18.10.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil25.07.2012

Gesetzliche Pflicht zur Weitergabe von Telefon-Teilnehmerdaten mit Unionsrecht vereinbarDeutsche Telekom muss Konkur­ren­z­un­ter­nehmen Daten von Teilnehmern anderer Telefon­dien­st­an­bieter zur Verfügung stellen

Die gesetzliche Verpflichtung von Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­un­ter­nehmen, ihnen vorliegende Daten von Teilnehmern anderer Telefon­dien­st­an­bieter - unabhängig von der Zustimmung des anderen Telefon­dien­st­an­bieters bzw. seines Teilnehmers - konkurrierenden Unternehmen zum Zweck der Bereitstellung von öffentlich zugänglichen Auskunfts­diensten und Teilneh­mer­ver­zeich­nissen zur Verfügung zu stellen, steht mit dem geltenden Unionsrecht in Einklang. Dies entschied das Bundes­ver­wal­tungs­gericht.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls, die Deutsche Telekom AG, vergibt als Netzbetreiberin Telefonnummern an ihre Endnutzer. Sie betreibt einen bundesweiten telefonischen Auskunftsdienst sowie einen Inter­ne­taus­kunfts­dienst. Außerdem gibt sie über eine Tochter­ge­sell­schaft gedruckte Teilneh­mer­ver­zeichnisse heraus. Die Beigeladenen bieten ihrerseits Telefon- bzw. Internet-Auskunfts­dienste an. Sie verlangen, dass die Klägerin ihnen den gesamten bei ihr vorhandenen Teilneh­mer­da­ten­bestand zur Verfügung stellt und täglich die Aktualisierung ermöglicht. Die Klägerin ist dazu grundsätzlich bereit, soweit es um die Daten ihrer eigenen Netzteilnehmer geht. Sie hält sich aber nicht für verpflichtet, auch diejenigen Daten weiterzugeben, die zwar in ihren eigenen Verzeichnissen veröffentlicht werden, aber von Teilnehmern anderer Netzbetreiber stammen. Darüber hinaus macht sie die Herausgabe davon abhängig, dass weder der betroffene Teilnehmer noch sein Netzbetreiber die Veröf­fent­lichung ausschließlich durch die Deutsche Telekom wünschen.

Jeder Anbieter von Telefondiensten muss vorhandene Teilnehmerdaten auch an konkurrierende Anbieter herausgeben

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat in einem Beschluss vom 28. Oktober 2009 die im deutschen Telekommunikationsgesetz vorgesehene Verpflichtung zur Überlassung von Teilnehmerdaten dahin ausgelegt, dass jeder Anbieter von Telefondiensten alle bei ihm vorhandenen und von ihm selbst zur Veröf­fent­lichung vorgesehenen Teilnehmerdaten auch an konkurrierende Anbieter von Teilneh­mer­ver­zeich­nissen und Auskunfts­diensten herauszugeben hat. Nur so lässt sich der Zweck der Weiter­ga­be­pflicht erfüllen, der darauf gerichtet ist, tragfähige Wettbe­wer­bss­trukturen auf den Märkten für Teilneh­mer­ver­zeichnisse und Auskunfts­dienst­leis­tungen zu ermöglichen und nachhaltig zu fördern.

BVerwG erbittet Vorab­ent­scheidung des EuGH zur Vereinbarkeit der gesetzlichen Pflicht mit Unionsrecht

Der Datenschutz verlangt zwar, dass jeder Teilnehmer selbst bestimmen kann, ob und mit welchen Daten er in Teilneh­mer­ver­zeichnisse und Auskunfts­dienste aufgenommen werden will, nicht aber die Möglichkeit, eine grundsätzlich gewünschte Veröf­fent­lichung auf einzelne Unternehmen zu beschränken. Weil allerdings fraglich war, ob die so verstandene, weite Pflicht zur Weitergabe der zur Veröf­fent­lichung bestimmten Teilnehmerdaten an konkurrierende Unternehmen mit Unionsrecht vereinbar ist, hatte das Bundes­ver­wal­tungs­gericht sein Verfahren ausgesetzt und zur Klärung dieser Frage eine Vorab­ent­scheidung des Europäischen Gerichtshofs eingeholt.

EuGH: Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­ge­setzes mit Unionsrecht vereinbar

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass die vom Bundes­ver­wal­tungs­gericht für zutreffend gehaltene Auslegung des deutschen Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­ge­setzes mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

Telekom hält Entscheidung des EuGH aufgrund neuer Richtlinie der Union für überholt

In dem nunmehr fortzusetzenden Verfahren hat die Klägerin geltend gemacht, die Vorab­ent­scheidung des Europäischen Gerichtshofs beruhe auf einer Rechtsgrundlage, die durch eine inzwischen ergangene neue Richtlinie der Union überholt sei. Diese neue Richtlinie lasse die Auferlegung einer Verpflichtung zur Überlassung von Teilnehmerdaten anderer Telefon­dien­st­an­bieter unmittelbar durch Gesetz nicht zu, sondern weise eine solche Befugnis ausschließlich den nationalen Regulie­rungs­be­hörden zu.

Neue Regelungs­be­fugnis bezieht sich nur auf Öffnung der Zugangswege für Nutzung von Teilneh­me­raus­kunfts­diensten

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Zwar muss das deutsche Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­gesetz nach Ablauf der Umsetzungsfrist so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der neuen Richtlinie ausgelegt werden. Die in der Richtlinie vorgesehene Regelungs­be­fugnis der nationalen Regulie­rungs­be­hörden bezieht sich jedoch nicht auf die Pflicht der Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­un­ter­nehmen zur Überlassung von Daten an andere Unternehmen, sondern hat lediglich die Öffnung der Zugangswege als unerlässliche technische Voraussetzung der Nutzung von Teilneh­me­raus­kunfts­diensten zum Gegenstand. Wegen der Offenkundigkeit dieser Auslegung des Unionsrechts konnte das Bundes­ver­wal­tungs­gericht von einer erneuten Aussetzung des Verfahrens und Einholung einer Vorab­ent­scheidung des Europäischen Gerichtshofes absehen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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