18.10.2024
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Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.

Dokument-Nr. 21615

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Bundesverwaltungsgericht Urteil17.09.2015

Abschiebungs­anordnung zur Überstellung im Dublin-Verfahren ist unions­rechts­konformSelbst­or­ga­ni­sierte Überstellung auf Initiative des Betroffenen muss zugelassen werden

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass § 34 a des Asyl­verfahrens­gesetzes (AsylVfG) mit dem Unionsrecht vereinbar ist, soweit er für die Überstellung eines Asylbewerbers an den nach den Dublin-Bestimmungen für das Asylverfahren zuständigen Mitgliedstaat nur die Anordnung einer Abschiebung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorsieht. Ist eine rechtzeitige Überstellung ausnahmsweise auch bei einer selbst­or­ga­ni­sierten Ausreise gesichert, muss die für den Vollzug zuständige Auslän­der­behörde aber die Möglichkeit der Überstellung auf eigene Initiative einräumen.

Im zugrunde liegenden Verfahren hatte ein pakistanischer Staats­an­ge­höriger im Oktober 2013 in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Zuvor hatte er sich bereits in Italien aufgehalten und war dort wegen illegaler Einreise im Eurodac-System erfasst worden. Deshalb ersuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) die italienischen Behörden um Aufnahme des Klägers. Nach Ablauf der nach der Dublin-Verordnung maßgeblichen Beant­wor­tungsfrist war von der Zustimmung Italiens auszugehen. Daraufhin lehnte das Bundesamt im März 2014 den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab und ordnete seine Abschiebung nach Italien an. Das Verwal­tungs­gericht wies die dagegen gerichtete Klage ab. Der Verwal­tungs­ge­richtshof ließ die Berufung des Klägers nur in Bezug auf die Abschie­bungs­a­n­ordnung zu und wies sie in der Sache zurück.

Zwingend vorgesehene Abschie­bungs­a­n­ordnung bei unions­rechts­kon­former Auslegung mit Dublin-Regelungen der EU vereinbar

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richtshofs bestätigt. Die im nationalen Recht zwingend vorgesehene Abschie­bungs­a­n­ordnung ist bei unions­rechts­kon­former Auslegung vereinbar mit den Dublin-Regelungen der EU. Zwar sehen die Dublin-Verordnungen und die dazu ergangene Durch­füh­rungs­ver­ordnung neben der kontrollierten Ausreise und der begleiteten Überstellung auch die Möglichkeit einer Überstellung auf Initiative des Asylbewerbers vor. Die Mitgliedstaaten können aber selbst bestimmen, welche Überstel­lungsform sie vorsehen; unionsrechtlich müssen sie der selbst­or­ga­ni­sierten Ausreise nicht den Vorrang einräumen. In Deutschland bestimmt § 34 a AsylVfG, dass Überstellungen in Form der Abschiebung (kontrollierte Ausreise bzw. begleitete Überstellung als Zwangsmaßnahmen) erfolgen; dies ist unions- und verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden. Bei entsprechender Initiative des Asylbewerbers müssen die für den Vollzug von Dublin-Überstellungen zuständigen Auslän­der­be­hörden jedoch aus Gründen der Verhält­nis­mä­ßigkeit prüfen, ob dem Betroffenen ausnahmsweise anstelle einer Abschiebung auch die Möglichkeit der selbst­or­ga­ni­sierten Überstellung ermöglicht werden kann. Die Initiative dazu muss jedoch vom Asylbewerber ausgehen. Die selbst­or­ga­ni­sierte Überstellung ist grundsätzlich auch von diesem zu finanzieren und kommt nur in Betracht, wenn gesichert erscheint, dass der Asylbewerber sich freiwillig in den anderen Mitgliedstaat begibt und sich dort fristgerecht bei der zuständigen Behörde meldet. Das ist z.B. denkbar in Fällen der von ihm gewünschten Famili­en­zu­sam­men­führung in dem anderen Mitgliedstaat.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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