23.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil08.09.2009

EuGH zum Schutz der Ursprungs­be­zeichnung "Bud"Zwischen Qualität bzw. besonderer Eigenschaft des Erzeugnisses und dem spezifischen geografischen Ursprung muss unmittelbarer Zusammenhang bestehen

Die Bezeichnung "Bud" kann nicht außerhalb der gemein­schaft­lichen Schutzregelung als Ursprungs­be­zeichnung geschützt werden. Ist die Bezeichnung „Bud“ jedoch in der Tschechischen Republik als eine einfache geografische Herkunftsangabe anerkannt, ist sie in Österreich nur dann geschützt, wenn sie geeignet ist, den tschechischen Verbraucher darauf hinzuweisen, dass das damit bezeichnete Produkt aus einem Gebiet oder einem Ort in der Tschechischen Republik stammt. Dies hat der Europäische Gerichtshof entschieden.

In der Europäischen Union soll die Verordnung zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungs­be­zeich­nungen dem Verbraucher Gewahr dafür bieten, dass landwirt­schaftliche Erzeugnisse, die mit einer nach der Verordnung eingetragenen geografischen Angabe versehen sind, aufgrund ihrer Herkunft aus einem bestimmten geografischen Gebiet bestimmte besondere Merkmale aufweisen und damit eine auf ihrer geografischen Herkunft beruhende Quali­täts­ga­rantie bieten.

Schutz nur möglich, wenn geographische Angabe Voraussetzung für besondere Eigenschaft ist

Ursprungs­be­zeich­nungen und sogenannte "qualifizierte" geografische Angaben sind, wenn sie die Voraussetzungen der Verordnung erfüllen, geschützt. Die Verordnung gilt dagegen nicht für die sogenannten "einfachen" geografischen Angaben, d. h. für diejenigen, die nicht voraussetzen, dass die Erzeugnisse eine besondere Eigenschaft aufweisen oder einen gewissen Ruf haben, die sich von dem Ort ableiten, aus dem sie stammen. Der Schutz einer solchen einfachen geografischen Herkunftsangabe durch einen Mitgliedstaat kann zu einer Beschrankung des freien Warenverkehrs fuhren. Er kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen nach dem Gemein­schaftsrecht gerechtfertigt sein.

Das Handelsgericht Wien (Osterreich) mochte vom Gerichtshof wissen, unter welchen Voraussetzungen die Bezeichnung "Bud" aufgrund eines bilateralen Abkommens für in der Tschechischen Republik hergestelltes Bier geschützt werden darf.

Brauerei will Vertreiben von Bier unter der Marke "American Bud" verbieten lassen

In einem 1999 vor dem Handelsgericht eingeleiteten Verfahren möchte die tschechische Brauerei Budejovický Budvar dem Wiener Geträn­ke­vertrieb Rudolf Ammersin GmbH untersagen lassen, von der Brauerei Anheuser-Busch Inc. hergestelltes Bier unter der Marke American Bud zu vertreiben.

Bezeichnung nur für tschechische Erzeugnisse verwendbar

Budvar macht geltend, dass die Verwendung der Bezeichnung American Bud für ein Bier nicht tschechischer Herkunft gegen ein 1976 zwischen Osterreich und der ehemaligen Tsche­cho­slo­wa­kischen Sozialistischen Republik geschlossenes bilaterales Abkommen verstoße. Die Bezeichnung "Bud" stelle eine nach diesem Abkommen geschützte Bezeichnung dar, die daher nur für tschechische Erzeugnisse verwendet werden dürfe.

Um in Erfahrung zu bringen, ob das Gemein­schaftsrecht den nach dem bilateralen Abkommen bestehenden Schutz der Bezeichnung "Bud" zulässt, ersucht das Handelsgericht um Erlauterungen auf der Grundlage zweier verschiedener Pramissen in Bezug auf die rechtliche Einordnung der Bezeichnung "Bud".

Geografische Angabe als Hinweis für Verbraucher hinsichtlich der Herkunft des Produkts

Der Gerichtshof weist insoweit darauf hin, dass die Bezeichnung "Bud" eine einfache und mittelbare geografische Herkunftsangabe sein könnte, also eine Bezeichnung, bei der kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer bestimmten Qualität, dem Ansehen oder einer anderen Eigenschaft des Erzeugnisses und seinem spezifischen geografischen Ursprung besteht; eine derartige Bezeichnung ist im Übrigen nicht als solche ein geografischer Name, sie ist aber zumindest geeignet, den Verbraucher darauf hinzuweisen, dass das damit bezeichnete Produkt aus einem bestimmten Ort, einem bestimmten Gebiet oder einem bestimmten Land stammt.

Wenn das Handelsgericht die Bezeichnung "Bud" als einfache geografischen Herkunftsangabe qualifizieren sollte, hätte es zu prüfen, ob diese Bezeichnung nach den tatsachlichen Gegebenheiten und dem begrifflichen Verständnis, die in der Tschechischen Republik bestehen, zumindest geeignet ist, den Verbraucher darauf hinzuweisen, dass das damit bezeichnete Produkt aus einem Gebiet oder einem Ort in diesem Mitgliedstaat stammt, und in diesem Mitgliedstaat nicht zu einer Gattungs­be­zeichnung geworden ist. Unter diesen Voraussetzungen steht das Gemein­schaftsrecht weder einem nationalen Schutz einer solchen einfachen geografischen Herkunftsangabe noch der Erstreckung dieses Schutzes im Wege eines bilateralen Vertrags auf das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats entgegen.

Bezeichnung "Bud" als Ursprungs­be­zeichnung zu qualifizieren

Nach Ansicht des Handelsgerichts ist die Bezeichnung "Bud" jedoch eher als Ursprungsbezeichnung zu qualifizieren, die Erzeugnisse bezeichnet, die ihre Besonderheiten mit ihrem Herkunftsort verbundenen natürlichen oder menschlichen Einflüssen verdanken. Insoweit mochte das Handelsgericht wissen, ob die Gemein­schafts­ver­ordnung zum Schutz geografischer Angaben dem Schutz der Ursprungs­be­zeichnung "Bud" entgegensteht, die nicht nach dieser Verordnung angemeldet worden sei. Die Tschechische Republik habe nämlich bei ihrem Beitritt zur Europäischen Union den gemein­schaft­lichen Schutz nur für drei Herkunfts­angaben fur Bier aus Ceske Budejovice verlangt, nämlich für "Budejovické pivo" Cesko­bu­de­jovické pivo" und "Budejovicky mest'anský", womit ein als "Bud Super Strong" vertriebenes Starkbier bezeichnet werde.

Der Gerichtshof antwortet in seinem heutigen Urteil, dass die Verordnung zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungs­be­zeich­nungen abschließenden Charakter hat, so dass sie der Anwendung einer in Vertragen zwischen zwei Mitgliedstaaten, wie den im Ausgangs­ver­fahren in Rede stehenden bilateralen Vertragen, vorgesehenen Schutzregelung entgegensteht, die einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats als Ursprungs­be­zeichnung anerkannten Bezeichnung Schutz in einem anderen Mitgliedstaat gewahrt, in dem dieser Schutz tatsachlich beansprucht wird, wahrend diese Ursprungs­be­zeichnung nicht nach dieser Verordnung angemeldet worden ist.

Quelle: ra-online, EuGH

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