24.11.2024
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Dokument-Nr. 6425

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Urteil25.07.2008Gerichtshof der Europäischen UnionC-237/07
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • EuZW 2008, 573Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (EuZW), Jahrgang: 2008, Seite: 573
  • GewA 2008, 411Zeitschrift: Gewerbearchiv (GewA), Jahrgang: 2008, Seite: 411
  • JuS 2009, 74 (Dietrich Murswiek)Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2009, Seite: 74, Entscheidungsbesprechung von Dietrich Murswiek
  • NVwZ 2008, 984Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ), Jahrgang: 2008, Seite: 984
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ergänzende Informationen

Gerichtshof der Europäischen Union Urteil25.07.2008

Feinstaub-Aktionsplan: EU-Bürger können ihr Recht auf saubere Luft auch einzeln einklagenBundes­verwaltungs­gericht legte dem Europäischen Gerichtshof Frage zu Feinstaub-Aktionsplan vor

Im Fall der Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte für Feinsta­ub­partikel können unmittelbar betroffene Einzelne bei den zuständigen Behörden die Erstellung eines Aktionsplans erwirken. Dies hat der Europäische Gerichtshof entschieden.

Die Mitgliedstaaten sind nur verpflichtet, im Rahmen eines Aktionsplans kurzfristig Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die Gefahr der Überschreitung der Grenzwerte auf ein Minimum zu verringern und schrittweise zu einem Stand unterhalb dieser Werte zurückzukehren Die Gemein­schafts­richtlinie über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität sieht vor, dass die Mitgliedstaaten Aktionspläne erstellen, in denen die Maßnahmen angegeben werden, die im Fall der Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte und/oder der Alarmschwellen kurzfristig zu ergreifen sind, um die Gefahr der Überschreitung zu verringern und deren Dauer zu beschränken. Herr Janecek wohnt am Mittleren Ring in München in der Landshuter Allee, etwa 900 Meter nördlich von einer Luftgü­te­mess­stelle. Nach den Messergebnissen an dieser Messstelle wurde der Immis­si­ons­grenzwert für Feinsta­ub­partikel in den Jahren 2005 und 2006 weitaus mehr als 35 Mal überschritten, obwohl das Bunde­s­im­mis­si­ons­schutz­gesetz nicht mehr als 35 Überschrei­tungen zulässt.

Herr Janecek erhob Klage mit dem Antrag, den Freistaat Bayern zur Aufstellung eines Aktionsplans zur Luftreinhaltung im Bereich der Landshuter Allee zu verpflichten, damit kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen zu dem Zweck festgelegt werden, die zugelassene Grenze von jährlich 35 Überschrei­tungen des Immis­si­ons­grenzwerts für Feinsta­ub­partikel einzuhalten.

Nachdem seine Klage in erster Instanz (VG München, Urteil v. 26.07.2005 - M 1 K 05.1114 -) abgewiesen worden war, legte Herr Janecek Berufung beim Verwal­tungs­ge­richthof ein. Dieser entschied (Urteil v. 18.05.2006 - 22 BV 05.2462 und 22 BV 05.2461 -), dass die betroffenen Anwohner von den zuständigen Behörden die Aufstellung eines Aktionsplans fordern könnten, aber keinen Anspruch darauf hätten, dass dieser geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung der kurzfristigen Einhaltung der Immis­si­ons­grenzwerte enthalte.

Bundes­ver­wal­tungs­gericht legt EuGH Frage vor

Herr Janecek und der Freistaat Bayern legten gegen dieses Urteil Revision zum Bundes­ver­wal­tungs­gericht ein. Nach Auffassung dieses Gerichts kann Herr Janecek allein aus dem nationalen Recht keinen Anspruch auf Aufstellung eines Aktionsplans herleiten. Gleichwohl hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht (BVerwG, Beschluss v. 29.03.2007 - BVerwG 7 C 9.06 -) dem Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob ein Einzelner nach dem Gemein­schaftsrecht von den zuständigen nationalen Behörden im Fall der Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte oder der Alarmschwellen die Erstellung eines Aktionsplans beanspruchen kann.

EuGH: Unmittelbar betroffene Einzelne können Aktionsplan von den Behörden einfordern

In seinem Urteil bejaht der Gerichtshof diese Frage. Er weist darauf hin, dass es mit dem zwingenden Charakter der Richtlinie unvereinbar wäre, grundsätzlich auszuschließen, dass eine mit ihr auferlegte Verpflichtung von den betroffenen Personen geltend gemacht werden kann. Daher müssen unmittelbar betroffene Einzelne im Fall der Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte oder der Alarmschwellen bei den zuständigen nationalen Behörden die Erstellung eines Aktionsplans erwirken können, auch wenn sie nach nationalem Recht über andere Handlungs­mög­lich­keiten verfügen sollten, um die zuständigen Behörden dazu zu bringen, Maßnahmen zur Bekämpfung der Luftver­schmutzung zu treffen.

In Bezug auf den Inhalt der Aktionspläne führt der Gerichtshof aus, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, Maßnahmen dahin gehend zu ergreifen, dass es zu keinerlei Überschreitung kommt. Ihnen obliegt - unter der Aufsicht der nationalen Gerichte - nur die Verpflichtung, im Rahmen eines Aktionsplans kurzfristig Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die Gefahr der Überschreitung der Grenzwerte oder der Alarmschwellen unter Berück­sich­tigung der tatsächlichen Umstände und aller betroffenen Interessen auf ein Minimum zu verringern und schrittweise zu einem Stand unterhalb dieser Werte oder Schwellen zurückzukehren.

Quelle: ra-online, EuGH (pm)

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