14.11.2024
14.11.2024  
Sie sehen auf azurblauem Grund die zwölf goldenen Sterne, wie sie auch in der Europaflagge zu finden sind, wobei in der Mitte ein Paragraphenzeichen zu sehen ist.

Dokument-Nr. 12301

Drucken
Urteil15.09.2011Gerichtshof der Europäischen UnionC-155/10
ergänzende Informationen

Gerichtshof der Europäischen Union Urteil15.09.2011

EuGH: Zulage für Flugzeiten muss in gezahltem Entgelt für Jahresurlaub von Linienpiloten enthalten seinZulagen für Zeiten der Abwesenheit vom Luftstützpunkt kein Teil des gewöhnlichen Entgelts

Das Entgelt, das den Linienpiloten während ihres Jahresurlaubs gezahlt wird, muss die Zulage für die Flugzeiten enthalten, da sie untrennbar mit der Erfüllung ihrer Aufgaben verbunden ist. Dagegen ist die Zulage zur Deckung der mit den Zeiten der Abwesenheit vom Luftstützpunkt verbundenen Kosten nicht Teil des gewöhnlichen Entgelts und muss daher nicht berücksichtigt werden. Dies geht aus einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union hervor.

Nach der Arbeits­zei­tricht­linie* hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen bezahlten Mindest­jah­res­urlaub von vier Wochen.

Sachverhalt

Mehrere bei British Airways angestellte Linienpiloten, darunter Frau Williams, haben die Berechnung des Betrags beanstandet, der ihnen für ihren Jahresurlaub gezahlt wird. Das Entgelt dieser Piloten besteht aus drei Bestandteilen, nämlich erstens einem festen Jahresbetrag, zweitens einer Zulage für die planmäßigen Flugstunden in Höhe von 10 GBP pro Stunde und drittens einer Zulage für die Dauer der Abwesenheit vom Stützpunkt in Höhe von 2,73 GBP pro Stunde. Nur der erste Bestandteil (das Grundgehalt) wird bei der Berechnung des für den Jahresurlaub gezahlten Entgelts berücksichtigt. Die Piloten machen geltend, dass der Betrag, der ihnen für ihren Jahresurlaub gezahlt wird, auf ihr gesamtes Entgelt, d. h. einschließlich der beiden Zulagen, gestützt werden müsse.

Nationales britisches Gericht erbittet Vorab­ent­scheidung des EuGH

Der mit dem Rechtsstreit befasste Supreme Court of the United Kingdom (Oberster Gerichtshof des Vereinigten Königreichs) fragt den Gerichtshof, welche Hinweise sich aus dem Unionsrecht bezüglich des Entgelts ergeben, auf das ein Linienpilot während seines Jahresurlaubs Anspruch hat.

Entgelt für Jahresurlaub muss mit gewöhnlichem Entgelt des Arbeitnehmers übereinstimmen

In dem vom Gerichtshof erlassenen Urteil wird zunächst darauf hingewiesen, dass ein Arbeitnehmer während seines Jahresurlaubs sein gewöhnliches Entgelt erhalten muss. Durch das Erfordernis der Zahlung dieses Urlaubsentgelts soll der Arbeitnehmer während dieses Erholungs­zeitraums in eine Lage versetzt werden, die in Bezug auf das Entgelt mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist. Daraus ergibt sich, dass das Entgelt für den Jahresurlaub grundsätzlich so bemessen sein muss, dass es mit dem gewöhnlichen Entgelt des Arbeitnehmers übereinstimmt.

Untrennbar mit Erfüllung der Aufgaben verbunde Unannehm­lich­keiten sind bei Entgeltzahlung für Jahresurlaub zu berücksichtigen

Besteht das Entgelt, wie hier das der Piloten, jedoch aus mehreren Bestandteilen, erfordert die Bestimmung dieses gewöhnlichen Entgelts und folglich des Betrags, auf den dieser Arbeitnehmer während seines Jahresurlaubs Anspruch hat, eine spezifische Prüfung. Daher, so stellt der Gerichtshof fest, muss jede Unannehm­lichkeit, die untrennbar mit der Erfüllung der dem Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben verbunden ist und – wie bei Linienpiloten die geflogenen Zeiten – durch einen in die Berechnung des Gesamtentgelts des Arbeitnehmers eingehenden Geldbetrag abgegolten wird, zwingend Teil des Betrags sein, auf den der Arbeitnehmer während seines Jahresurlaubs Anspruch hat.

Zulagen bei Abwesenheit vom Stützpunkt, müssen nicht berücksichtigt werden

Dagegen müssen die Bestandteile des Gesamtentgelts des Arbeitnehmers, die ausschließlich gelegentlich anfallende Kosten oder Nebenkosten decken sollen, welche bei der Erfüllung der dem Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben entstehen – wie Kosten, die mit dem Zeitraum verbunden sind, in dem sich die Piloten gezwun­ge­nermaßen nicht an ihrem Stützpunkt aufhalten –, bei der Berechnung der für den Jahresurlaub zu entrichtenden Zahlung nicht berücksichtigt werden.

Zulagen, die an persönliche und berufliche Stellung anknüpfen, sind während bezahlten Jahresurlaubs fortzuzahlen

Hiernach stellt der Gerichtshof weiter fest, dass, über die genannten Bestandteile des Gesamtentgelts hinaus, alle diejenigen Bestandteile, die an die persönliche und berufliche Stellung des Linienpiloten anknüpfen (z.B. Zulagen, die an eine leitende Position, die Dauer der Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit oder an die beruflichen Qualifikationen anknüpfen), während seines bezahlten Jahresurlaubs fortzuzahlen sind.

Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu beurteilen, ob die verschiedenen Bestandteile des Gesamtentgelts des Linienpiloten zum einen untrennbar mit der Erfüllung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben verbunden sind und zum anderen an seine persönliche und berufliche Stellung anknüpfen.

Erläuterungen
*Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeits­zeit­ge­staltung (ABl. L 299, S. 9).

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil12301

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI