21.11.2024
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Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Urteil15.07.2011

LSG Berlin-Brandenburg: Beschäftigung von Honorarkräften auf selbständiger Basis für Führung von Besuchergruppen im Bundesrat nicht zu beanstandenBesucherführer sind nicht als "Schein­selb­ständigen" anzusehen

Die vom Bundesrat seit Jahrzehnten angewandte Praxis, mit der Führung von Besuchergruppen überwiegend Honorarkräfte auf selbständiger, nicht sozia­l­ver­si­che­rungs­pflichtiger Basis zu betrauen, ist rechtmäßig. Dies entschied das Landes­so­zi­al­gericht Berlin-Brandenburg.

Im zugrunde liegenden Fall vertrat die Deutsche Renten­ver­si­cherung Berlin-Brandenburg die Auffassung, dass die im Bundesrat zur Führung von Besuchergruppen eingestellten Personen abhängig und damit sozia­l­ver­si­che­rungs­pflichtig beschäftigt seien. Sie forderte deshalb als Ergebnis einer Betriebsprüfung vom Bundesrat die Nachzahlung von Beiträgen zur Sozia­l­ver­si­cherung für die Jahre 2001 bis 2004 in Höhe von insgesamt rund 15.500 Euro.

Sozialgericht weist Klage des Bundesrats ab – LSG hebt Urteil des Sozialgerichts auf

Das Sozialgericht Berlin hat die gegen den entsprechenden Bescheid erhobene Klage des Bundesrates in erster Instanz abgewiesen. Das Landes­so­zi­al­gericht Berlin-Brandenburg hat hingegen der Berufung des Bundesrates stattgegeben und das Urteil des Sozialgerichts sowie den Bescheid der Deutschen Renten­ver­si­cherung Berlin-Brandenburg aufgehoben.

Einsatz von Honorarkräften im Rahmen des Besucher­dienstes des Bundesrats grundsätzlich rechtlich beanstan­dungsfrei

Das Gericht begründete sein Urteil im Wesentlichen damit, dass es eine ganze Reihe von Tätigkeiten gäbe, die sowohl von einem (sozia­l­ver­si­che­rungs­pflichtigen) Arbeitnehmer als auch auf (nicht sozia­l­ver­si­che­rungs­pflichtiger) selbstständiger Basis ausgeübt werden könnten. Zu nennen seien als Beispiele Lehrkräfte und Dozenten, Rechtsanwälte, Schauspieler, Fremden- und Museumsführer. Auch die Führungen durch den Bundesrat zählten hierzu; es sei grundsätzlich rechtlich beanstan­dungsfrei, den Einsatz von Honorarkräften im Rahmen des Besucher­dienstes des Bundesrats als freiberufliche und selbständige Tätigkeit auszugestalten.

Honorarkräfte nicht als Schein­selb­ständigen anzusehen

Die Honorarkräfte wären auch keine Schein­selb­ständigen, bei denen die gewählte Gestaltung und die tatsächlichen Verhältnisse auseinander fielen oder de facto Arbeits­ver­hältnisse umgangen werden sollten.

Honorarkräfte sind im maßgeblichen Kern ihrer Tätigkeit weisungs­u­n­ab­hängig

Die im Bundesrat tätigen Führerinnen und Führer haben zur Überzeugung des Gerichts, die sich dieses aufgrund umfangreicher Ermittlungen gebildet hat, einen großen Freiraum, dessen Ausgestaltung vom Bundesrat auch nicht überwacht wird. Im maßgeblichen Kern ihrer Tätigkeit sind die Honorarkräfte deshalb weisungs­u­n­ab­hängig, auch wenn der äußere Rahmen der Führungen (Ort, Zeit, regelmäßige Dauer, Stationen innerhalb des Gebäudes und Pflich­t­in­for­ma­tionen) vorbestimmt ist. Diese Freiheit gibt den Ausschlag, obgleich es durchaus auch gewichtige Indizien für abhängige Beschäftigung gibt.

Klärung einer möglichen Schaffung sozia­l­ver­si­che­rungs­pflichtiger Arbeitsplätze nicht Aufgabe eines Gerichts

Ob es sozialpolitisch sinnvoll sei, dass das Verfas­sungsorgan Bundesrat nicht den Weg wähle, sozia­l­ver­si­che­rungs­pflichtige Arbeitsplätze zu schaffen, hat das Gericht ausdrücklich offen gelassen; dies habe es nicht zu prüfen.

Info:

Nach § 7 Absatz 1 Sozial­ge­setzbuch 4. Buch (SGB IV) ist "Beschäftigung" die nicht­selb­ständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeits­ver­hältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeits­or­ga­ni­sation des Weisungsgebers.

Quelle: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg/ra-online

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