandlungen. 2003 erließ das deutsche Luftfahrt­bun­desamt eine nationale Luftver­kehrs­re­gelung. Darin werden Maßnahmen festgelegt, mit denen bei normalen Wetter­be­din­gungen der Überflug deutschen Hoheitsgebiets nahe der schweizerischen Grenze in geringer Höhe zwischen 21 und 7 Uhr an Wochentagen und zwischen 20 und 9 Uhr an Wochenenden und Feiertagen verhindert werden soll, um die Lärmbelastung der dortigen Bevölkerung zu verringern.

Maßnahmen nationaler Regelung Deutschlands sollen laut Antrag der Schweiz keine Anwendung mehr finden

Unter Berufung auf das Abkommen zwischen der Gemeinschaft und der Schweiz über den Luftverkehr, das für die Zwecke des Abkommens die Anwendung der Verordnung Nr. 2408/92 über den Zugang von Luftfahrt­un­ter­nehmen der Gemeinschaft zu Strecken des inner­ge­mein­schaft­lichen Flugverkehrs vorsieht, legte die Schweiz am 10. Juni 2003 eine Beschwerde bei der Kommission mit dem Antrag ein, eine Entscheidung dahingehend zu treffen, dass Deutschland die mit der nationalen Regelung eingeführten Maßnahmen nicht mehr anwenden kann.

Schweiz rügt Verstoß gegen Grundsätze der Gleich­be­handlung, Verhält­nis­mä­ßigkeit und Dienst­leis­tungs­freiheit im Luftverkehr

Am 5. Dezember 2003 entschied die Kommission, dass Deutschland seine nationale Regelung weiter anwenden darf. Die Schweiz klagte gegen diese Entscheidung; sie machte u. a. geltend, die Kommission hätte die deutschen Maßnahmen anhand von Art. 9 der genannten Verordnung prüfen müssen, der Betrie­bs­vor­schriften betrifft, die die Ausübung von Verkehrsrechten von bestimmten Bedingungen abhängig machen, einschränken oder verweigern, und rügte einen Verstoß gegen die Grundsätze der Gleich­be­handlung, der Verhält­nis­mä­ßigkeit und der Dienst­leis­tungs­freiheit im Luftverkehr.

Entscheidung der Kommission rechts­feh­lerfrei ergangen

Mit seinem Urteil bestätigte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Entscheidung der Kommission.

Das Gericht stellt zunächst fest, dass der Kommission kein Rechtsfehler unterlaufen ist, als sie angenommen hat, dass die deutschen Maßnahmen die Ausübung von Verkehrsrechten nicht von bestimmten Bedingungen abhängig machen, einschränken oder verweigern. Denn die deutschen Maßnahmen implizieren keinerlei – auch kein bedingtes oder partielles – Verbot des Durchflugs des deutschen Luftraums für Flüge von und nach dem Flughafen Zürich, sondern beschränken sich auf eine bloße Änderung der betreffenden Flugwege nach dem Start von oder vor der Landung auf dem Flughafen Zürich.

Deutsche Maßnahmen stehen in angemessenen Verhältnis zu verfolgtem Ziel der Verringerung der Fluglärm­be­lastung

Zum Verstoß gegen den Grundsatz der Gleich­be­handlung zum Nachteil der schweizerischen Luftfahrt­un­ter­nehmen, die den Flughafen Zürich als Drehkreuz benutzen, stellt das Gericht fest, dass die Nähe zu einem Fremden­ver­kehrs­gebiet und damit zu einem besonders lärmemp­find­lichen Gebiet einen objektiven Umstand darstellt, der den Erlass dieser Maßnahmen nur für den Flughafen Zürich rechtfertigt. Das Gericht führt weiter aus, dass die deutschen Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihnen verfolgten Ziel – der Verringerung der Fluglärm­be­lastung in einem an die Schweiz angrenzenden Teil des deutschen Hoheitsgebiets während der Nachtstunden und an Wochenenden – stehen, da Deutschland über keine anderen Möglichkeiten zur Lärmver­rin­gerung verfügte.

Fragliche Maßnahmen sind verhältnismäßig

Zum Verstoß gegen die Dienst­leis­tungs­freiheit im Luftverkehr stellt das Gericht fest, dass das Ziel der Verringerung der Lärmbelastung einen spezifischen Aspekt des Umweltschutzes darstellt, der zu den zwingenden Gründen des Allge­mein­in­teresses gehört, die Beschränkungen der durch den EG-Vertrag verbürgten Grundfreiheiten, insbesondere auch des freien Dienst­leis­tungs­verkehrs, rechtfertigen können, und dass die fraglichen Maßnahmen insoweit verhältnismäßig sind.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH)ra-online

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