21.11.2024
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Dokument-Nr. 13818

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Urteil19.07.2012Gerichtshof der Europäischen UnionC-112/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • K&R 2012, 590Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2012, Seite: 590
  • MDR 2012, 1215Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2012, Seite: 1215
  • MMR 2012, 584Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2012, Seite: 584
  • NJW 2012, 2867Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2012, Seite: 2867
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ergänzende Informationen

Gerichtshof der Europäischen Union Urteil19.07.2012

Reise­rück­tritts­ver­si­cherung darf bei Online-Verkauf von Flugscheinen nicht als Voreinstellung bereits ausgewählt seinFlugrei­sen­ver­mittler darf Reise­rück­tritts­ver­si­cherung nur per „Opt-in“-Verfahren vermitteln

Ein Vermittler von Flugreisen darf beim Online-Verkauf von Flugscheinen nicht als Voreinstellung eine Reise­rück­tritts­ver­si­cherung vorsehen. Als „fakultative Zusatzleistung“ kann eine Reise­rück­tritts­ver­si­cherung nur in der Weise angeboten werden, dass eine ausdrückliche Annahme erforderlich ist („Opt-in“). Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.

Die Verordnung Nr. 1008/20081 soll insbesondere für mehr Transparenz bei den Preisen für Flüge ab Flughäfen in der Europäischen Union sorgen. Verkäufer von Flugscheinen müssen stets den „Endpreis“ ausweisen, d. h. den Flugpreis sowie alle für diesen Flug unerlässlichen Steuern und Gebühren, Zuschläge und Entgelte. „Fakultative Zusatzkosten“ für nicht obligatorische Zusatz­leis­tungen müssen auf klare Art und Weise am Beginn jedes Buchungs­vorgangs mitgeteilt werden; ihre Annahme durch den Kunden erfolgt auf ‚Opt-in‘-Basis.

Kunde muss bei Buchung Einverständnis für Reise­rück­tritts­ver­si­cherung ausdrücklich per „Opt-out“-Verfahren verweigern

Die ebookers.com Deutschland vertreibt über ein von ihr betriebenes Online-Reiseportal Flugreisen. Hat der Kunde während des Buchungs­vorgangs einen bestimmten Flug ausgewählt, erscheint auf der Website oben rechts unter der Überschrift „Ihre aktuellen Reisekosten“ eine Kosten­auf­stellung. Diese Aufstellung enthält neben den Kosten für den Flug den Betrag für „Steuern und Gebühren“ und – voreingestellt – die Kosten für eine „Versicherung Rücktritts­kos­ten­schutz“. Die Summe dieser Kosten ergibt den „Gesam­t­rei­sepreis“. Am Ende der Website wird der Kunde darauf hingewiesen, wie er zu verfahren hat, wenn er die – voreingestellt – eingeschlossene Versicherung nicht abschließen möchte: Er muss dann sein Einverständnis ausdrücklich verweigern („Opt-out“). Von dem vom Kunden nach der Buchung gezahlten Preis entrichtet ebookers.com die Kosten des Flugscheins an das Luftver­kehrs­un­ter­nehmen, leitet die Steuern und Gebühren weiter und führt den Beitrag für die Reise­rück­tritts­ver­si­cherung an die Versi­che­rungs­ge­sell­schaft ab, die rechtlich und wirtschaftlich nicht zu dem Luftver­kehrs­un­ter­nehmen gehört.

LG Köln legt EuGH Frage zur Zulässigkeit der „Opt-out“-Funktion vor

Eine deutsche Verbrau­cher­schutz­ver­ei­nigung klagte gegen ebookers.com vor deutschen Gerichten auf Abstellung der Praxis, in den Flugpreis als Voreinstellung eine Reise­rück­tritts­ver­si­cherung einzuschließen. Vor diesem Hintergrund hat das Oberlan­des­gericht Köln dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, ob die Kosten für solche Leistungen Dritter, die der Fluganbieter von dem Kunden in einem Gesamtpreis gemeinsam mit dem Flugpreis erhebt, „fakultative Zusatzkosten“ darstellen, so dass die fraglichen Leistungen auf „Opt-in“-Basis angeboten werden müssen.

Zusatzkosten müssen auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungs­vorgangs mitgeteilt werden

Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass das Unionsrecht im Hinblick auf die Preise von Luftver­kehrs­diensten Information und Transparenz gewährleisten soll und somit zum Schutz des Kunden beiträgt. „Fakultative Zusatzkosten“ betreffen Dienste, die den Luftver­kehrs­dienst als solchen ergänzen. Sie sind für die Beförderung des Fluggasts oder der Luftfracht weder obligatorisch noch unerlässlich, so dass der Kunde die Wahl hat, sie anzunehmen oder abzulehnen. Gerade weil der Kunde diese Wahl hat, schreibt das Unionsrecht vor, dass solche Zusatzkosten auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungs­vorgangs mitgeteilt werden müssen und dass ihre Annahme durch den Kunden auf „Opt-in“-Basis erfolgen muss. Dieses Erfordernis soll verhindern, dass der Kunde dazu verleitet wird, für den Flug selbst nicht unerlässliche Zusatz­leis­tungen abzunehmen, sofern er sich nicht ausdrücklich dafür entscheidet, sie abzunehmen und die Zusatzkosten dafür zu zahlen.

Sodann stellt der Gerichtshof fest, dass es mit dem Zweck, den Kunden zu schützen, nicht vereinbar wäre, wenn dieser Schutz davon abhinge, ob die fakultative Zusatzleistung von einem Luftfahrt­un­ter­nehmen oder von einem anderen, rechtlich von ihm verschiedenen Unternehmen erbracht wird. Dagegen kommt es darauf an, dass die fakultative Zusatzleistung und die Zusatzkosten dafür im Zusammenhang mit dem Flug selbst im Rahmen des zu dessen Buchung vorgesehenen Vorgangs angeboten werden.

EuGH bejaht Kosten für Reise­rück­tritt­ver­si­cherung als „fakultative Zusatzkosten“

Der Gerichtshof antwortet, dass der Begriff „fakultative Zusatzkosten“ im Zusammenhang mit Flugreisen stehende Kosten von Leistungen – wie einer Reise­rück­tritts­ver­si­cherung – erfasst, die von einer anderen Person als dem Luftver­kehrs­un­ter­nehmen erbracht und von dem Vermittler dieser Reise in einem Gesamtpreis gemeinsam mit dem Flugpreis von dem Kunden erhoben werden.

Erläuterungen

* Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftver­kehrs­diensten in der Gemeinschaft (ABl. L 293, S. 3).

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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