Bayerisches Landessozialgericht Beschluss07.01.2010
Bayerisches LSG: Keine aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln bei Scheinselbstständigkeit/SchwarzarbeitBeitragsnachforderungen auch bei Scheinselbständigkeit sofort vollziehbar
Das Bayerische Landessozialgericht hat die Anwendbarkeit des § 7 a Abs. 7 SGB IV (Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen, dass eine Beschäftigung vorliegt, haben aufschiebende Wirkung. [...]) bei Betriebsprüfungen wegen Schwarzarbeit verneint.
Beitragsnachforderungen sind sofort vollziehbar, Widerspruch und Klage haben keine aufschiebende Wirkung, § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG. Als Ausnahme ordnet § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB IV den Suspensiveffekt an, wenn es um Fälle der Scheinselbständigkeit geht. Nach der Gesetzesbegründung aus dem Jahr 1999 sollte das nicht nur für Anfrageverfahren nach § 7 a SGB IV gelten, sondern auch für Entscheidungen der Einzugstellen und der Betriebsprüfer.
Sozialgericht stellt aufschiebende Wirkung fest
Gegen Beitragsnachforderungen für scheinselbständige Eisenflechter auf Grund einer Betriebsprüfung hatte der Arbeitgeber Klage erhoben. In Anwendung des § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB IV hatte das Sozialgericht deren aufschiebende Wirkung festgestellt. Dagegen hatte die Betriebsprüfungsbehörde Beschwerde zum Landessozialgericht erhoben mit der Begründung, § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB IV finde - wie aus einem Gesetzgebungsverfahren des Jahres 2007 ersichtlich - hier keine Anwendung (mehr).
Aufschiebende Wirkung der Klage kann nicht wiederhergestellt werden
Das Bayerische Landessozialgericht hat die Entscheidung des Sozialgerichts aufgehoben und die Anwendbarkeit des § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB IV ebenso verneint wie einen Anspruch, die aufschiebende Wirkung der Klage herzustellen.
LSG sieht keinen Grund zur Unterstützung der Arbeitgeber bei offensichtlicher Schwarzarbeit
Zwar habe § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB IV nach der Gesetzesbegründung und nach der überwiegenden Meinung der Literatur nicht nur für Statusentscheidungen gelten sollen, sondern ausdrücklich auch für Statusentscheidungen außerhalb des Anfrageverfahrens. Dieser nur aus der Begründung des Gesetzentwurfs zu entnehmenden Zielsetzung habe der Gesetzgeber aber die Begründung des SGB -IV-Änderungsgesetzes entgegengesetzt. Zudem stehe Schwarzarbeit im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz konkret im Raume, so dass kein Bedürfnis bestehe, die Position eines gutgläubigen Arbeitgebers zu stärken. In diesem Sinne habe bereits das Landessozialgericht Essen (Beschluss vom 5. November 2008, L 16 B 7/08 R ER) entschieden. Im Übrigen erfordere der Fall kein Abweichen von dem gesetzlich vorgesehenen Grundsatz eines Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung nach § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Auswirkungen der Entscheidung des Landessozialgerichts
Das Bayerische Landessozialgericht hat sich damit dagegen ausgesprochen, das Privileg der aufschiebenden Wirkung von Rechtsmitteln für Scheinselbständigkeiten gelten zu lassen - jedenfalls in Fällen der Schwarzarbeit iSd § 1 Abs. 2 Nr. 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz
Die Sozialversicherungsträger hatten sich bereits früher darauf verständigt, § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB IV ausschließlich auf Anfrageverfahren zu beschränken. Es bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung diese Auffassung nachvollzieht oder ob sie die Nichtanwendung des § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB IV auf Fälle der Schwarzarbeit beschränkt sein lässt. Dann wäre von besonderer Bedeutung, ob das Bundessozialgericht mit dem LSG Mainz Schwarzarbeit bereits dann annimmt, wenn der Arbeitgeber seinen Meldepflichten oder seiner Pflicht zur Abführung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge nicht nachgekommen ist (beim BSG anhängige Rechtsfrage: Az 12 R 18/09 R).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.02.2010
Quelle: ra-online, Bayerisches LSG