18.10.2024
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Dokument-Nr. 15394

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Urteil07.03.2013Gerichtshof der Europäischen UnionC-607/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • EuZW 2013, 425Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (EuZW), Jahrgang: 2013, Seite: 425
  • GRUR 2013, 500Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2013, Seite: 500
  • K&R 2013, 245Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2013, Seite: 245
  • MMR 2013, 459Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2013, Seite: 459
  • ZUM 2013, 390Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht (ZUM), Jahrgang: 2013, Seite: 390
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ergänzende Informationen

Gerichtshof der Europäischen Union Urteil07.03.2013

Weiter­ver­breitung von Sendungen durch ein anderes Unternehmen bedarf Erlaubnis des UrhebersTVCatchup Ltd hat ohne Einverständnis der Fernsehsende­unternehmen Sendungen im Internet veröffentlicht

Fernsehsende­unternehmen können die Weiter­ver­breitung ihrer Sendungen durch ein anderes Unternehmen über Internet verbieten. Diese Weiter­ver­breitung stellt nämlich unter bestimmten Voraussetzungen eine „öffentliche Wiedergabe“ der Werke dar, die der Erlaubnis des Urhebers der Werke bedarf. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.

Das Unionsrecht hat zum Ziel, ein hohes Schutzniveau für die Urheber zu erreichen und diesen damit die Möglichkeit zu geben, für die Nutzung ihrer Werke u. a. bei einer öffentlichen Wiedergabe eine angemessene Vergütung zu erhalten. Zu diesem Zweck haben die Urheber das ausschließliche Recht, jede öffentliche Wiedergabe ihrer Werke zu erlauben oder zu verbieten.

Empfang von Fernseh­sen­dungen in "Echtzeit" duch Internet Streams

In dem zugrunde liegenden Fall bietet die TVCatchup Ltd (TVC) über das Internet Dienst­leis­tungen an, die die Verbreitung von Fernseh­sen­dungen betreffen. Diese Dienst­leis­tungen ermöglichen es den Nutzern, über das Internet Streams von frei zugänglichen Fernseh­sen­dungen in „Echtzeit“ zu empfangen. TVC vergewissert sich, dass die Nutzer ihrer Dienst­leis­tungen nur Zugang zu einem Inhalt erhalten, den sie bereits aufgrund ihrer Fernsehempfangslizenz im Vereinigten Königreich rechtmäßig sehen dürfen. Die Bedingungen, mit denen sich die Nutzer einverstanden erklären müssen, umfassen den Besitz einer gültigen Fernse­h­emp­fangs­lizenz und die Beschränkung der Dienste von TVC auf das Vereinigte Königreich. Die Website von TVC verfügt über Einrichtungen, die es ihr erlauben, den Ort zu überprüfen, an dem sich der Nutzer befindet, und versagt den Zugang, wenn die den Nutzern auferlegten Bedingungen nicht erfüllt sind.

Fernseh­sen­de­un­ter­nehmen werfen TVC Verletzung der Urheberrechte vor

Mehrere britische kommerzielle Fernsehsendeunternehmen gingen gegen die Verbreitung ihrer Fernseh­sen­dungen über Internet praktisch in Echtzeit durch TVC vor. Sie erhoben gegen TVC Klage beim High Court of Justice (England & Wales) (Chancery Division) wegen Verletzung ihrer Urheberrechte an ihren Sendungen und ihren Filmen durch eine nach nationalem Recht und nach der Richtlinie 2001/29 verbotene öffentliche Wiedergabe.

Das nationale Gericht fragt den Gerichtshof, ob eine Einrichtung wie TVC Sendungen im Sinne der Richtlinie 2001/29 öffentlich wiedergibt, wenn sie die Sendungen über das Internet an Mitglieder des Publikums verbreitet, die zum Zugang zum Signal der Erstsendung unter Benutzung ihrer eigenen heimischen Fernsehgeräte oder ihrer eigenen heimischen tragbaren Computer berechtigt wären.

