23.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Beschluss20.12.2018

Eigenschaft islamischer Dachverbände als Religions­gemeinschaft bedarf weiterer AufklärungBVerwG zum Anspruch auf Einführung islamischen Religions­unterrichts

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass Dachverbände auch Religions­gemeinschaften seien können. Voraussetzung ist, dass sie unter anderem über Kompetenz und Autorität in Fragen der religiösen Lehre verfügen. Jedoch steht auch einer Religions­gemeinschaft der Anspruch darauf, dass der Schulträger nach ihren Glaubens­grund­sätzen Religi­o­ns­un­terricht als ordentliches Lehrfach an öffentlichen Schulen einrichtet, nur zu, wenn sie Gewähr bietet, die Verfas­sungs­ordnung des Grundgesetzes, insbesondere die Grundrechte und die freiheitliche Verfassung des Staats­kir­chen­rechts, zu respektieren.

Die Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens sind islamische Dachverbände in der Rechtsform des eingetragenen Vereins. Ihre Mitglieder sind Moschee­ge­meinden sowie islamische Verbände und Vereine. Ihre Klagen mit dem Ziel, das Land Nordrhein-Westfalen zu verpflichten, an den öffentlichen Schulen islamischen Religionsunterricht einzurichten, sind in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Nach Auffassung des Oberver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nordrhein-Westfalen sind die Kläger keine Religi­o­ns­ge­mein­schaften im Sinne des Grundgesetzes, weil sie keine Lehrautorität in religiösen Fragen wahrnähmen. Lehrmeinungen des Gelehrtenrats des Klägers zu 1 hätten nur empfehlenden Charakter. Beide Kläger äußerten sich nicht in zentralen Konfliktfragen des Islam in Deutschland wie dem Verhältnis von Grundgesetz und Scharia, der Stellung der Frauen und der religiösen Toleranz.

BVerwG weist Sache zurück an OVG

Auf die Nicht­zu­las­sungs­be­schwerden hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache erneut an das Berufungs­gericht zurückverwiesen, weil das Oberver­wal­tungs­gericht die verwal­tungs­pro­zess­rechtliche Bindung an die tragenden rechtlichen Erwägungen des ersten in dieser Sache ergangenen Revisi­ons­urteils des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts aus dem Jahr 2005 nicht hinreichend beachtet hat (vgl. Bundes­ver­wal­tungs­gericht, v. 23.02.2005 - BVerwG 6 C 2.04 -).

Dachverbände müssen als Religi­o­ns­ge­mein­schaften über Kompetenz und Autorität in Fragen der religiösen Lehre verfügen

Religi­o­ns­ge­mein­schaften haben nach Art. 7 Abs. 3 Satz 1 und 2 des Grundgesetzes einen Anspruch darauf, dass der Schulträger nach ihren Glaubens­grund­sätzen Religi­o­ns­un­terricht als ordentliches Lehrfach an öffentlichen Schulen einrichtet. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat in dem ersten Revisionsurteil entschieden, dass Dachverbände wie die Kläger Religi­o­ns­ge­mein­schaften sind, wenn sie unter anderem über Kompetenz und Autorität in Fragen der religiösen Lehre verfügen. Dies betrifft die Glaubensinhalte des religiösen Bekenntnisses, die sich daraus ergebenden Verhal­tens­an­for­de­rungen für die religiös Verant­wort­lichen und die Gläubigen sowie die Ausübung des Kults. Lehrautorität setzt voraus, dass sie mit einer gewissen Kontinuität ausgeübt wird, und die Lehrmeinungen Gewicht haben, sodass sich die religiös Verant­wort­lichen und Gläubigen daran orientieren. Ein verbindliches Lehramt ist nicht erforderlich; dessen Einrichtung hängt vom Selbst­ver­ständnis der Religi­o­ns­ge­mein­schaft ab. Auch einer Religi­o­ns­ge­mein­schaft steht der Anspruch nach Art. 7 Abs. 3 Satz 1 und 2 des Grundgesetzes nur zu, wenn sie Gewähr bietet, die Verfas­sungs­ordnung des Grundgesetzes, insbesondere die Grundrechte und die freiheitliche Verfassung des Staats­kir­chen­rechts, zu respektieren.

OVG muss Tätigkeit in Fragen religiöser Lehre und deren Bedeutung für religiös Verantwortliche und Gläubige weiter aufklären

Das Oberver­wal­tungs­gericht hat diese bindenden Maßgaben nicht beachtet, weil es die Eigenschaft als Religi­o­ns­ge­mein­schaft von einem verbindlichen Lehramt in religiösen Fragen und der Abgabe von Stellungnahmen in Fragen des Verhältnisses von Staat und Religion abhängig gemacht hat. Der zweite Gesichtspunkt betrifft die Respektierung der Verfas­sungs­ordnung durch eine bestehende Religi­o­ns­ge­mein­schaft. Das Oberver­wal­tungs­gericht wird die Tätigkeit der Kläger in Fragen der religiösen Lehre und deren Bedeutung für religiös Verantwortliche und Gläubige weiter aufzuklären haben. Stellt es fest, dass die Kläger über Lehrautorität verfügen und auch die weiteren Voraussetzungen für eine Religi­o­ns­ge­mein­schaft erfüllt sind, wird es der Frage der Respektierung der Verfas­sungs­ordnung nachzugehen haben.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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