21.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Beschluss29.03.2007

Anspruch eines von Feinsta­ub­partikel-Immissionen Betroffenen auf Aktionsplan zur Abwehr von Feinsta­u­bim­mis­sionen zweifelhaftBVerwG legt die Frage dem EuGH vor

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg wird zu klären haben, ob nach europäischem Gemein­schaftsrecht ein von Feinsta­ub­partikel-Immissionen Betroffener von der zuständigen Behörde die Aufstellung eines "Aktionsplans" verlangen kann. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in Leipzig hat beschlossen, eine entsprechende Vorab­ent­scheidung einzuholen.

Der Kläger verlangt die Verurteilung des Freistaats Bayern zur Aufstellung eines Aktionsplans, der Maßnahmen gegen gesund­heits­schädliche Feinsta­ub­partikel- Immissionen festlegt. Bei seiner Wohnung am Mittleren Ring in München wurde der maßgebliche Grenzwert in den Jahren 2005 und 2006 deutlich überschritten. Der Verwal­tungs­ge­richtshof hat Bayern zur Aufstellung eines Aktionsplans verpflichtet, der die Einhaltung des Grenzwerts soweit wie möglich sicherstellt. Den weitergehenden Antrag, mit dem der Kläger die Aufstellung eines zur unbedingten Einhaltung des Grenzwerts geeigneten Aktionsplans beanspruchte, hat er abgelehnt. Gegen das Urteil haben der Kläger und der Freistaat Bayern Revision eingelegt.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger nach nationalem Recht keinen Anspruch auf Erstellung eines Aktionsplans hat. Die zuständige Behörde ist nach deutschem Recht und nach europäischem Gemein­schaftsrecht verpflichtet, in einem Aktionsplan geeignete Maßnahmen zur Verringerung der Gefahr einer Überschreitung des Immis­si­ons­grenzwerts festzulegen. Ein Aktionsplan kann insbesondere ein koordiniertes System von Beschränkungen des Straßenverkehrs sowie der Emissionen von Indus­trie­be­trieben und Heizungsanlagen vorsehen. Ein Aktionsplan dieser Art besteht für München bisher nicht. Ein Dritt­be­troffener kann aber nicht verlangen, dass die Behörde ihrer Pflicht zur Aufstellung eines Aktionsplans nachkommt.

Das deutsche Recht unterscheidet zwischen der Aufstellung eines Aktionsplans und der Durchsetzung der darin festgelegten Maßnahmen. Nach diesem zweistufigen Konzept wird die Luftqualität noch nicht durch den Aktionsplan, sondern erst durch die Verwirklichung der vorgesehenen Maßnahmen verbessert. Solange ein Aktionsplan nicht aufgestellt ist, kann der Drittbetroffene sein Recht auf Abwehr gesund­heit­licher Beein­träch­ti­gungen durch Feinsta­ub­partikel im Wege der Klage auf Durchführung planu­n­ab­hängiger Maßnahmen wie z.B. Straßen­ver­kehrs­be­schrän­kungen durchsetzen. Bei gesund­heits­re­le­vanten Grenz­wert­über­schrei­tungen muss die Behörde regelmäßig einschreiten. Damit steht dem Dritt­be­troffenen unabhängig von einem Aktionsplan effektiver Rechtsschutz zur Verfügung. Demgegenüber dient ein Aktionsplan eher dem Behör­den­in­teresse an einer kohärenten Bündelung der Maßnahmen unter Vermeidung einer Vielzahl von Einze­l­ansprüchen.

Gemein­schaftsrecht gewährt dem Dritt­be­troffenen einen Anspruch auf Schutz vor grenz­wert­über­schrei­tenden Feinsta­u­b­e­mis­sionen und auf effektive Durchsetzung dieses Rechts. In welcher Weise der Drittbetroffene sein Recht wahrnehmen kann, überlässt das Gemein­schaftsrecht der verfah­rens­au­tonomen Regelung des Mitgliedstaats. Allerdings werfen die einschlägigen Vorschriften des Gemein­schafts­rechts Ausle­gungs­zweifel auf. Dies verpflichtet das Bundes­ver­wal­tungs­gericht, gemäß Art. 234 des EG-Vertrags eine Vorab­ent­scheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 18/07 des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.03.2007

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