Einverständnis des Urhebers erforderlich

Zunächst bestimmt der Gerichtshof den Inhalt des Begriffs „Wiedergabe“ und prüft, ob im vorliegenden Fall die Tätigkeit von TVC unter diesen Begriff fällt. Nach der Richtlinie 2001/29 umfasst das für die öffentliche Wiedergabe geltende Urheberrecht jegliche drahtgebundene oder drahtlose Übertragung oder Weiterverbreitung einschließlich der Rundfun­k­über­tragung an die Öffentlichkeit, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend ist. Ferner erschöpft sich das Recht, andere öffentliche Wiedergaben dieser Werke zu erlauben oder zu verbieten, nicht mit der Genehmigung der Integrierung geschützter Werke in eine öffentliche Wiedergabe. Daher muss nach Ansicht des Gerichtshofs, wenn ein Werk Gegenstand mehrfacher Nutzungen ist, jede Sendung oder Weiter­ver­breitung dieses Werks, die nach einem spezifischen technischen Verfahren erfolgt, vom Urheber des betreffenden Werks grundsätzlich einzeln erlaubt werden.

Zugäng­lich­machung durch Weiter­ver­breitung ist als "Wiedergabe" im Sinne der Richtlinie zu betrachten

Da eine Zugäng­lich­machung der Werke durch Weiter­ver­breitung einer terrestrischen Fernsehsendung über Internet nach einem spezifischen technischen Verfahren erfolgt, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet, ist sie als „Wiedergabe“ im Sinne der Richtlinie zu betrachten. Infolgedessen kann eine solche Weiter­ver­breitung nicht ohne Erlaubnis der Urheber der weiter­ver­breiteten Werke vorgenommen werden, wenn die Werke öffentlich wiedergegeben werden.

Kumulative Wirkung muss beachtet werden

Zweitens prüft der Gerichtshof, ob die geschützten Werke tatsächlich „öffentlich“ wiedergegeben worden sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs umfasst der Begriff der Öffentlichkeit eine unbestimmte Zahl potenzieller Adressaten und impliziert eine ziemlich große Zahl von Personen. Der Gerichtshof stellt klar, dass die kumulative Wirkung zu beachten ist, die sich daraus ergibt, dass die Werke den potenziellen Adressaten zugänglich gemacht werden. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Zahl der Personen, die neben- und nacheinander Zugang zum selben Werk haben, von Bedeutung.

In diesem Fall handelt es sich um eine "öffentliche Wiedergabe"

Der Gerichtshof stellt fest, dass im vorliegenden Fall die Weiter­ver­breitung der Werke über das Internet sich an sämtliche im Vereinigten Königreich ansässigen Personen richtet, die über einen Internetanschluss verfügen und erklären, Inhaber einer Fernse­h­emp­fangs­lizenz in diesem Staat zu sein. Diese Personen können im Rahmen des „Livestreaming“ der Fernseh­sen­dungen über das Internet nebeneinander Zugang zu den geschützten Werken haben. Somit richtet sich diese Weiter­ver­breitung an eine unbestimmte Anzahl potenzieller Adressaten und erfasst eine große Zahl von Personen. Der Gerichtshof stellt daher fest, dass die geschützten Werke durch die in Rede stehende Weiter­ver­breitung tatsächlich im Sinne der Richtlinie öffentlich wiedergegeben werden.

Gerichtshof klärt über den Begriff "öffentiche Wiedergabe" auf

Infolgedessen antwortet der Gerichtshof, dass der Begriff „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass er eine Weiter­ver­breitung der in eine terrestrische Fernsehsendung integrierten Werke umfasst, die durch eine andere Einrichtung als das ursprüngliche Sende­un­ter­nehmen mittels eines Inter­net­stre­amings vorgenommen wird, das den Abonnenten dieser Einrichtung zugänglich gemacht wird, die diese Weiter­ver­breitung dadurch empfangen können, dass sie sich mit dem Server dieser Einrichtung verbinden, obwohl sich diese Abonnenten im Sendegebiet dieser terrestrischen Fernsehsendung befinden und diese rechtmäßig mittels eines Empfangsgeräts empfangen können.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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