03.12.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil04.07.2018

"Wet lease": Ansprüche auf Ausgleichs­leistungen bei großen Flugver­spä­tungen sind gegen ursprünglich gebuchte Flugge­sell­schaft zu richtenAuch bei Anmietung eines Flugzeugs mit Besatzung trägt gebuchte Flugge­sell­schaft operationelle Verantwortung

Im Fall einer großen Flugverspätung ist zur Zahlung der den Fluggästen zustehenden Ausgleichs­leistung nicht diejenige Flugge­sell­schaft verpflichtet, die das verwendete Flugzeug samt Besatzung vermietet hat, sondern diejenige, die entschieden hat, den Flug durchzuführen. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.

Herr Wolfgang Wirth und andere Fluggäste buchten bei der Fluggesellschaft TUIfly einen Flug von Hamburg nach Cancún (Mexiko). Zur Durchführung dieses Fluges bediente sich TUIfly eines bei einer anderen Flugge­sell­schaft, Thomson Airways, gemieteten Flugzeugs mit Besatzung ("wet lease"). In der Buchungs­be­stä­tigung hieß es dazu, dass die Buchungen von TUIfly vorgenommen würden, der Flug aber von Thomson Airways "ausgeführt" werde.

Thomson Airways verweigert Zahlung von Ausgleichs­leis­tungen

Da es bei dem Flug zu einer großen Verspätung kam, verlangten Herr Wirth und die anderen Fluggäste von Thomson Airways die Zahlung der Ausgleichs­leistung, die ihnen ihrer Ansicht nach gemäß der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung* zusteht. Thomson Airways verweigerte die Zahlung dieser Ausgleichs­leistung mit der Begründung, dass sie nicht das ausführende Luftfahrt­un­ter­nehmen im Sinne dieser Verordnung gewesen sei**. Da TUIfly die operationelle Verantwortung für die Durchführung des Fluges getragen habe, müssten die Forderungen auf Ausgleichs­leistung gegen diese Flugge­sell­schaft gerichtet werden.

Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht Hamburg den Gerichtshof um eine Klärung des Begriffs "ausführendes Luftfahrt­un­ter­nehmen" ersucht.

Flugge­sell­schaft mit operationeller Verantwortung ist als ausführendes Luftfahrt­un­ter­nehmen anzusehen

In seinem Urteil stellte der Gerichtshof fest, dass die Flugge­sell­schaft, die die Entscheidung trifft, einen bestimmten Flug durchzuführen - die Festlegung seiner Flugroute eingeschlossen - und dadurch ein an Interessierte gerichtetes Angebot für den Luftverkehr zu schaffen, als ausführendes Luftfahrt­un­ter­nehmen anzusehen ist. Eine solche Entscheidung zu treffen bedeutet nämlich, dass diese Flugge­sell­schaft die Verantwortung für die Durchführung des Fluges, einschließlich insbesondere seiner etwaigen Annullierung oder einer etwaigen großen Verspätung bei seiner Ankunft, übernimmt. Daher kann eine Flugge­sell­schaft, die - wie in dieser Rechtssache Thomson Airways - einer anderen Flugge­sell­schaft ein Flugzeug samt Besatzung vermietet ("wet lease"), für den Flug aber nicht die operationelle Verantwortung trägt, nicht als ausführendes Luftfahrt­un­ter­nehmen im Sinne der Verordnung eingestuft werden. Insoweit ist unerheblich, dass es in der den Fluggästen ausgestellten Buchungs­be­stä­tigung heißt, dass der Flug von der erstgenannten Flugge­sell­schaft ausgeführt wird.

Erläuterungen

* Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unter­stüt­zungs­leis­tungen für Fluggäste im Fall der Nicht­be­för­derung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91(ABl. 2004, L 46, S. 1).

** Nach der Verordnung gilt diese für das "ausführende Luftfahrt­un­ter­nehmen".

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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