21.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil13.10.2011

Flughafen Berlin-Brandenburg: Keine Ausweitung des Nacht­flug­verbotsNachbesserung beim Schallschutz

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Klagen von Anwohnern und Gemeinden gegen die Regelung des Nacht­flug­be­triebs auf dem Flughafen Berlin Brandenburg abgewiesen.

Der Planfest­stel­lungs­be­schluss "Ausbau Verkehrs­flughafen Berlin - Schönefeld" vom 13. August 2004 ließ ursprünglich einen zeitlich unbeschränkten Nacht­flug­betrieb zu. Auf ausgewählte Musterklagen von Anwohnern und Gemeinden hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht im Jahr 2006 das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft des Landes Brandenburg (MIL) verpflichtet, über eine weitergehende Einschränkung des Nacht­flug­be­triebs erneut zu entscheiden. Es hat vorgegeben, dass die Kernzeit der Nacht (:00 bis 5.00 Uhr) von Flugverkehr grundsätzlich frei bleiben muss; für die Zeit von 22:00 bis 24.00 Uhr und von 5:00 bis 6.00 Uhr hat es eine nachvoll­ziehbare Darlegung gefordert, warum der Flugverkehr nicht befriedigend innerhalb der Tagesstunden abgewickelt werden kann. Zur Umsetzung dieses Urteils hat das MIL im Planer­gän­zungs­be­schluss "Lärmschutz­konzept BBI" vom 20. Oktober 2009 Flugbetrieb von 23:30 bis 5.30 Uhr grundsätzlich verboten und von 22:00 bis 23.30 Uhr sowie von 5:30 bis 6.00 Uhr grundsätzlich zugelassen.

Ministerium hat planerischen Gestal­tungs­spielraum - Nachflu­g­re­gelung überschreitet nicht den Gestal­tungs­spielraum des Ministeriums

Nach dem Urteil des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts hat das MIL mit dieser Regelung des Nacht­flug­be­triebs den ihm eingeräumten planerischen Gestal­tungs­spielraum nicht überschritten. Einen Nachtflugbedarf hat es rechts­feh­lerfrei bejaht. Die Nacht­flug­prognose, die es zum Nachweis einer entsprechenden Nachfrage in Auftrag gegeben hat, ist methodengerecht erstellt; die Ergebnisse sind einleuchtend begründet. Das MIL hat auch plausibel dargelegt, dass es für Zu- und Abbringerflüge zu den Drehkreuz­flughäfen, für die Umlaufplanungen der Low-Cost-Carrier und der Touris­ti­k­verkehre und für den Inter­kon­ti­nen­ta­l­verkehr vernünf­ti­gerweise geboten ist, Flugverkehr von 5:30 bis 23.30 Uhr zuzulassen. Auszugehen ist hierbei von der Verkehrs­funktion des Flughafens Berlin Brandenburg als einzigem Verkehrs­flughafen für die Hauptstadt Berlin und die Metropolregion Berlin-Brandenburg.

Betriebsregeln gelten auch bei veränderten Flugrouten

Anders als bei der Festlegung der Schutz- und Entschä­di­gungs­gebiete durfte das MIL für die Regelung des Flugbetriebs die Lärmbe­trof­fen­heiten auf der Grundlage von parallelen An- und Abflugrouten ermitteln. Die DFS hatte zwar darauf hingewiesen, dass die Abflugrouten bei unabhängigen Abflügen von parallelen Bahnen um mindestens 15° divergieren sollen. Der Flugbetrieb wird jedoch nicht für bestimmte Flugrouten geregelt, sondern für einen Flughafen an einem bestimmten Standort mit einer bestimmten Siedlungs­struktur in seiner Umgebung. Die Betriebsregeln sollen grundsätzlich auch bei geänderten Flugrouten Bestand haben. Abflugrouten, die um bis zu 15° nach Norden oder nach Süden abknicken, würden zwar teilweise andere Gebiete betreffen als parallele Abflugstrecken; diese Gebiete wären jedoch nicht oder jedenfalls nicht erheblich dichter besiedelt. Die Veränderungen der Lärmbe­trof­fen­heiten bleiben in einem Unsicher­heits­bereich, der bei der Regelung des Flugbetriebs ohnehin mitgedacht werden muss. Dass um mehr als 15° abknickende, zu größeren Betroffenheiten führende, Abflugstrecken festgelegt werden, brauchte das MIL ausgehend von den Erklärungen der DFS nicht in Betracht zu ziehen.

Ministerium ist auf Belange der Anwohner ausreichend eingegangen

Der Ausgleich, den das MIL zwischen den Verkehr­s­in­teressen und den Belangen der Anwohner vorgenommen hat, hält sich im Rahmen des der Exekutive zustehenden Gestal­tungs­spielraums. Für die Nachtkernzeit hat es - der Vorgabe des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts folgend - Starts und Landungen grundsätzlich verboten und nur eng begrenzte Ausnahmen zugelassen. Es hat das grundsätzliche Nachtflugverbot darüber hinaus auf die Zeit von 23:30 bis 24.00 Uhr und von 5:00 bis 5.30 Uhr erstreckt. Dieser Schutz der Nachtruhe macht es vertretbar, den Lärmschutz bis 23.30 Uhr und ab 5.30 Uhr weitgehend hinter den Verkehr­s­in­teressen zurücktreten zu lassen. Auch in diesen Zeitsegmenten muss das Schutzkonzept eines Abschwellens des Fluglärms bis zum Beginn der Kernzeit und eines Anschwellens nach dessen Ende jedoch weiter durchgeführt werden; selbst die Stunde von 22:00 bis 23.00 Uhr darf nicht als bloße Verlängerung des Tagflugbetriebs angesehen werden. Die Nacht­ver­kehr­s­prognose hat einen abnehmenden Trend der Flugbewegungen vom Ende des Tages zur Nachtkernzeit hin ergeben; vor diesem Hintergrund durfte das MIL von einer weitergehenden Beschränkung des Nacht­flug­be­triebs absehen. Sollte sich die erste Nachtstunde entgegen der Verkehr­s­prognose zu einer Stunde entwickeln, in der die Fluglärm­be­lastung in der Regel größer ist als in den Abendstunden, wären die Anwohner rechtlich nicht schutzlos, denn das MIL hat sich den nachträglichen Erlass von Auflagen zum Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm vorbehalten.

Soweit die Klagen auf weitergehenden passiven Schallschutz und eine weitergehende Entschädigung für die Beein­träch­tigung der Außen­wohn­be­reiche gerichtet waren, haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt. Das MIL hatte sich zuvor u.a. verpflichtet, nach der erstmaligen Festlegung der Flugrouten durch das Bundes­auf­sichtsamt für Flugsicherung die bisher festgelegten Schutz- und Entschä­di­gungs­gebiete insgesamt neu auszuweisen; die Neben­be­stim­mungen zu den bereits festgelegten Schutz- und Entschä­di­gungs­ge­bieten bleiben hiervon unberührt. Damit hat das MIL entsprechende Bedenken des Gerichts ausgeräumt.

Quelle: ra-online, Bundesverwaltungsgericht (pm/pt)

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