Dokument-Nr. 8763
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss13.11.2009
Gericht gestattet Gedenkmarsch für verstorbenen NPD Vize-Vorsitzenden Jürgen Rieger in WunsiedelGedenkveranstaltung kann nicht verboten werden
Die für den 14. November 2009 in Wunsiedel von der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) angemeldete Versammlung mit dem Thema "Gedenkmarsch für Jürgen Rieger - Ewig lebt der Toten Tatenruhm" darf unter der Beschränkung stattfinden, dass jede Form der Erwähnung von Rudolf Heß zu unterlassen ist. Dies hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) entschieden. Das Landratsamt Wunsiedel hat die Möglichkeit, noch bis zum Beginn der Versammlung zusätzliche Beschränkungen anzuordnen.
Das Landratsamt Wunsiedel hatte diese Versammlung mit Bescheid vom 9. November 2009 verboten. Einen gegen das Verbot gerichteten Eilantrag der NPD lehnte das Verwaltungsgericht Bayreuth ab.
BayVGH: Kein vollständiges Verbot der Versammlung möglich
Nach Auffassung des BayVGH ist das vollständige Verbot der Versammlung – unter Berücksichtigung der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Versammlungs- und Meinungsäußerungsfreiheit – nicht mit den rechtlichen Anforderungen des Bayerischen Versammlungsgesetzes vereinbar. Zutreffend sei, dass eine Gedenkkundgebung für Rudolf Heß den Verbotstatbestand dieses Gesetzes erfüllen würde. Eine Heß- Gedenkveranstaltung sei jedoch nicht angemeldet worden. Maßgebend für die Entscheidung könne nur das von außen wahrnehmbare Gesamterscheinungsbild der geplanten Veranstaltung sein. Die Ermächtigung zur Beschränkung der im Grundgesetz gewährten Freiheiten knüpfe dabei ausdrücklich nicht an eine – verwerfliche – Gesinnung an, sondern an konkrete Gefahren für elementare Rechtsgüter.
Keine ausreichenden Belege für eine Tarnveranstaltung
Die das Versammlungsverbot stützende Annahme, dass es sich um eine Tarnveranstaltung handle und in Wirklichkeit eine Gedenkveranstaltung für Rudolf Heß durchgeführt werden solle, habe die Versammlungsbehörde nicht hinreichend belegen können, insbesondere sei auf vorliegende Gegenindizien nicht genügend eingegangen worden. Zudem könne von einer Gedenkveranstaltung für Jürgen Rieger, die keine nach außen sichtbaren Hinweise auf Rudolf Heß aufweise, weder auf die – für das Verbot unerlässliche - Billigung schwerer Menschenrechtsverletzungen durch das NS-Regime noch auf eine Gefahr der Beeinträchtigung der Würde der Opfer des NS-Regimes geschlossen werden, da Jürgen Rieger an der Willkür- und Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus nicht beteiligt gewesen sei.
Kein Gedenkmarsch für Rudolf Heß
Nach Auffassung des BayVGH kann der Befürchtung der Versammlungsbehörde, es könne sich aus der Veranstaltung für Jürgen Rieger ein Gedenkmarsch für Rudolf Heß entwickeln, mit Beschränkungen, mit denen sich die Veranstalterin bereits einverstanden erklärt habe, Rechnung getragen werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.11.2009
Quelle: ra-online, Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
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