18.10.2024
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Dokument-Nr. 9422

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Bayerisches Landessozialgericht Beschluss16.03.2010

Bayerisches LSG: Betrie­b­sprü­fungen – Beitrags­nach­for­de­rungen sind sofort vollziehbarGericht verneint Anspruch auf aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln

Beitrags­for­de­rungen aus Betrie­b­sprü­fungen sind sofort vollziehbar. Eine aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln haben keine Wirkung; § 7 a Abs. 7 SGB IV ist nicht anwendbar. Dies entschied das Bayerische Landes­so­zi­al­gericht.

Werden Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge gefordert, sind die entsprechenden Bescheide sofort vollziehbar. Widerspruch und Klage haben also keine aufschiebende Wirkung, § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG. Als Ausnahme dazu ordnet § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB IV als Spezi­a­l­vor­schrift die aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln an, wenn streitig ist, ob eine Tätigkeit tatsächlich oder nur dem Scheine nach selbständig ausgeübt wurde. Nach der Geset­zes­be­gründung aus dem Jahr 1999 sollte dieser Suspensiveffekt nicht nur für Anfra­ge­ver­fahren § 7 a SGB IV gelten, sondern auch für Statu­s­ent­schei­dungen der übrigen Sozia­l­ver­si­che­rungs­träger außerhalb des Anfra­ge­ver­fahrens.

Sachverhalt

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Arbeitgeber Klage gegen Beitrags­nach­for­de­rungen aus einer Betriebsprüfung für - nach Meinung des Rententrägers - nur dem Scheine nach selbständige Pflegekräfte erhoben. In Anwendung des § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB IV hatte das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung dieser Klage festgestellt. Dagegen hatte die Betrie­b­sprü­fungs­behörde Beschwerde zum Bayerischen Landes­so­zi­al­gericht erhoben mit der Begründung, § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB IV dürfe - wie aus einem Gesetz­ge­bungs­ver­fahren des Jahres 2007 ersichtlich - hier keine Anwendung (mehr) finden.

Bayerisches LSG: Keine Anwendbarkeit von § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB IV

Das Bayerische Landes­so­zi­al­gericht hat die Entscheidung des Sozialgerichts aufgehoben und die Anwendbarkeit des § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB IV ebenso verneint wie einen Anspruch, die aufschiebende Wirkung der Klage herzustellen.

Abweichen von Grundsatz der sofortigen Vollziehbarkeit von Beitrags­be­scheiden nicht nötig

Die Auffassung, § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB IV solle nicht nur für Statu­s­ent­schei­dungen gelten, sei dem Gesetz nicht zu entnehmenden. Dem habe der Gesetzgeber mittlerweile die Begründung des SGB IV-Änderungs­ge­setzes entgegengesetzt (BT-Drs 16/6540, S. 23). Zudem seien Beitrags­nach­for­de­rungen aus einer Betriebsprüfung nicht mit dem Entschei­dungs­inhalt eines Statu­san­fra­ge­ver­fahrens vergleichbar. Im Übrigen erfordere der Fall kein Abweichen von dem gesetzlich vorgesehenen Grundsatz der sofortigen Vollziehbarkeit von Beitrags­be­scheiden nach § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG, die auch die Reali­sier­barkeit von Beitrags­for­de­rungen sicherstellen solle.

Auswirkungen der Entscheidung

Das Bayerische Landes­so­zi­al­gericht hat sich damit dagegen ausgesprochen, das Privileg der aufschiebenden Wirkung von Rechtsmitteln für Schein­selb­stän­dig­keiten gelten zu lassen. Dieser Grundsatz wird über den Beschluss der Münchener Richter vom 7. Januar 2009 hinaus nicht mehr nur auf Fällen Schwarzarbeit iSd § 1 Abs. 2 Nr. 1 Schwa­rz­a­r­beits­be­kämp­fungs­gesetz begrenzt.

Die Sozia­l­ver­si­che­rungs­träger hatten sich bereits früher darauf verständigt, § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB IV ausschließlich auf Anfra­ge­ver­fahren zu beschränken. Die sofortige Zahlung von Beitrags­nach­for­de­rungen aus Betrie­b­sprü­fungen wird damit zur Regel - und zwar auch für Fälle der Scheinselbständigkeit.

Quelle: ra-online, Bayerisches LSG

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