Im zugrunde liegenden Fall vertrat die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg die Auffassung, dass die im Bundesrat zur Führung von Besuchergruppen eingestellten Personen abhängig und damit sozialversicherungspflichtig beschäftigt seien. Sie forderte deshalb als Ergebnis einer Betriebsprüfung vom Bundesrat die Nachzahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung für die Jahre 2001 bis 2004 in Höhe von insgesamt rund 15.500 Euro.
Das Sozialgericht Berlin hat die gegen den entsprechenden Bescheid erhobene Klage des Bundesrates in erster Instanz abgewiesen. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat hingegen der Berufung des Bundesrates stattgegeben und das Urteil des Sozialgerichts sowie den Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg aufgehoben.
Das Gericht begründete sein Urteil im Wesentlichen damit, dass es eine ganze Reihe von Tätigkeiten gäbe, die sowohl von einem (sozialversicherungspflichtigen) Arbeitnehmer als auch auf (nicht sozialversicherungspflichtiger) selbstständiger Basis ausgeübt werden könnten. Zu nennen seien als Beispiele Lehrkräfte und Dozenten, Rechtsanwälte, Schauspieler, Fremden- und Museumsführer. Auch die Führungen durch den Bundesrat zählten hierzu; es sei grundsätzlich rechtlich beanstandungsfrei, den Einsatz von Honorarkräften im Rahmen des Besucherdienstes des Bundesrats als freiberufliche und selbständige Tätigkeit auszugestalten.
Die Honorarkräfte wären auch keine Scheinselbständigen, bei denen die gewählte Gestaltung und die tatsächlichen Verhältnisse auseinander fielen oder de facto Arbeitsverhältnisse umgangen werden sollten.
Die im Bundesrat tätigen Führerinnen und Führer haben zur Überzeugung des Gerichts, die sich dieses aufgrund umfangreicher Ermittlungen gebildet hat, einen großen Freiraum, dessen Ausgestaltung vom Bundesrat auch nicht überwacht wird. Im maßgeblichen Kern ihrer Tätigkeit sind die Honorarkräfte deshalb weisungsunabhängig, auch wenn der äußere Rahmen der Führungen (Ort, Zeit, regelmäßige Dauer, Stationen innerhalb des Gebäudes und Pflichtinformationen) vorbestimmt ist. Diese Freiheit gibt den Ausschlag, obgleich es durchaus auch gewichtige Indizien für abhängige Beschäftigung gibt.
Ob es sozialpolitisch sinnvoll sei, dass das Verfassungsorgan Bundesrat nicht den Weg wähle, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen, hat das Gericht ausdrücklich offen gelassen; dies habe es nicht zu prüfen.
Nach § 7 Absatz 1 Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV) ist "Beschäftigung" die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.07.2011
Quelle: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg/ra-online