21.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil17.04.2008

Warenumtausch: Käufer muss nicht für Abnutzung aufkommenEuGH stärkt Verbrau­cher­rechte bei Sachmängeln

Ein Verbraucher ist nicht verpflichtet, dem Verkäufer eines mangelhaften Verbrauchsguts Wertersatz für die Nutzung des Verbrauchsguts bis zu dessen Austausch zu leisten. Anders als der Verbraucher, der bereits den Kaufpreis gezahlt hat, erfüllt der Verkäufer eines nicht vertragsgemäßen Verbrauchsguts seine vertragliche Verpflichtung nicht ordnungsgemäß und muss daher die Folgen der Schlech­t­er­füllung tragen.

Im August 2002 lieferte das Versand­han­dels­un­ter­nehmen Quelle einer deutschen Verbraucherin ein Herd-Set. Anfang 2004 stellte die Verbraucherin fest, dass das Gerät mangelhaft war. An der Innenseite des zu dem Herd-Set gehörenden Backofens hatte sich die Emailleschicht abgelöst. Da eine Reparatur nicht möglich war, gab die Verbraucherin das Gerät an Quelle zurück, die es durch ein neues Gerät ersetzte. Quelle verlangte jedoch von der Verbraucherin die Zahlung von 69,97 Euro als Wertersatz für die Vorteile, die sie aus der Nutzung des ursprünglich gelieferten Geräts gezogen hatte.

Verbrau­cher­zentrale: Quelle darf keine Nutzungs­ent­schä­digung bei Ersatzlieferung fordern

Der Bundesverband der Verbrau­cher­zen­tralen und Verbrau­cher­verbände verlangte, gestützt auf eine Ermächtigung durch die Verbraucherin, dass der von ihr geleistete Wertersatz an sie zurückgezahlt wird. Daneben beantragte er, Quelle zu verurteilen, es zu unterlassen, im Fall einer Ersatzlieferung für eine dem Kaufvertrag nicht entsprechende Ware deren Nutzung in Rechnung zu stellen.

Der Bundes­ge­richtshof, der in letzter Instanz über den Rechtsstreit zu entscheiden hat, hat festgestellt, dass nach deutschem Schuldrecht der Verkäufer im Fall der Ersatzlieferung für eine mangelhafte Sache Anspruch auf Wertersatz für die Vorteile habe, die der Käufer aus der Nutzung dieser Sache bis zu deren Austausch durch eine neue Sache gezogen habe (vgl. BGH , Beschluss v. 16.08.2006 - VIII ZR 200/05 -).

BGH ruft EuGH an

Da der Bundes­ge­richtshof Zweifel an der Vereinbarkeit der deutschen Regelung mit der Gemein­schafts­richtlinie über die Verbrauchsgüter hat, hat er dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Frage vorgelegt, ob die Bestimmungen der Richtlinie der Verpflichtung des Verbrauchers entgegenstehen, dem Verkäufer Wertersatz für die Nutzung eines vertrags­widrigen Verbrauchsguts zu leisten.

In seinem Urteil bejaht der Gerichtshof diese Frage. Er erinnert zunächst daran, dass nach dem Wortlaut der Richtlinie der Verkäufer dem Verbraucher für jede Vertrags­wid­rigkeit haftet, die zum Zeitpunkt der Lieferung des Verbrauchsguts besteht. Im Fall der Vertrags­wid­rigkeit kann der Verbraucher vom Verkäufer die unentgeltliche Nachbesserung des Verbrauchsguts oder eine unentgeltliche Ersatzlieferung verlangen, sofern nicht die Erfüllung seiner Forderung unmöglich oder die Forderung unver­hält­nismäßig ist.

Der Gerichtshof stellt fest, dass die Unent­gelt­lichkeit der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands durch den Verkäufer den Verbraucher vor drohenden finanziellen Belastungen schützen soll, die ihn in Ermangelung eines solchen Schutzes davon abhalten könnten, seine Ansprüche geltend zu machen. Die Unent­gelt­lichkeit der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands entspricht auch dem Zweck der Richtlinie, mit der ein Beitrag zur Erreichung eines hohen Verbrau­cher­schutz­niveaus geleistet werden soll.

Der Gerichtshof weist sodann die Auffassung zurück, dass die Richtlinie einen allgemeinen Grundsatz enthalte, der die Mitgliedstaaten ermächtige, in sämtlichen Fällen, in denen sie dies wünschten, die Benutzung eines vertrags­widrigen Verbrauchsguts durch den Verbraucher zu berücksichtigen. Nur im Fall der Vertrags­auf­lösung schreibt nämlich die Richtlinie den Grundsatz der gegenseitigen Herausgabe der erlangten Vorteile fest.

EuGH: Verkäufer muss die Folgen einer Schlecht­leistung tragen

Der Verkäufer erfüllt nach den Ausführungen des Gerichtshofs anders als der Verbraucher, der bereits den Kaufpreis gezahlt hat, seine vertragliche Verpflichtung nicht ordnungsgemäß, wenn er ein nicht vertragsgemäßes Verbrauchsgut liefert. Er muss daher die Folgen dieser Schlech­t­er­füllung tragen. Seine finanziellen Interessen werden jedoch zum einen durch die Verjäh­rungsfrist von zwei Jahren und zum anderen durch die Möglichkeit geschützt, die Ersatzlieferung zu verweigern, wenn sich diese Abhilfe als unver­hält­nismäßig erweist, weil sie ihm unzumutbare Kosten verursachen würde.

Der Gerichtshof kommt damit zu dem Ergebnis, dass die Richtlinie einer nationalen Regelung entgegensteht, die einem Verkäufer, der ein vertrags­widriges Verbrauchsgut geliefert hat, gestattet, vom Verbraucher Wertersatz für die Nutzung des vertrags­widrigen Verbrauchsguts bis zu dessen Austausch durch ein neues Verbrauchsgut zu verlangen.

Quelle: ra-online, EuGH

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