21.11.2024
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Dokument-Nr. 5761

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Bundesverwaltungsgericht Urteil13.03.2008

BVerwG: Kommunen dürfen Lkw-Durch­fahr­verbote zur Unterbindung von Mautaus­weich­verkehr verhängenGericht klärt die Voraussetzungen für Verkehrs­be­schrän­kungen

Zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen dürfen Kommunen grundsätzlich Durch­fahr­verbote erteilen, damit ihre Straßen, nicht von Lkw-Fahrern benutzt werden, die die Autobahn-Maut umgehen möchten. Dies hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht entschieden. Als Voraussetzung für den Erlass von Durch­fahr­verboten muss der Lärmpegel durch den Ausweichverkehr um mindestens drei Dezibel erhöht sein oder aber ein Pegel von tagsüber mindestens 70 Dezibel beziehungsweise nachts 60 Dezibel erreicht werden.

Zur Unterbindung von Mautaus­weich­verkehr verhängten das Landratsamt Ansbach und die Stadt Dinkelsbühl im Sommer 2006 versuchsweise befristet auf ein halbes Jahr ein Verbot für den Durch­gangs­verkehr mit Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als zwölf Tonnen auf der B 25. Das auf die Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr beschränkte Verbot wurde mit den Verkehrszeichen 253 und den beiden Zusatzzeichen "Durch­gangs­verkehr" und "12 t" sowie einem weiteren Zusatzzeichen mit der Angabe der tageszeitlichen Geltung der Sperrung umgesetzt. In Fahrtrichtung Süd wurde außerdem ein Zusatzzeichen mit der Angabe "B 25 Zufahrt Landkreise Ansbach und Donau-Ries frei" und in Fahrtrichtung Nord ein Zusatzzeichen mit der Angabe "B 25 Zufahrt Landkreis Ansbach frei" angebracht. In Verkün­dungs­blättern gaben die Beklagten außerdem bekannt, dass Fahrten zum Be- und Entladen bei Unternehmen in einem Korridor von ca. 30 km-Luftlinie westlich und östlich der B 2 zwischen der Landkreisgrenze Donau-Ries (nördliche Grenze) und der Autobahn A 8 West (südliche Grenze) von dem Verbot ausgenommen seien.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in Leipzig hat das Urteil des Verwal­tungs­ge­richts bestätigt, dass die hier getroffenen Regelungen rechtswidrig waren. Es hat deshalb die Sprungrevision der Beklagten zurückgewiesen.

Straßenverkehr darf nur durch Verkehrszeichen und Verkehr­s­ein­rich­tungen geregelt werden - nicht durch schriftliche Allge­mein­ver­fü­gungen

Die mit der Korri­dor­re­gelung bezweckten Ausnahmen vom nächtlichen Durchfahrverbot konnten nicht durch eine nur schriftlich ergangene und bekanntgegebene Allge­mein­ver­fügung geregelt werden. § 45 Abs. 4 Satz 1 StVO gibt vor, dass die Straßen­ver­kehrs­be­hörden den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und -einrichtungen regeln und lenken dürfen. An diese Form waren auch die Beklagten bei der Umsetzung ihres Regelungs­konzepts gebunden. Da die Durch­fahr­verbote ohne die Ausnahmen nicht erlassen worden wären, schlug deren Rechts­wid­rigkeit auf die Gesamtregelung durch.

Inhalt von Verkehrs­schildern muss rasch verstanden werden können

Die aufgestellten Verkehrszeichen genügten nicht den sich aus dem Sicht­ba­r­keits­grundsatz ergebenden Anforderungen an die sofortige Erkennbarkeit ihres Regelungs­gehalts. Da Verkehrszeichen sofort zu befolgen sind, muss eine durch deren Aufstellen bekannt gegebene Regelung klar, eindeutig und vollständig sein. Der Verkehrs­teil­nehmer muss sie bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon mit einem raschen und beiläufigen Blick erfassen können. Dies bei einer Schil­der­kom­bi­nation aus mindestens fünf Verkehrszeichen - wie hier - nicht gewährleistet. Außerdem konnten die Zusatzzeichen, mit denen die Zufahrt zu den Landkreisen Ansbach und Donau-Ries freigegeben werden sollte, ohne einen Rückgriff auf Hilfsmittel, wie etwa eine Karte mit eingezeichneten Landkreis­grenzen, von den Fahrern nicht sofort umgesetzt werden.

Richter nennen Voraussetzungen für Durch­fahr­verbote

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat außerdem die Voraussetzungen für den Erlass von Durch­fahr­verboten zur Unterbindung von Mautaus­weich­verkehr präzisiert. Nach § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO können zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen und aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs bei erheblichen Auswirkungen mautflucht­bedingt veränderter Verkehrs­ver­hältnisse angeordnet werden. Orien­tie­rungs­punkte dafür, wann die Beein­träch­ti­gungen durch Mautaus­weich­verkehr diese Erheb­lich­keits­schwelle erreichen, können unter anderem der Verkehrs­lärm­schutz­ver­ordnung - 16. BImschV - entnommen werden. Erhebliche Auswirkungen liegen danach unter anderem vor, wenn sich der Beurtei­lungspegel durch den Mautaus­weich­verkehr um mindestens 3 Dezibel (A) erhöht oder aber ein Beurtei­lungspegel von mindestens 70 Dezibel (A) am Tage oder 60 Dezibel (A) in der Nacht erstmals erreicht oder - soweit eine solche Lärmbelastung schon zuvor bestand - überschritten wird.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 17/08 des BVerwG vom 13.03.2008

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