15.11.2024
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Dokument-Nr. 9502

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Urteil15.04.2010Gerichtshof der Europäischen UnionC-518/08
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil15.04.2010

EuGH zur Folge­rechts­ver­gütung nach dem Tod des Urhebers eines KunstwerksMitglieds­s­taaten können Kategorien von Personen für Folge­rechts­ver­gütung selbst festlegen

Die Mitgliedstaaten können bestimmen, welche Kategorien von Personen nach dem Tod des Urhebers eines Kunstwerks Anspruch auf Folge­rechts­ver­gü­tungen haben. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften.

Gleichwohl hat im Ausgangsfall das vorlegende Gericht alle einschlägigen Bestimmungen zu berücksichtigen, um festzustellen, welches nationale Recht für die nach dem Tod von Salvador Dalí anfallenden Folge­rechts­ver­gü­tungen gilt, und damit den tatsächlich Begünstigten zu ermitteln.

Richtlinie zum Folgerecht des Urhebers eines Kunstwerks

Die Richtlinie 2001/84/EG sieht obligatorisch ein Folgerecht zugunsten des Urhebers eines Kunstwerks und, nach seinem Tod, zugunsten seiner Rechts­nach­folger vor. Das Folgerecht ist ein Recht des geistigen Eigentums, das dem Urheber und später seinen Rechts­nach­folgern einen Anspruch auf Beteiligung am Verkaufspreis aus jeder Weiter­ver­äu­ßerung eines Werks nach der ersten Veräußerung durch den Urheber gewährt. Dieses Recht steht zu Lebzeiten dem Urheber und nach seinem Tod siebzig Jahre lang seinen Rechts­nach­folgern zu. Das französische Recht beschränkt den Kreis der nach dem Tod des Urhebers durch das Folgerecht Begünstigten auf die Erben des Urhebers unter Ausschluss von Vermächt­nis­nehmern. Der Künstler kann dieses Recht daher nicht testamentarisch als Vermächtnis aussetzen.

Salvador Dalí setzt spanischen Staat als Gesamt­ver­mächt­nis­nehmer seiner Immate­ri­a­l­gü­ter­rechte ein

Der Maler Salvador Dalí starb am 23. Januar 1989 in Spanien unter Hinterlassung von fünf gesetzlichen Erben, die seiner Familie angehören. Salvador Dalí hatte durch letztwillige Verfügung den spanischen Staat als Gesamt­ver­mächt­nis­nehmer seiner gesamten Immate­ri­a­l­gü­ter­rechte eingesetzt. Verwaltet werden diese Rechte von einer Stiftung spanischen Rechts, der Fundación Gala-Salvador Dalí, die 1983 auf Initiative des Malers gegründet worden war.

ADAGP mit Verwaltung der Urheberrechte im französischen Staatsgebiet beauftragt

Die Fundación Gala-Salvador Dalí betraute ihrerseits im Jahr 1997 die VEGAP, eine Gesellschaft spanischen Rechts, exklusiv und weltweit mit der kollektiven Verwaltung und Wahrnehmung der Urheberrechte am Werk von Salvador Dalí. Die VEGAP ist u. a. vertraglich mit ihrer Schwes­ter­ge­sell­schaft in Frankreich, der ADAGP, verbunden, die sie mit der Verwaltung dieser Urheberrechte im französischen Staatsgebiet beauftragt hat.

ADAGP zahlt Folge­rechts­ver­gü­tungen an Erben Salvador Dalís aus

Seither erhob die ADAGP die Beträge, die für die Verwertung des Werks von Salvador Dalí in Frankreich anfielen, und leitete sie über die VEGAP an die Fundación Gala-Salvador Dalí weiter. Hiervon ausgenommen blieben jedoch die Folge­rechts­ver­gü­tungen. Diese zahlte die ADAGP nämlich gemäß dem französischen Recht unmittelbar an die Erben von Salvador Dalí aus.

Fundación Gala-Salvador Dalí sieht sich als rechtmäßigen Empfänger der Folge­rechts­ver­gütung

Da die Fundación Gala-Salvador Dalí und die VEGAP der Ansicht waren, dass aufgrund des Testaments von Salvador Dalí und des spanischen Rechts die Folge­rechts­ver­gü­tungen, die aus Versteigerungen von Werken des Künstlers im französischen Staatsgebiet erzielt wurden, an sie selbst zu zahlen seien, erhoben sie gegen die ADAGP vor dem Tribunal de grande instance de Paris eine entsprechende Zahlungsklage. Im Rahmen dieses Rechtsstreits hat das französische Gericht dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, ob die Richtlinie 2001/84 einer inner­staat­lichen Rechts­vor­schrift entgegensteht, die die Folge­rechts­ver­gü­tungen unter Ausschluss testamentarisch eingesetzter Vermächt­nis­nehmer allein den gesetzlichen Erben des Künstlers vorbehält.

