21.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil29.01.2020

Klagen gegen Verbot der Vereinigung "linksunten.indymedia" erfolglosZur Anfechtung des Verbots einer Vereinigung ist regelmäßig nur verbotene Vereinigung selbst befugt

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass zur Anfechtung des Verbots einer Vereinigung regelmäßig nur die verbotene Vereinigung selbst befugt ist, nicht dagegen Vereins­mit­glieder oder Dritte. Auf die Klagen einzelner Personen hin, die dem verbotenen Personen­zusammen­schluss angehören, kann lediglich geprüft werden, ob die verbotene Vereinigung dem Vereinsgesetz unterfällt und die im Vereinsgesetz genannten Struk­tur­merkmale aufweist. Eine weitergehende Prüfung der Rechtmäßigkeit des Vereinsverbots, insbesondere des Vorliegens der materiellen Verbotsgründe, kommt nur auf die Klage der verbotenen Vereinigung selbst in Betracht.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Mit Bescheid vom 14. August 2017 hatte das Bundes­mi­nis­terium des Innern den Verein "linksunten.indymedia" verboten. Er soll das Internetportal "linksunten.indymedia.org" betrieben haben, bei dem es sich nach der Darstellung im Verbotsbescheid um die wichtigste Plattform gewal­to­ri­en­tierter Links­ex­tre­misten in Deutschland handele. Die verbotene Vereinigung verfolge den Strafgesetzen zuwiderlaufende Zwecke und richte sich gegen die verfas­sungs­mäßige Ordnung. Nach Einschätzung der Verbotsbehörde waren die Kläger Mitglieder bei "linksunten.indymedia". Mit ihrer Klage begehrten sie die Aufhebung des Verbots­be­scheids. Sie machten u.a. geltend, dass das Vereinsgesetz nicht zum Verbot eines Nachrich­ten­portals instru­men­ta­lisiert werden dürfe.

Vollständige Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vereinsverbots kann nur Verein selbst erreichen

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht wies die Klagen ab. Einzelne Personen könnten sich gegen ein Vereinsverbot nur insoweit wenden, als sie eine Verletzung ihrer durch Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz geschützten Möglichkeit geltend machen, sich weiter in der bisherigen Art und Weise gemeinsam zu betätigen. Dies rechtfertige allein die gerichtliche Prüfung, ob das Vereinsgesetz anwendbar ist und ein Verein im Sinne dieses Gesetzes vorliegt. Eine vollständige Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vereinsverbots könne nur der Verein selbst erreichen. Denn die Verbots­ver­fügung ziele lediglich auf die kollektive Gewährleistung der Verei­ni­gungs­freiheit (Art. 9 Abs. 1 GG). Dahinter treten die individuellen Grund­rechts­ge­währ­leis­tungen zurück, weil die Mitglieder nur im Rahmen der kollektiven Willensbildung in der Vereinigung tätig werden können.

Vereinsverbot darf nicht auf vom Schutz der Meinungs­freiheit gedeckte Meinung­s­äu­ße­rungen gestützt werden

Das Vereinsrecht sei hier anwendbar, weil es auch Organisationen erfasst, deren Zweck Pressetätigkeit i.S.v. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ist. Der besondere Schutzanspruch der Medien sei im Rahmen der Prüfung der Verbotsgründe, insbesondere der Verhält­nis­mä­ßigkeit des Verbots, zu berücksichtigen. Das Vereinsverbot dürfe nicht auf Meinung­s­äu­ße­rungen gestützt werden, die den Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG genießen.

Gesetzliche Voraussetzungen des Vereinsbegriffs erfüllt

Die verbotene Vereinigung erfülle nach dem Inhalt der Selbst­dar­stel­lungen die gesetzlichen Voraussetzungen des Vereinsbegriffs. Bei "linksunten.indymedia" handele es sich um eine Vereinigung, zu der sich beim Gründungs­treffen im Jahr 2008 mehrere Personen zu dem gemeinsamen Zweck, durch den Betrieb der Inter­net­plattform eine "linke Gegen­öf­fent­lichkeit" herzustellen und soziale Bewegungen auch auf lokaler Ebene stärker zu vernetzen, freiwillig zusam­men­ge­schlossen haben. Die Vereinigung habe ihre Tätigkeit arbeitsteilig organisiert und die Mitglieder haben die Ergebnisse der autonom organisierten Willensbildung als für sich verbindlich akzeptiert. Die Vereinigung habe auch im Zeitpunkt der Verbots­ver­fügung noch fortbestanden. Die geforderte Überprüfung des Vorliegens der materiellen Verbotsgründe sei auch im Hinblick auf andere von den Klägern geltend gemachte Gesichtspunkte nicht möglich gewesen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online (pm/kg)

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