18.10.2024
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Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.
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Bundesverwaltungsgericht Urteil26.05.2016

Dublin-Überstel­lungsfrist: Unterbrechung auch bei erfolglosem Eilantrag gegen Abschie­bungs­a­n­ordnungMitgliedstaat steht zusam­men­hän­gender Zeitraum von sechs Monaten für Überstellung zur Verfügung

Die sechsmonatige Frist für die Überstellung eines Ausländers an den nach den Dublin-Bestimmungen für das Asylverfahren originär zuständigen Mitgliedstaat wird auch dann unterbrochen, wenn ein Antrag auf Eilrechtsschutz gegen die Abschie­bungs­a­n­ordnung zunächst keinen Erfolg hat. Mit der ablehnenden Eilentscheidung des Verwal­tungs­ge­richts beginnt eine neue Sechs-Monats-Frist. Dies hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht entschieden.

Im vorliegenden Fall war der Kläger, ein guineischer Staats­an­ge­höriger, über Marokko und Spanien in das EU-Gebiet eingereist und hatte erstmals Anfang 2013 in Deutschland Asyl beantragt.

Kläger reist nach Abschiebung erneut ins Bundesgebiet mit Aliasnamen ein

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) hatte den Antrag wegen der Zuständigkeit Spaniens als unzulässig abgelehnt, die Abschiebung des Klägers nach Spanien angeordnet und ihn im April 2013 dorthin überstellt. Im Juni 2013 reiste der Kläger wieder in das Bundesgebiet ein und beantragte unter einem Aliasnamen erneut Asyl. Nachdem die spanischen Behörden Mitte September 2013 erneut ihre Bereitschaft zur Wiederaufnahme des Klägers erklärt hatten, lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 4. Oktober 2013 den Asylantrag wegen anderweitiger internationaler Zuständigkeit als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Spanien an. Einen gegen die Abschie­bungs­a­n­ordnung gerichteten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das Verwal­tungs­gericht zunächst ab (Beschluss vom Januar 2014); mit Beschluss vom 24. März 2014 ordnete es dann die aufschiebende Wirkung der Klage an, weil zwischen­zeitlich die sechsmonatige Überstellungsfrist abgelaufen sei.

Zuständigkeit für Durchführung des Verfahrens auf Deutschland übergegangen

Die Klage selbst hatte beim Verwal­tungs­gericht keinen Erfolg. Das Berufungs­gericht hat die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung angeordnet und in der Hauptsache den Bescheid des Bundesamtes aufgehoben. Es hat dies damit begründet, dass die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens mit Ablauf der Überstel­lungsfrist während des gerichtlichen Verfahrens von Spanien auf Deutschland übergegangen sei. Hierauf könne sich der Kläger auch berufen, da Spanien inzwischen nicht mehr aufnahmebereit sei.

Überstel­lungsfrist durch ablehnende Entscheidung neu in Lauf gesetzt

Der 1. Revisionssenat hat die Entscheidung des Berufungs­ge­richts aufgehoben, weil im Zeitpunkt der Anordnung der aufschiebenden Wirkung die Überstel­lungsfrist von sechs Monaten noch nicht abgelaufen war. Die Überstel­lungsfrist wird zwar grundsätzlich mit der Erklärung des anderen Mitgliedstaates in Lauf gesetzt, den Schutzsuchenden zur Durchführung des Asylverfahrens (wieder) aufzunehmen. Diese Frist wird aber mit einem vor Ablauf der Überstel­lungsfrist gestellten Eilantrag gegen die Abschie­bungs­a­n­ordnung unterbrochen, weil dann bis zur Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts eine Überstellung kraft Gesetzes ausgeschlossen ist. Mit der ablehnenden Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wird auch unter Geltung der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II-Verordnung) die Überstel­lungsfrist neu in Lauf gesetzt. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union folgt, dass dem jeweiligen Mitgliedstaat ein zusam­men­hän­gender Zeitraum von sechs Monaten für die Vorbereitung und Durchführung einer Überstellung zur Verfügung stehen muss.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ ra-online

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