15.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil14.01.2020

Abschiebungs­anordnung gegen einen polizeilich als Gefährder eingestuften türkischen Staats­an­ge­hörigen aufgehobenBesondere Gefahr für Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder terroristische Gefahr nicht erkennbar

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat der Klage eines als islamistischer Gefährder eingestuften türkischen Staats­an­ge­hörigen stattgegeben und die gegen ihn vom Land Niedersachsen verfügte Abschiebungs­anordnung aufgehoben.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das Nieder­säch­sische Ministerium für Inneres und Sport ordnete mit Verfügung vom 5. April 2019 die Abschiebung des Klägers in die Türkei an. Tatsächliche Anhaltspunkte rechtfertigten die Prognose, dass von ihm eine besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und eine terroristische Gefahr nach § 58 a AufenthG ausgehe. In Anbetracht der Gesamtumstände sei davon auszugehen, dass der Kläger nicht lediglich eine radikal-religiöse Einstellung habe, sondern mit dem "Islamischen Staat (IS)" und dessen Märty­re­r­ideologie sympathisiere. Er habe sich in hohem Maße mit einer militanten, gewaltbereiten Auslegung des Islam identifiziert und halte den Einsatz von Gewalt zur Durchsetzung seiner islamistischen Auffassung für gerechtfertigt. Mit Beschluss vom 25. Juni 2019 ordnete das erstinstanzlich zuständige Bundes­ver­wal­tungs­gericht die aufschiebende Wirkung der hiergegen erhobenen Klage an; es begründete dies mit Zweifeln an der der Gefah­ren­prognose des Beklagten zugrunde gelegten Hinwendung des Klägers zum radikal-extremistischen Islamismus.

BVerwG erklärt Abschie­bungs­ver­fügung zum maßgeblichen Zeitpunkt für rechtswidrig

Auch unter Berück­sich­tigung der von der Behörde nach Ergehen des Eilbeschlusses und der daraufhin erfolgten Entlassung aus der Abschie­bungshaft vorgelegten Erkenntnisse hält das Bundes­ver­wal­tungs­gericht für den maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Verfügung für rechtswidrig. Eine Gefahr i.S.d. § 58 a AufenthG kann auch dann vorliegen, wenn der Ausländer zwar nicht selbst - gar vollständig oder nachhaltig - ideologisch radikalisiert ist, er sich jedoch von Dritten im Wissen um deren ideologische Zwecke für entsprechende Gewal­t­hand­lungen "einspannen" lässt. Auch nach diesem konkretisierten Maßstab gelangt das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in der Gesamtschau bei umfassender Würdigung des Verhaltens des Klägers, seiner Persönlichkeit, seiner nach außen erkennbaren oder geäußerten inneren Einstellung und seiner Verbindungen zu anderen Personen und Gruppierungen zu der Bewertung, dass die festgestellten Tatsachen im Ergebnis nicht die Bewertung tragen, dass aktuell von dem Kläger mit der gebotenen Wahrschein­lichkeit eine nach § 58 a AufenthG erforderliche besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder terroristische Gefahr ausgeht.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online (pm/kg)

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