18.10.2024
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Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.

Dokument-Nr. 21781

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Bundesverwaltungsgericht Urteil27.10.2015

Frist für Aufnah­me­ge­suchen im Dublin-Verfahren dient nicht dem Schutz des einzelnen AsylbewerbersFrist dient lediglich organi­sa­to­rischer Abwicklung des Dublin-Verfahrens zwischen den Mitgliedstaaten

Stimmt ein von Deutschland ersuchter EU-Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylan­trag­stellers im Rahmen des Dublin-Verfahrens zu, so kann sich der Asylbewerber gegen seine Überstellung in diesen Mitgliedstaat nicht mit dem Argument wehren, dass die in der Dublin II-Verordnung geregelte Frist für ein Aufnahmegesuch abgelaufen sei. Diese Frist gilt nur für den Rechtsverkehr zwischen den am Dublin-Verfahren beteiligten Staaten, dient aber nicht dem Schutz des einzelnen Asylbewerbers. Das hat das Bundes­verwaltungs­gericht in Leipzig heute entschieden.

Den Entscheidungen lag der Fall einer pakistanischen Staats­an­ge­hörigen mit ihren drei Kindern zugrunde, die im Januar 2013 in Deutschland Asylanträge stellten, weil sie in ihrer Heimat aus religiösen Gründen verfolgt würden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) lehnte die Asylanträge im Januar 2014 als unzulässig ab. Zugleich ordnete es die Abschiebung der Kläger nach Spanien an, weil sie bereits in Spanien Asylanträge gestellt hätten. Die spanischen Behörden haben einer Wiederaufnahme der Kläger im Rahmen des Dublin-Verfahrens zugestimmt.

Verfahrensgang

Das Verwal­tungs­gericht Wiesbaden hat die Bescheide aufgehoben, weil die Bundesrepublik durch Fristablauf für die Behandlung der Asylanträge zuständig geworden sei. Das Bundesamt hätte die spanischen Behörden spätestens innerhalb einer Frist von drei Monaten um Wiederaufnahme der Kläger ersuchen müssen; dies sei hier nicht geschehen. Der Verwal­tungs­ge­richtshof ist dem nicht gefolgt und hat die Klagen abgewiesen.

Fristen im Dublin-Verfahren nicht indivi­du­al­schützend

Die dagegen gerichteten Revisionen der Kläger blieben ohne Erfolg. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht entschied, dass sich die Kläger nicht auf eine Versäumung der Drei-Monats-Frist für die Stellung eines Aufnahmegesuchs nach Art. 17 Abs. 1 Dublin II-Verordnung berufen können. Denn diese Frist dient der organi­sa­to­rischen Abwicklung des Dublin-Verfahrens zwischen den Mitgliedstaaten. Sie schützt jedoch nicht den einzelnen Asylbewerber. Dieser kann in Fällen der vorliegenden Art einer Überstellung an einen anderen Mitgliedstaat nur unter Hinweis auf systemische Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnah­me­be­din­gungen für Asylan­trag­steller im ersuchten Staat entgegentreten. Das gilt jedenfalls dann, wenn der ersuchte Mitgliedstaat der Aufnahme zugestimmt hat. Hier hatte Spanien seine Zustimmung zur Wiederaufnahme der Kläger erklärt.

Zum Prozessrecht hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht entschieden, dass die von den Klägern erhobene Anfech­tungsklage die allein statthafte Klageart darstellt. Denn die Dublin-Verordnungen unterscheiden klar zwischen dem Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staats und der inhaltlichen Prüfung eines Asylantrags.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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