Dokument-Nr. 8513
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Bundesverwaltungsgericht Urteil24.09.2009
Flüchtlingsanerkennung wegen exilpolitischer Aktivitäten im Folgeverfahren nicht möglichBVerwG äußert Bedenken, dass Nachfluchtgründe selbst geschaffen wurden
Asylbewerber, die als Jugendliche nach Deutschland gekommen sind, können nicht in einem Asylfolgeverfahren wegen neuer exilpolitischer Aktivitäten als Flüchtlinge anerkannt werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden.
Die Kläger der beiden Verfahren sind 1984 geborene Zwillingsbrüder aus dem Iran. Sie reisten 1999, im Alter von 15 Jahren, zusammen mit ihren Eltern nach Deutschland ein und stellten einen Asylantrag, der erfolglos blieb. Ein anschließender Folgeantrag, den sie mit ihrer aktiven Mitgliedschaft in zwei exilpolitischen Organisationen begründeten, wurde 2002 ebenfalls bestandskräftig abgelehnt. Im Jahr 2003 stellten sie erneut einen Folgeantrag, nachdem sie inzwischen an einem regimekritischen Theaterstück mitgewirkt hatten, das über einen Fernsehsender in den Iran ausgestrahlt worden war. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte den Antrag ab, stellte aber zugunsten der Kläger das Bestehen eines ausländerrechtlichen Abschiebungsverbots fest.
Klägern droht Verfolgung im Iran
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in den Berufungsverfahren entschieden, dass die Kläger als Flüchtlinge anzuerkennen seien, weil ihnen wegen ihrer Teilnahme an dem Theaterstück im Iran Verfolgung drohe. Die Flüchtlingsanerkennung scheitere auch nicht an dem Regelausschlussgrund des § 28 Abs. 2 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG). Danach darf die Flüchtlingseigenschaft in einem Asylfolgeverfahren in der Regel nicht zuerkannt werden, wenn der Ausländer den Folgeantrag auf Umstände stützt, die er nach unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags selbst geschaffen hat. Bei den Klägern liege indes ein Ausnahmefall vor, da sie sich vor dem Verlassen ihres Herkunftslands alters- und entwicklungsbedingt noch keine feste politische Überzeugung hätten bilden können.
Feste politische Meinung der Kläger zum Zeitpunkt des Asylverfahrens bereits herausgebildet
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs aufgehoben und zur Begründung – in Anknüpfung an sein Urteil vom 18. Dezember 2008 – ausgeführt: Der Gesetzgeber hat mit § 28 Abs. 2 AsylVfG die Berufung auf Nachfluchtgründe, die nach negativem Abschluss eines vorangegangenen Asylverfahrens von dem Betroffenen selbst geschaffen werden, unter Missbrauchsverdacht gestellt. Diese – im Einzelfall widerlegbare – Regelvermutung knüpft an verstärkte Nachfluchtaktivitäten im Anschluss an ein erfolgloses vorheriges Asylverfahren an. Es kommt deshalb für das Eingreifen dieser Vermutung bei als Jugendliche eingereisten Ausländern entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs nicht darauf an, dass sie bei Verlassen des Herkunftslandes alters- und entwicklungsbedingt noch nicht in der Lage waren, sich eine feste politische Überzeugung zu bilden, sondern es genügt, dass sie diesen Entwicklungsstand in der Zeit vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens erreicht haben. Dabei wird davon auszugehen sein, dass in aller Regel bereits mit Vollendung des 16. Lebensjahrs, spätestens jedoch mit Vollendung des 18. Lebensjahrs die Herausbildung einer festen politischen Überzeugung möglich ist. Da die Kläger bei Abschluss des vorangegangenen Folgeverfahrens volljährig waren und sich im Übrigen tatsächlich auch bereits politisch betätigt hatten, werden ihre späteren verstärkten exilpolitischen Aktivitäten grundsätzlich von der Vermutung des § 28 Abs. 2 AsylVfG erfasst. Eine Flüchtlingsanerkennung kommt daher nur in Betracht, wenn die Kläger zur Widerlegung dieser Vermutung gute Gründe anführen können, warum sie ihre politischen Aktivitäten nach Abschluss des vorangegangenen Folgeverfahrens ausgeweitet haben. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof bisher nicht geprüft. Die Sachen wurden deshalb zur weiteren Aufklärung an ihn zurückverwiesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.09.2009
Quelle: ra-online, BVerwG
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