18.10.2024
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Dokument-Nr. 19331

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Urteil05.06.2014Gerichtshof der Europäischen UnionC-557/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2014, 2417Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2014, Seite: 2417
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil05.06.2014

Kartell­be­teiligte haften für die durch wettbe­wer­bs­widrige Absprachen entstandene SchädenSchadensersatz nach Kartell­rechts­verstoß

Führt ein Kartell dazu, dass die Wettbewerber sich veranlasst sehen, ihre Preise zu erhöhen, können die Kartell­be­tei­ligten für den dadurch entstandenen Schaden haftbar sein. In einem solchen Fall kann der Geschädigte auch dann Schadensersatz verlangen, wenn er keine vertraglichen Beziehungen zu den Kartell­be­tei­ligten hat. Dies geht aus einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union hervor.

Das Unionsrecht verbietet wettbe­wer­bs­widrige Absprachen. In diesem Zusammenhang haften Unternehmen, die sich an einem Kartell beteiligen, für den Schaden, der Dritten durch diesen Verstoß gegen das Wettbe­wer­bsrecht entstehen kann.

Kommission und österreichische Behörden verhängen Geldbußen gegen mehrere Unternehmen wegen Teilnahmen an Kartellen

Im Jahr 2007 verhängte die Kommission gegen die Gruppen Kone, Otis, Schindler und ThyssenKrupp Geldbußen von insgesamt 992 Mio. Euro wegen ihrer Teilnahme an Kartellen beim Einbau und bei der Wartung von Aufzügen und Fahrtreppen in Belgien, Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden. Im Jahr 2008 verhängten auch die öster­rei­chischen Behörden Geldbußen gegen mehrere Unternehmen (darunter Kone, Otis und Schindler) wegen Bildung eines die genannten Produkte betreffenden Kartells auf dem öster­rei­chischen Markt. Das Kartell sollte den Beteiligten einen höheren als den unter normalen Wettbe­wer­bs­be­din­gungen erzielbaren Preis sichern.

Öster­rei­chisches Unternehmen verlangt von den am Kartell Beteiligten Schadensersatz

Die ÖBB Infrastruktur AG (ÖBB), eine Tochter­ge­sell­schaft der öster­rei­chischen Bundesbahnen, kaufte Aufzüge und Fahrtreppen von nicht am Kartell beteiligten Unternehmen. Sie verlangt von den am öster­rei­chischen Kartell Beteiligten Schadensersatz in Höhe von 1.839 239,74 Euro. Der Schaden soll sich daraus ergeben, dass die Lieferanten von ÖBB einen höheren Preis angesetzt hätten, als sie dies ohne das Kartell getan hätten.

Nationales Gericht erbittet Entscheidung des EuGH über Zulässigkeit der Schaden­s­er­satz­for­derung

Der mit dem Rechtsstreit befasste Oberste Gerichtshof möchte vom Gerichtshof wissen, ob die Kartell­be­tei­ligten für den von ÖBB geltend gemachten Schaden haftbar gemacht werden können. Nach öster­rei­chischem Recht ist ein Schadensersatz nämlich nicht möglich, weil der Schaden durch eine Entscheidung des nicht am Kartell beteiligten Lieferanten verursacht wurde, der rechtmäßig handelte.

Bei ursächlichem Zusammenhang zwischen Schaden und fraglichem Kartell ist Schadensersatz möglich

In seinem Urteil weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass die praktische Wirksamkeit des Verbots wettbe­wer­bs­widriger Absprachen beeinträchtigt wäre, wenn der Einzelne nicht Ersatz des ihm durch einen Verstoß gegen die Wettbe­wer­bs­regeln entstandenen Schadens verlangen könnte. In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof fest, dass jedermann Ersatz des ihm entstandenen Schadens verlangen kann, wenn zwischen dem Schaden und dem fraglichen Kartell ein ursächlicher Zusammenhang besteht.

Anpassung der Preise an den durch Kartell entstandenen Marktpreis kann Kartell­be­tei­ligten nicht verborgen bleiben

Sodann führt der Gerichtshof aus, dass ein Kartell zur Folge haben kann, dass Unternehmen, die ihm nicht angehören, ihre Preise an den durch das Kartell entstandenen Marktpreis anpassen, was den Kartell­be­tei­ligten nicht verborgen bleiben kann. Der Marktpreis ist nämlich einer der wichtigsten Gesichtspunkte, die ein Unternehmen bei der Festsetzung des Preises berücksichtigt, zu dem es seine Waren oder Dienst­leis­tungen anbietet.

Durch Preissteigerung Geschädigte müssen von Kartell­be­tei­ligten Ersatz für entstandenen Schadens verlangen können

Daher kann eine solche Entscheidung über die Festsetzung eines Angebotspreises, auch wenn sie als völlig autonome, auf der Ebene jedes Unternehmens, das dem Kartell nicht angehört, getroffene Entscheidung anzusehen ist, unter Heranziehung eines durch das Kartell verfälschten Marktpreises getroffen werden. Ist erwiesen, dass das Kartell nach den Umständen des konkreten Falles und insbesondere den Besonderheiten des betreffenden Marktes eine Erhöhung der geltenden Preise durch nicht am Kartell beteiligte Wettbewerber zur Folge haben kann, müssen die durch diese Preissteigerung Geschädigten somit von den Kartell­be­tei­ligten den Ersatz des ihnen entstandenen Schadens verlangen können.

Unionsrecht steht öster­rei­chischem Recht entgegensteht

Unter diesen Umständen stellt der Gerichtshof fest, dass das Unionsrecht dem öster­rei­chischen Recht insoweit entgegensteht, als Letzteres für den Ersatz von Schäden, die durch ein Kartell entstehen, kategorisch und unabhängig von den speziellen Umständen des konkreten Falles verlangt, dass zwischen dem Geschädigten und den Kartell­be­tei­ligten vertragliche Beziehungen bestehen.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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