Durch die Errichtung einer dritten Start- und Landebahn sollen am Flughafen München statt bisher rund 90 bis zu 120 Flugbewegungen pro Stunde abgewickelt werden können. Gegen die Zulassungsentscheidung wenden sich eine Reihe betroffener Bürger, deren Grundstücke teilweise für das Vorhaben in Anspruch genommen werden sollen, die Stadt Freising, die Gemeinden Berglern, Eitting, Fahrenzhausen und Oberding, der Landkreis Freising sowie der Bund Naturschutz.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies die Klagen jedoch ab. Der Gerichtshof stützt sein Urteil darauf, dass nach den geltenden rechtlichen Maßstäben kein Fehler des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ersichtlich sei, der eine andere Entscheidung als die Klageabweisung zulasse. Dem Vorhaben stünden weder Gründe des Bedarfs noch schädliche Umwelteinwirkungen noch Gründe des Naturschutzes entgegen. Die Regierung von Oberbayern habe den ihr zustehenden planerischen Spielraum nicht überschritten. Die Planfeststellung verstoße nicht gegen zwingendes Recht.
Hinsichtlich der Bedarfsprognose für eine dritte Start- und Landebahn konnten nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs keine durchgreifenden Mängel festgestellt werden. Die vorliegenden Gutachten wiesen mit vertretbarer Methodik einen hinreichenden Verkehrsbedarf aus. Dabei komme es nicht auf die heutige Perspektive, sondern auf diejenige bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses im Juli 2011 an. Durchgreifende Mängel ergäben sich ferner nicht aus der Art und Weise der Durchführung des behördlichen Verfahrens, der Festlegung und Gewichtung der planerischen Ziele, der Auswahl des planfestgestellten Vorhabens aus einer Vielzahl geprüfter Varianten oder der Länge der geplanten dritten Bahn von 4.000 Metern.
Die zu erwartenden zusätzlichen Belastungen der Anwohner durch eine nicht unerhebliche Mehrung des Fluglärms oder durch Luftschadstoffe halten sich nach den Feststellungen des Gerichts innerhalb der vom Gesetz- bzw. Verordnungsgeber gezogenen Grenzen. Unzumutbaren Gefahren, namentlich etwa durch so genannte Wirbelschleppen (von Flugzeugen ausgehende, teilweise bis zum Boden absinkende Luftwirbel) oder durch potenzielle Flugunfälle, wäre die Nachbarschaft des Flughafens nach Überzeugung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Zuge von Errichtung und Betrieb einer dritten Start- und Landebahn ebenfalls nicht ausgesetzt.
Im Privateigentum von Klägern stehende Grundstücke würden – gemessen an der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes – nicht zu Unrecht für das im Wohl der Allgemeinheit liegende Vorhaben in Anspruch genommen. Auch das so genannte Entschädigungsgebiet für Übernahmeansprüche im Freisinger Ortsteil Attaching habe die Regierung von Oberbayern im Planfeststellungsbeschluss nicht zu kleinräumig festgesetzt. Innerhalb dieses Gebiets können Eigentümer wegen der dortigen Intensität der Belastungen gegen Übereignung ihrer Grundstücke an den Flughafenbetreiber eine Entschädigung in Höhe des Verkehrswerts verlangen. Nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs verlieren Wohngrundstücke jedenfalls außerhalb dieses Gebiets durch die zu erwartenden Auswirkungen der geplanten dritten Start- und Landebahn nicht in einem Maß an Wert, der die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses in Zweifel zieht.
In rechtlich geschützte Belange der klagenden Kommunen sowie des Landkreises Freising, namentlich in die kommunale Planungshoheit, greife die geplante Errichtung einer dritten Start- und Landebahn nicht unzulässig ein.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof vermochte auch keine durchgreifenden Verstöße des planfestgestellten Vorhabens gegen nationales oder europäisches Naturschutzrecht zu erkennen. Zwar stelle die geplante dritte Start- und Landebahn nicht zuletzt einen erheblichen Eingriff in das im Flughafenbereich gelegene Europäische Vogelschutzgebiet „Nördliches Erdinger Moos“ dar. Ein solcher Eingriff, unter anderem mit Auswirkungen zulasten europäisch geschützter Vogelarten wie beispielsweise Kiebitz oder Großer Brachvogel, sei jedoch ausnahmsweise insbesondere deshalb rechtlich zulässig, weil im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für das Vorhaben stritten. Zudem seien die von der Regierung von Oberbayern angeordneten umfangreichen naturschutzfachlichen Ausgleichmaßnahmen hinreichend. Die gewährten Ausnahmen von artenschutzrechtlichen Verboten seien im Ergebnis nicht zu beanstanden. Vorschriften zugunsten des Schutzes von Klima und Wasser stünden dem Vorhaben nicht entgegen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.02.2014
Quelle: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof/ra-online