Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens wurde im Jahre 2011 in Deutschland geboren und besitzt die türkische Staatsangehörigkeit. Sein Vater reiste im Jahre 1994 ein, ist im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sowie ordnungsgemäß als Arbeitnehmer beschäftigt.
Der beklagte Landkreis lehnte im Februar 2012 den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab, weil sein Lebensunterhalt nicht gesichert sei. Ein erlaubnisfreier Aufenthalt komme nicht in Betracht, da die sogenannte Stillhalteklausel des Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 (ARB 1/80) auf den hier betroffenen Bereich der Familienzusammenführung nicht anwendbar sei. Der Kläger begehrte im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht die Aufhebung der erlassenen Abschiebungsandrohung sowie die Feststellung, dass er sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Diesem Begehren hat das Verwaltungsgericht entsprochen und die Sprungrevision gegen sein Urteil zugelassen.
Auf die Revision des Beklagten hat das Bundesverwaltungsgericht dieses Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger könne sich auf das assoziationsrechtliche Verschlechterungsverbot (Art. 13 ARB 1/80) berufen, das neue Beschränkungen der Bedingungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt verbiete. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ist die Stillhalteklausel des Art. 13 ARB 1/80 auch auf Regelungen anwendbar, die das Recht des türkischen Arbeitnehmers auf Familiennachzug berühren. Denn eine Regelung, die die Familienzusammenführung erschwert, kann dazu führen, dass er sich zwischen einer Tätigkeit im Bundesgebiet und dem Familienleben in der Türkei entscheiden muss. Da es nach Art. 13 ARB 1/80 maßgeblich darauf ankomme, ob die Rechtsstellung des türkischen Arbeitnehmers beeinträchtigt werde, reiche in diesem Fall dessen ordnungsgemäßer Aufenthalt und dessen ordnungsgemäße Beschäftigung aus, so das Bundesverwaltungsgericht. Die Einführung einer Aufenthaltserlaubnispflicht durch § 33 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) bewirke eine „neue Beschränkung“ im Sinne des Art. 13 ARB 1/80, da sie eine Verschlechterung der durch § 2 Abs. 2 Nr. 1 Ausländergesetz (AuslG) 1965 gewährten Befreiung von der Aufenthaltserlaubnispflicht darstelle. Die Aufhebung der Befreiung von der Aufenthaltserlaubnispflicht für unter 16-jährige diene jedoch einem zwingenden Grund des Allgemeininteresses im Sinne der neueren EuGH-Rechtsprechung, nämlich einer effektiven Zuwanderungskontrolle, und sei hier auch nach Art und Umfang gerechtfertigt.
Die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und die Türkei dürfen für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neuen Beschränkungen der Bedingungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen.
Einem Kind, das im Bundesgebiet geboren wird, kann abweichend von den §§ 5 und 29 Abs. 1 Nr. 2 von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis, eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt - EU - besitzt.
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(2) Keiner Aufenthaltserlaubnis bedürfen Ausländer, die
1. das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, [...]
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 06.11.2014
Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online