21.11.2024
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Bayerischer Verfassungsgerichtshof Beschluss06.01.2012

Rauchverbot für Rauchervereine und Raucherclubs verfas­sungsgemäßIm Gesund­heits­schutz­ge­setzes verankertes striktes Rauchverbot für Gaststätten und Vereins­räum­lich­keiten nicht zu beanstanden

Der Bayerische Verfas­sungs­ge­richtshof hat entschieden, dass es verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden ist, dass das gesetzliche Rauchverbot in Gaststätten und Vereins­räum­lich­keiten auch für Rauchervereine und Raucherclubs gilt, soweit nicht Einlass im Rahmen einer geschlossenen Gesellschaft gewährt wird.

Nach Art. 2 Nrn. 6 und 8, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesund­heits­schutz­ge­setzes (GSG) gilt für Gaststätten und Vereins­räum­lich­keiten ein striktes Rauchverbot, soweit nicht Einlass im Rahmen einer geschlossenen Gesellschaft gewährt wird.

Antragsteller wendet sich gegen Rauchverbot für Rauchervereine und Raucherclubs

Mit der Popularklage wendet sich der Antragsteller dagegen, dass das Gesund­heits­schutz­gesetz für Rauchervereine und Raucherclubs keine Ausnahme vom Rauchverbot vorsieht. Gaststätten und Vereins­räum­lich­keiten, zu denen nur eine nach bestimmten Kriterien abgrenzbare Personengruppe Einlass erhalte, seien nicht öffentlich zugänglich. Es bestehe kein sachlicher Grund, Rauchervereine und Raucherclubs anders zu behandeln als geschlossene Gesellschaften. Die Nichtraucher seien nicht schutzbedürftig, weil sie zu den Einrichtungen, die den Mitgliedern von Rauchervereinen oder Raucherclubs vorbehalten seien, keinen Zugang hätten und dort auch nicht Mitglied werden könnten.

Rauchverbot verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden

Der Bayerische Verfas­sungs­ge­richtshof hat die Popularklage abgewiesen. Es ist verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden, dass das gesetzliche Rauchverbot in Gaststätten und Vereins­räum­lich­keiten auch für Rauchervereine und Raucherclubs gilt, soweit nicht Einlass im Rahmen einer geschlossenen Gesellschaft gewährt wird.

Das in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 2 Nr. 8 GSG normierte strikte Rauchverbot in Gaststätten ist, wie der Verfas­sungs­ge­richtshof bereits in seinen Entscheidungen vom 14. April und 13. September 2011 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts festgestellt hat, mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. Das Vorbringen des Antragstellers gibt zu einer geänderten verfas­sungs­recht­lichen Bewertung keinen Anlass.

Freiwilliger Beitritt zu Raucherverein stellt typischerweise kein Einverständnis zur Gesund­heits­ge­fährdung durch Passivrauchen dar

Die angegriffene Regelung soll Besucher von Gaststätten vor den gesund­heit­lichen Gefahren durch Passivrauchen schützen und dient damit einen legitimen Zweck. Der Gesetzgeber darf dieses Ziel auch in Gaststät­ten­räumen verfolgen, die den Mitgliedern von Rauchervereinen oder -clubs vorbehalten sind. Er darf davon ausgehen, dass sich dort neben rauchenden Gästen in nicht unbeträcht­licher Zahl auch Nichtraucher aufhalten, die dem Verein aus anderen Gründen beigetreten sind, z. B. um soziale Kontakte zu pflegen oder gastronomische Angebote nutzen zu können. Im freiwilligen Beitritt zu einem Raucherverein, dessen Treffen in Gaststät­ten­räumen stattfinden, liegt – ebenso wie im Betreten eines jedermann zugänglichen Raucherlokals – typischerweise kein Einverständnis mit der Gesundheitsgefährdung durch Passivrauchen, sondern lediglich die faktisch unvermeidbare Inkaufnahme dieses Risikos, um uneingeschränkt am gesell­schaft­lichen Leben durch den Besuch einer ausgewählten Örtlichkeit teilnehmen zu können.

Gleichwertiger Schutz durch mildere Mittel als striktes Rauchverbot nicht gewährleistet

Gegen den Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit wird nicht verstoßen. Mildere Mittel als das strikte Rauchverbot können keinen gleichwertigen Schutz gewährleisten. Die getroffene Regelung überschreitet auch insoweit nicht das erforderliche Maß, als damit Rauchervereine oder -clubs erfasst werden, die ausdrücklich keine Nichtraucher aufnehmen und diesen kein Zutrittsrecht zu den betreffenden Gaststät­ten­räumen gewähren. Die Effektivität einer solchen zivil­recht­lichen Selbst­­be­schränkung darf der Gesetzgeber im Rahmen seines Prognose- und Einschät­zungs­spielraums als gering ansehen, sodass er dafür keine Ausnahme vorsehen muss. Aufnahme- und Zutrittsverbote für Nichtraucher lassen sich bei Rauchervereinen, die nicht auf einen Kreis enger Bekannter beschränkt, sondern auf die Gewinnung von Mitgliedern ausgerichtet sind und einem breiteren Publikum offenstehen, nicht wirksam durchsetzen.

Unter­schiedliche Behandlung von "echten" geschlossenen Gesellschaften und Raucherclubs sachlich gerechtfertigt

Sachlich gerechtfertigt ist die unter­schiedliche Behandlung der auf Mitglie­der­ge­winnung ausgerichteten „offenen“ Rauchervereine bzw. -clubs einerseits und der so genannte echten geschlossenen Gesellschaften andererseits. Bei Letzteren ergehen in der Regel persönliche Einladungen zu einem bestimmten Termin, an dem sich ein festgelegter Personenkreis zu einer Feierlichkeit oder aus sonstigem Anlass trifft. Solche internen Veranstaltungen erscheinen im Hinblick auf ihre freie Gestaltbarkeit deutlich schutzwürdiger als die Aktivitäten eines Vereins, dessen (wechselnde) Mitglieder kein weitergehender Zweck verbindet als der gemeinsame Wunsch, in öffentlich zugänglichen Räumen einer Gaststätte rauchen zu können.

Rauchverbot in Vereins­räum­lich­keiten ebenfalls verfas­sungsgemäß

Das Rauchverbot in Vereins­räum­lich­keiten (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 2 Nr. 6 GSG) ist, soweit s für Rauchervereine und Raucherclubs gilt, ebenfalls mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. Um Nichtraucher vor den Gesund­heits­ge­fahren des Passivrauchens zu schützen, durfte der Gesetzgeber in gleicher Weise wie bei Gaststät­ten­räumen das Rauchen auch in den öffentlich zugänglichen Vereinsräumen verbieten. Unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen dagegen kein Rauchverbot gilt, weil eine vereinsinterne Zusammenkunft als geschlossene Gesellschaft anzusehen ist, ist eine Frage des einfachen Rechts, die nicht im Popula­r­kla­ge­ver­fahren durch den Verfas­sungs­ge­richtshof, sondern im fachge­richt­lichen Verfahren durch die zuständigen Gerichte zu entscheiden ist.

Quelle: Bayerischer Verfassungsgerichtshof/ra-online

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