14.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil18.06.2009

BVerwG: "Kampf ums Altpapier" – Entsorgung grundsätzlich durch öffentlich-rechtlichen Entsor­gungs­trägerKeine Befugnis zur Verwertung der verwertbaren Bestandteile des Hausmülls durch "Dritte"

Private Haushaltungen haben ihren Hausmüll einschließlich seiner verwertbaren Bestandteile (wie insbesondere des Altpapiers) grundsätzlich den öffentlich-rechtlichen Entsor­gungs­trägern, also den kommunalen Betrieben, zu überlassen. Sie sind nicht befugt, mit der Verwertung solcher Bestandteile "Dritte" zu beauftragen. Dies entschied das Bundes­ver­wal­tungs­gericht.

Der in der Öffentlichkeit als „Kampf ums Altpapier" bezeichnete Streit wurde durch eine Anordnung der Landes­hauptstadt Kiel ausgelöst, mit der sie einem privaten Unternehmen der Abfal­l­ent­sorgung untersagte, im Stadtgebiet Altpapier aus privaten Haushaltungen durch Aufstellung „blauer Tonnen" zu erfassen und zu verwerten, u.a. weil diese Tätigkeit die Planungs­si­cherheit und Funkti­o­ns­fä­higkeit der kommunalen Abfal­l­ent­sorgung beeinträchtige, die zu Vorkehrungen für den Fall des „Ausstiegs" des Privat­un­ter­nehmens verpflichtet sei. Die hiergegen erhobene Klage war in zweiter Instanz erfolgreich. Das Oberver­wal­tungs­gericht hob den Bescheid mit der Begründung auf, die Pflicht zur Überlassung privaten Hausmülls an den öffent­lich­recht­lichen Entsor­gungs­träger entfalle nach § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG, soweit die Besitzer des Hausmülls zur Verwertung in der Lage seien; das sei auch dann der Fall, wenn ein beauftragter Dritter die Verwertung besorge. Außerdem sei die Tätigkeit der Klägerin als „gewerbliche Sammlung" gemäß § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrW-/AbfG von der Überlas­sungs­pflicht freigestellt. (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil v. 22.04.2008 - 4 LB 7/06 -)

Änderung von traditionellem Entsor­gungs­system hätte gesetzlicher Regelung bedurft

Dem ist das Bundes­ver­wal­tungs­gericht nicht gefolgt. Es hat dem Kreis­l­auf­wirt­schafts- und Abfallgesetz vielmehr für den Bereich der Abfälle aus privaten Haushaltungen die grundsätzliche Zuständigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsor­gungs­träger entnommen. Davon ausgenommen sind nur die Teile des Hausmülls, zu deren Verwertung die Abfallbesitzer persönlich - also ohne Beauftragung eines Dritten - beispielsweise bei Eigen­kom­pos­tierung in der Lage sind. Das ergibt sich nach Auffassung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts aus der Systematik des Gesetzes und aus dessen Zweck, die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung von Abfällen sicherzustellen. Bei privaten Haushalten rechtfertigt diese Zielsetzung anders als bei verwertbarem Müll aus anderen Herkunfts­be­reichen die grundsätzliche Zuweisung an den öffentlich-rechtlichen Entsor­gungs­träger. Wäre eine - auch der Entste­hungs­ge­schichte des Kreis­l­auf­wirt­schafts- und Abfallgesetzes nicht zu entnehmende - Abkehr von diesem tradierten Entsor­gungs­system beabsichtigt gewesen, hätte es einer deutlichen gesetzlichen Regelung bedurft.

BVerwG fasst Voraussetzungen für Ausnahmen vom Grundsatz der öffent­lich­recht­lichen Entsorgung und Verwertung des Hausmülls sehr eng

Ob und in welchem Umfang die Tätigkeit der Klägerin als „gewerbliche Sammlung" im Sinne von § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrW-/AbfG anzusehen ist und sie in diesem Rahmen Altpapier aus Privat­haus­halten ausnahmsweise verwerten darf, konnte das Bundes­ver­wal­tungs­gericht mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Es hat aber die Voraussetzungen für diese Ausnahme erheblich enger gefasst als das Oberver­wal­tungs­gericht. Der Sammlungs­begriff des Kreis­l­auf­wirt­schafts- und Abfallgesetzes schließt Tätigkeiten aus, die auf der Grundlage vertraglicher Bindungen zwischen dem sammelnden Unternehmen und den privaten Haushalten nach Art eines Entsor­gungs­trägers in dauerhaften festen Strukturen gegen Entgelt abgewickelt werden. Ferner stehen überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung nicht erst bei einer Existenz­ge­fährdung des öffent­lich­recht­lichen Entsor­gungs­systems, sondern schon dann entgegen, wenn die Sammlung­s­tä­tigkeit nach ihrer konkreten Ausgestaltung mehr als nur geringfügige Auswirkungen auf die Organisation und die Planungs­si­cherheit des öffentlich-rechtlichen s nach sich zieht. Zur Prüfung dieser engeren Voraussetzungen hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht die Sache an das Oberver­wal­tungs­gericht zurückverwiesen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 36/09 des BverwG vom 18.06.2009

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