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Dokument-Nr. 7746

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Urteil21.04.2009BundesverwaltungsgerichtBVerwG 10 C 11.08
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Bundesverwaltungsgericht Urteil21.04.2009

Für die Anerkennung einer Gruppen­ver­folgung muss das Gericht die Gruppen­ver­folgung nach bestimmten Kriterien feststellenBVerwG hebt Flücht­lings­a­n­er­kennung wegen Gruppen­ver­folgung von Sunniten im Irak auf

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat eine Entscheidung des Bayerischen Verwal­tungs­ge­richtshofs (VGH) aufgehoben, der einem Iraker sunni­ti­s­chis­la­mischer Glaubens­richtung wegen einer Gruppen­ver­folgung von Sunniten im Irak die Flücht­lings­ei­gen­schaft zuerkannt hatte. Nach Angaben der beklagten Bundesrepublik leben im Irak etwa 8 bis 10 Millionen Sunniten.

Der VGH war der Auffassung, dass dem 2006 nach Deutschland eingereisten Kläger wegen seines sunnitischen Glaubens bei einer Rückkehr in den Irak Verfolgung drohe, weil die Sunniten dort einer Gruppenverfolgung durch nichtstaatliche Akteure, insbesondere durch schiitische Milizen, ausgesetzt seien. Der irakische Staat könne dagegen keinen Schutz bieten. Auch eine inländische Schutz­al­ter­native stehe dem aus Bagdad stammenden Kläger nicht zur Verfügung.

Gruppen­ver­folgung muss nach bestimmten Grundsätzen festgestellt werden

Der für das Asylrecht zuständige 10. Revisionssenat hat beanstandet, dass der VGH in dem angefochtenen Urteil von den in der höchst­rich­ter­lichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen für die Feststellung einer Gruppen­ver­folgung abgewichen ist. Danach braucht ein Flüchtling nicht notwen­di­gerweise ein individuelles Verfol­gungs­schicksal darzulegen, sondern kann sich darauf berufen, dass er einer Gruppe angehört, die im Heimatstaat aus asylerheblichen Gründen verfolgt wird. Die Annahme einer solchen Gruppen­ver­folgung setzt allerdings voraus, dass die gegen diese Gruppe gerichteten Verfol­gungs­hand­lungen so intensiv und zahlreich sind, dass jedes einzelne Mitglied der Gruppe daraus die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit herleiten kann. Um diese Verfol­gungs­dichte festzustellen, müssen die Anzahl und Intensität der Verfol­gungs­hand­lungen gegenüber der gesamten Gruppe ermittelt und zur Größe der Gruppe in Beziehung gesetzt werden.

Allein `Häufige Übergriffe´ reichen nicht für die Annahme einer Gruppen­ver­folgung

Dem wird das Urteil des VGH nicht gerecht. Es beschränkt sich darauf, „häufige" Übergriffe nicht­staat­licher Akteure gegen Sunniten festzustellen und hält wegen der Schwierigkeiten weiterer Aufklärung eine genauere Ermittlung der Verfol­gungs­dichte für entbehrlich. Es fehlt damit schon an Feststellungen zur Größenordnung der Verfol­gungs­hand­lungen, die in dem hier maßgeblichen Zeitraum gegen Sunniten unter Anknüpfung an ihr religiöses Bekenntnis gerichtet waren. Der VGH hat vielmehr nur Angaben zur Gesamtzahl aller Getöteten und Verletzten unter der irakischen Zivil­be­völ­kerung gemacht. Ebenso wenig hat er Feststellungen zur Größe der verfolgten Gruppe getroffen und diese in Beziehung zu den Verfol­gungs­hand­lungen gegen Sunniten gesetzt. Nur auf der Grundlage einer solchen Relati­o­ns­be­trachtung lässt sich aber nachvollziehbar bewerten, ob für jeden Sunniten im Irak nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne Weiteres die aktuelle Gefahr eigener Verfolgung besteht. Da das Bundes­ver­wal­tungs­gericht selbst nicht die erforderlichen Tatsachen feststellen darf, hat es den Rechtsstreit zur weiteren Klärung - auch im Hinblick auf eine etwaige individuelle Verfolgung des Klägers oder gegebenenfalls die Gewährung anderweitigen Abschie­bungs­schutzes - an den Verwal­tungs­ge­richtshof zurückverwiesen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 22/2009 des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.04.2009

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