21.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil04.12.2020

BVerwG kippt Radfahrverbot nach Trunken­heitsfahrtKein Radfahrverbot nach tilgungsreife Trunken­heitsfahrt

Ist die Frist für die Tilgung der straf­ge­richt­lichen Ahndung der Trunken­heitsfahrt mit einem Fahrrad im Fahreignungs­register abgelaufen, darf die Annahme fehlender Radfahreignung nicht darauf gestützt werden, dass der Betroffene ein vor Ablauf der Tilgungsfrist gefordertes Fahreignungs­gutachten nicht beigebracht hat. Das hat das Bundes­verwaltungs­gericht entschieden.

Nachdem er am 8. Juni 2013 mit einer Bluta­l­ko­hol­kon­zen­tration von 2,88 Promille auf einem Fahrrad am Straßenverkehr teilgenommen hatte, verurteilte ihn das Amtsgericht München mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 4. Juli 2013 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 und 2 StGB) zu einer Geldstrafe.

Einziehung der Fahrerlaubnis und Radfahrverbot wegen nicht dargebrachtes Gutachtens

Als er auch der erneuten Aufforderung der Beklagten vom 10. Januar 2017 nicht nachkam, binnen drei Monaten ein medizinisch-psychologisches Gutachten zur Klärung der Fragen vorzulegen, ob er auch zukünftig ein fahrer­laub­nis­freies Fahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde und ob er zukünftig mit erhöhter Wahrschein­lichkeit auch unter Alkoholeinfluss mit einem Kraftfahrzeug am Straßenverkehr teilnehmen werde, entzog ihm die Beklagte mit Bescheid vom 23. Mai 2017 die Fahrerlaubnis aller Klassen und untersagte ihm außerdem das Führen fahrer­laub­nis­freier Fahrzeuge auf öffentlichem Verkehrsgrund; den Sofortvollzug ordnete die Beklagte nicht an. Diese Regelungen stützte die Beklagte darauf, dass der Kläger das Fahreig­nungs­gut­achten nicht beigebracht habe, das sie nach seiner Trunkenheitsfahrt zu Recht von ihm gefordert habe; deshalb dürfe sie gemäß § 11 Abs. 8 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) auf seine Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen und nicht fahrer­laub­nis­pflichtigen Fahrzeugen schließen.

Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung entscheidend

Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das Verwal­tungs­gericht München abgewiesen. Auf die beschränkt auf die Untersagung des Führens fahrer­laub­nis­freier Fahrzeuge zugelassene Berufung des Klägers hat der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof das erstin­sta­nzliche Urteil geändert und die angegriffenen Bescheide insoweit aufgehoben. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Untersagung sei, da es sich um einen Dauer­ver­wal­tungsakt handele, der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Zu diesem Zeitpunkt sei die straf­ge­richtliche Ahndung der Trunken­heitsfahrt des Klägers aber bereits im Fahreig­nungs­re­gister zu tilgen gewesen; sie habe deshalb nicht mehr berücksichtigt werden dürfen. Ebenso wenig habe noch gemäß § 11 Abs. 8 FeV berücksichtigt werden dürfen, dass der Kläger das wegen der Trunken­heitsfahrt zu Recht von ihm geforderte Fahreig­nungs­gut­achten nicht vorgelegt habe.

BVerwG bestätigt Annahme des Berufungs­ge­richts

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Es hat die Annahme des Berufungs­ge­richts bestätigt, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der vom Kläger angegriffenen Untersagung des Führens fahrer­laub­nis­freier Fahrzeuge auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen ist, da es sich um einen Dauer­ver­wal­tungsakt handelt. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist für die Tilgung der straf­ge­richt­lichen Ahndung seiner Trunken­heitsfahrt im Fahreig­nungs­re­gister bereits abgelaufen; daher hat sie nicht mehr zu Lasten des Klägers verwertet werden dürfen. Der Umstand, dass die Tilgungsreife zum Zeitpunkt einer rechtmäßigen Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens und auch zum Zeitpunkt der Untersagung noch nicht eingetreten war, rechtfertigt auch mit Blick auf § 11 Abs. 8 FeV keine andere Beurteilung.

Verwer­tungs­verbot für im Fahreig­nungs­re­gister zu tilgende Eintragungen darf nicht durchbrochen werden

Zwar darf die Fahrer­laub­nis­behörde nach dieser Bestimmung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn das von ihm geforderte Fahreig­nungs­gut­achten nicht beigebracht wird. Doch lässt sich weder dieser Bestimmung noch anderen Regelungen entnehmen, dass damit auch das in § 29 Abs. 6 und 7 des Straßen­ver­kehrs­ge­setzes (StVG) angeordnete Verwertungsverbot für im Fahreig­nungs­re­gister zu tilgende Eintragungen durchbrochen wird. Die Nicht­bei­bringung des Gutachtens hat keine gegenüber der zu tilgenden Anlasstat eigenständige Bedeutung für die Beurteilung der Fahreignung des Betroffenen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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