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Bundesverwaltungsgericht Urteil14.05.2013

BVerwG zur Aufenthalts­gewährung für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende bei ungeklärter IdentitätAuslän­der­behörde muss bei Ermes­sen­s­ent­scheidung alle für und gegen die Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis sprechenden Gründe berücksichtigen

Die Erteilung einer Aufenthalts­erlaubnis nach der im Juli 2011 eingeführten Bleiberechts­regelung für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende setzt in der Regel voraus, dass die Identität des Ausländers geklärt ist. Von dieser Voraussetzung kann die Auslän­der­behörde aber im Ermessenswege absehen. Das hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Die 1993 geborene Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls, eine armenische Volkszugehörige, lebt seit 2002 zusammen mit ihren Eltern und Geschwistern in Deutschland. Nach erfolglosen Asylverfahren wurde die Familie im Bundesgebiet geduldet, weil sie außer einer vom Vater der Klägerin vorgelegten Geburtsurkunde, die nach den Ermittlungen der Ausländerbehörde für eine andere Person ausgestellt worden war, keine Identi­täts­nachweise erbrachte. Ein Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wurde von der Auslän­der­behörde nicht beschieden.

Entscheidungen der Vorinstanzen

Das Verwal­tungs­gericht verpflichtete die Auslän­der­behörde, der Klägerin eine Aufent­halt­s­er­laubnis gemäß § 25 a Abs. 1 Aufent­halts­gesetz - AufenthG - (Aufent­halts­ge­währung für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende) zu erteilen. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat diese Entscheidung geändert und die Auslän­der­behörde lediglich zur Bescheidung verpflichtet. Es hat dies damit begründet, dass die Klägerin nicht die allgemeinen Ertei­lungs­vor­aus­set­zungen erfülle, da ihre Identität und Staats­an­ge­hö­rigkeit ungeklärt seien und sie ihrer Passpflicht nicht nachkomme. Von diesen Voraussetzungen könne aber im Ermessenswege abgesehen werden. Die Klägerin habe daher nur einen Anspruch, dass die Auslän­der­behörde von diesem Ermessen fehlerfreien Gebrauch mache.

Klägerin hat nur Anspruch auf ermes­sens­feh­lerfreie Entscheidung der Auslän­der­behörde

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Revision der Klägerin, mit der diese die Wieder­her­stellung der erstin­sta­nz­lichen Entscheidung begehrt, zurückgewiesen. Die Klägerin erfüllt zwar die besonderen Tatbe­stands­vor­aus­set­zungen für ein eigenes, vom aufent­halts­recht­lichen Status der übrigen Familie unabhängiges Bleiberecht für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende (§ 25 a Abs. 1 AufenthG). Der Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis steht insbesondere kein zwingender Versagungsgrund entgegen, da sie selbst keine falschen Angaben gemacht und nicht über ihre Identität oder Staats­an­ge­hö­rigkeit getäuscht hat. Zu Recht ist das Berufungs­gericht aber davon ausgegangen, dass auch bei diesem Aufent­halt­stitel die allgemeinen Ertei­lungs­vor­aus­set­zungen (§ 5 AufenthG) grundsätzlich Anwendung finden. An deren Einhaltung besteht nach der Konzeption des Aufent­halts­ge­setzes ein grundlegendes staatliches Interesse. Sie gelten daher für jeden Aufent­halt­stitel, soweit sich aus dem Aufent­halts­gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes ergibt. Auf dieses Regelungssystem hat der Gesetzgeber auch bei der Einführung eines Aufent­halts­rechts für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende zurückgegriffen.

Auslän­der­behörde muss zwischen privatem Interesse der Klägerin und öffentlichem Interesse an Legalisierung des Aufenthalts abwägen

Eine abweichende Regelung hat er lediglich hinsichtlich der Sicherung des Lebens­un­terhalts getroffen, solange sich der Betroffene in einer Ausbildung befindet oder studiert. Von den übrigen allgemeinen Regeler­tei­lungs­vor­aus­set­zungen kann deshalb - abgesehen von einem hier nicht gegebenen Ausnahmefall - nur über die für humanitäre Aufent­halt­s­er­laubnisse geltenden Regelungen im Ermessenswege abgewichen werden (§ 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Bei ihrer Ermes­sen­s­ent­scheidung hat die Auslän­der­behörde alle für und gegen die Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis sprechenden Gründe zu berücksichtigen. Dabei sind hier sowohl das private Interesse der Klägerin als auch das öffentliche Interesse an der Legalisierung des Aufenthalts gut integrierter Jugendlicher und Heranwachsender gegen das öffentliche Interesse an der Einhaltung der allgemeinen Ertei­lungs­vor­aus­set­zungen, insbesondere der Klärung der Identität des Betroffenen vor Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis, abzuwägen. Trotz erfolgreicher Integration der Klägerin hat sich das Ermessen der Auslän­der­behörde nicht so weit verdichtet, dass der Klägerin über einen Anspruch auf eine ermes­sens­feh­lerfreie Entscheidung hinaus ein Ertei­lungs­an­spruch zusteht.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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