Mitgliedstaaten kann Kategorien von Personen für Folge­rechts­ver­gütung selbst festlegen

In seinem Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass es im Licht der mit der Richtlinie 2001/84 verfolgten Ziele den Mitgliedstaaten freisteht, ihre eigenen gesetz­ge­be­rischen Entscheidungen zu treffen, um die Kategorien von Personen festzulegen, denen nach dem Tod des Urhebers eines Kunstwerks das Folgerecht zugutekommen kann.

Ziele der Richtlinie

Der Gerichtshof führt dazu aus, dass für den Erlass der Richtlinie 2001/84 zwei Ziele maßgebend waren. Zum einen sollte die Richtlinie den Urhebern von Werken der bildenden Kunst eine wirtschaftliche Beteiligung am Erfolg ihrer Werke garantieren, und zum anderen sollte sie Wettbe­wer­bs­ver­zer­rungen auf dem Kunstmarkt beseitigen, weil die Zahlung von Folge­rechts­ver­gü­tungen nur in bestimmten Mitgliedstaaten dazu angetan war, Verkäufe von Kunstwerken in solche Mitgliedstaaten zu verlagern, in denen es ein Folgerecht nicht gab. Zu dem ersten Ziel, Künstlern ein bestimmtes Verdienstniveau zu gewährleisten, bemerkt der Gerichtshof, dass seine Verwirklichung dadurch, dass das Folgerecht nach dem Tod des Künstlers auf bestimmte Kategorien von Berechtigten unter Ausschluss anderer übergeht, keineswegs beeinträchtigt wird.

Richtlinie sollte Benachteiligung von Auktionshäusern oder Kunsthändlern entgegenwirken

Hinsichtlich des zweiten Ziels stellt der Gerichtshof klar, dass der Unions­ge­setzgeber eine Situation beheben wollte, in der sich die Verkäufe von Kunstwerken in Mitgliedstaaten konzentriert hatten, in denen das Folgerecht nicht oder nur in geringerer Höhe bestand als in anderen Mitgliedstaaten, wodurch die in Letzteren ansässigen Auktionshäuser oder Kunsthändler benachteiligt wurden. Es erschien daher unerlässlich, im Hinblick auf Kunstwerke und Verkäufe, die vom Folgerecht erfasst werden, sowie dessen Bemes­sungs­grundlage und Höhe eine Harmonisierung herbeizuführen. Demgemäß ist die durch die Richtlinie vorgesehene Harmonisierung auf die nationalen Rechts­vor­schriften beschränkt, die sich am unmittelbarsten auf das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken, während Unterschiede zwischen diesen Rechts­vor­schriften, die sich auf das Funktionieren des Binnenmarkts nicht nachteilig auswirken können, nicht zu beseitigen sind; zu den letztgenannten Rechts­vor­schriften gehören jedoch auch die Regelungen, mit denen die Kategorien von Personen festgelegt werden, die nach dem Tod des Urhebers eines Kunstwerks Anspruch auf die Folge­rechts­ver­gü­tungen haben.

Diese Beurteilung wird nach Auffassung des Gerichtshofs dadurch gestützt, dass der Unions­ge­setzgeber das Folgerecht nach dem Tod des Urhebers zwar dessen Rechts­nach­folgern in vollem Umfang zugute kommen lassen wollte, es aber jedem einzelnen Mitgliedstaat überließ, die Kategorien von Personen zu bestimmen, die nach seinem nationalen Recht als Rechts­nach­folger angesehen werden können.

Gericht muss bei Folge­rechts­ver­gütung alle einschlägigen Bestimmungen der nationalen Rechte berücksichtigen

Der Gerichtshof weist jedoch darauf hin, dass es Sache des vorlegenden Gerichts ist, ordnungsgemäß alle einschlägigen Bestimmungen zu berücksichtigen, um festzustellen, welches nationale Recht für die nach dem Tod von Salvador Dalí anfallenden Folge­rechts­ver­gü­tungen gilt, und damit zu ermitteln, wer nach diesem nationalen Recht tatsächlich der durch das Folgerecht Begünstigte ist.

Quelle: ra-online, EuGH

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