23.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Beschluss25.06.2019

Abschiebung eines mutmaßlichen Gefährders in die Türkei wegen ernstlicher Zweifel an Rechtmäßigkeit der Anordnung ausgesetztVom Betroffenen ausgehende besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nicht hinreichend belegt

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat dem Eilantrag eines türkischen Staats­an­ge­hörigen aus Göttingen, der von den Behörden als islamistischer Gefährder eingestuft und dessen Abschiebung in die Türkei angeordnet worden ist, wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungs­anordnung stattgegeben.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das Nieder­säch­sische Ministerium für Inneres und Sport ordnete am 5. April 2019 - gestützt auf § 58 a Aufent­halts­gesetz (AufenthG) -gegen den 1990 in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Antragsteller, der sich seit Ende März 2019 in Haft befindet, die Abschiebung in die Türkei an. Die vorliegenden Erkenntnisse führten zu der Prognose, dass von dem Antragsteller eine besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und eine terroristische Gefahr ausgehe. Auch wenn den Sicher­heits­be­hörden aktuell noch kein konkreter Plan zur Ausführung einer terroristischen Gewalttat bekannt geworden sei, gehe von ihm ein beachtliches Risiko aus, dass er wegen seiner radikal-religiösen Einstellung und seiner Sympathie mit dem "Islamischen Staat" einen terroristischen Anschlag begehen oder sich an einem solchen beteiligen werde. Gleichzeitig sei wegen seiner Gewalt­be­reit­schaft zu befürchten, dass er eine derart gravierende Straftat verübe, die die Annahme einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik begründe.

BVerwG ordnet Aufschiebende Wirkung der Abschie­bungs­a­n­ordnung an

Auf den dagegen gerichteten Antrag ordnete der 1. Senat des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts, der in Fällen des § 58 a AufenthG erst- und letzt­in­sta­nzlich zuständig ist, die aufschiebende Wirkung der gegen die Abschie­bungs­a­n­ordnung gerichteten Klage an. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand - vorbehaltlich möglicher weiterer Erkenntnisse - bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschie­bungs­a­n­ordnung, die bei der gebotenen Abwägung der wider­strei­tenden Belange zu einer Aussetzung der Abschiebung führen. Die vom Ministerium zur Begründung der Abschie­bungs­a­n­ordnung angeführten Erkenntnisse belegen nicht hinreichend, dass vom Antragsteller gerade auch eine besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eine terroristische Gefahr im Sinne des § 58 a AufenthG ausgeht. Denn sie tragen bislang nicht die Bewertung, die inhaltliche Hinwendung des Antragstellers zum radikal-extremistischen Islamismus habe nach Intensität und Nachhaltigkeit bereits einen Grad erreicht, der die Prognose rechtfertigt, bei dem im Grundsatz gewaltbereiten Antragsteller bestehe wegen einer hohen Identifikation mit einer militanten, gewaltbereiten Auslegung des Islam oder seiner engen Kontakte zu gleichgesinnten Personen ein beachtliches Risiko i.S.d. § 58 a AufenthG. Anderweitigen Gefahren, die vom Antragsteller ausgehen, ist im Rahmen des allgemeinen Auswei­sungs­rechts (§§ 53 ff. AufenthG) sowie des Polizei- und Ordnungsrechts zu begegnen. Sollten sich durch weitere Sachaufklärung des Gerichts im Haupt­sa­che­ver­fahren oder infolge der Vorlage neuer Erkenntnisse durch den Antragsgegner für die Gefah­ren­prognose erhebliche Tatsachen - insbesondere in Bezug auf den Grad seiner Radikalisierung - ergeben, kann dem im Rahmen eines Abände­rungs­ver­fahrens nach § 80 Abs. 7 VwGO Rechnung getragen werden.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online (pm/kg)

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